Herr L. ist bekennender Spargelfan. Jedes Jahr im Frühjahr mustert er mit gerunzelter Stirn die Thermometeranzeige, studiert die Wetterprognosen und fachsimpelt zusammen mit den Menschen im Fernsehen, wie sich der kurze/lange/harte/milde Winter und der frühe/späte/milde/kühle Frühling auf die Spargelernete auswirken mag.
Ist es dann endlich soweit, dass auch fast-heimischer Spargel frisch in den Supermarktregalen liegt, geht es los: Begehrliche Blicke richten sich auf die schlanken Gestalten in Weiß oder Grüne, eine Zunge leckt über die Lippen und es wird sogar gefrauendeutscht: “Aber wir kaufen keinen Spargel, der ist doch viel zu teuer!”
Ich dagegen kann Spargel weniger als nichts abgewinnen und pule ihn gnadenlos aus jedem Fertiggericht: Bäääh!
Aber da ich ja ein ganz liebes Ehefrauchen bin und passionierte (und manchmal verkannte) Laienköchin sowieso, kaufe ich dann natürlich immer Spargel und überrasche meinen Mann damit.
Und so zogen die Spargelsaisons (“Saisons” – klingt komisch, oder?) ins Land und ich servierte meinem Mann seinen köstlich-geliebten Spargel natürlich mit der einzig wahren Sosse, der Sauce Hollandaise!
Wundert das jetzt wen, dass mir das mit der Zeit mächtig auf die Nerven und vor Allem gegen die Ehre ging?
“Wenn es Du so gerne alles selbst kochen willst, dann mach die Sauce Hollandaise doch selber”, schlägt Herr L. vor.
“Pfff!”, mache ich, als ob ich Langeweile hätte!
Und so wälze ich ein Internetrezept nach dem anderen.
Den Auftakt macht eine Sauce, hm, wie soll ich die beschreiben? Es war auf jeden Fall eine Menge Arbeit und es kommen geriebene (Bio-)Zitronenschalen und aufgeschäumtes Eiweiß darin vor.
Herr L. stippt und dippt ein Spargelstück hinein, beißt ab, genießt, schüttelt dann aber den Kopf.
“Sehr lecker, Molly-Maus”, sagt er kauend. “Kommt aber an die Sauce Hollandaise nicht ran!”
Ahrg!
Damit war der Krieg offiziell eröffnet!
Es folgten Backofengeschichten (Schonend im Backofen geschmorter Spargel, so saftig und zart, gleichzeitig bissfest, dass man sich im kulinarischen Himmel wähnt, gereicht mit einem grünen Salat mit Erdbeerstückchen, gereicht an einer frischen, selbst zubereiteten Himbeer-Balsamico-Vinaigrette, aber was weiß ich schon?), anderen Kombinate mit Saisongemüse (zB Spargel auf einem Bett aus Wildreis, dazu knackfrische Paprika, saftige Champions, milde Charlotten und bissfeste Möhrenscheibchen, abgelöscht mit einer delikaten Brühe und mit Sahne verrührt so dass sich die unnachahmlich cremigen Sossenkomposition seidenweich um die erntefrischen Gemüsestücke schmiegt, aber was weiß ich schon?).
Und jedes Mal nahm Herr L. ein Spargelstück, stippte und dippte es in die Soße, kaute prüfend, schloß kurz genießerisch die Augen, öffnete sie dann wieder und sagte: “Wirklich sehr lecker, Molly-Maus!”
Große, erwartungsvoll Kulleraugen: “Besser als …?”
“Sorry, meine süße Kochmaus!”, nüchtern, hart, brutal, gefühllos. “Es schmeckt wirklich super-lecker, danke schön, aber es kommt nicht an die Sauce Hollandaise ran!”
…
Aber der Federhandschuh wurde geworfen und ich habe ihn aufgehoben. Denkst Du etwa, ich lasse mich von Euch unterkriegen, Du tyrannische, hollandzentristische Dickflüssigkeit (Ja, ich habe “dick” gesagt!) und Du übles Stangengewächs?
NEIN!
Ich rolle meine Ärmel hoch.
Ich binde mir eine Kochschürze um.
Ich befestige eine widerspenstige Strähne mit 2 Haarklämmerchen.
Ich wasche mir die Hände.
Ich greife zum Kochlöffel.
Fortsetzung folgt …
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