Möbelsamstag

Von Beautifulvenditti

Man sagt uns ja hin und wieder, wir seien verrückt, aber so richtig wahrhaben wollen wir das nicht. Wir tun so, als sei alles ganz normal und vernünftig, was wir tun. Bis wir mal wieder in der Tinte sitzen und wir der Tatsache ins Auge schauen müssen, dass andere weitsichtiger sind als wir. Viel weitsichtiger. Die sind zum Beispiel so vernünftig, dass sie einen Babysitter engagieren, wenn sie ins Schwedische Möbelhaus fahren. Oder sie nehmen nicht nur ein Handy mit, sondern zwei, damit man einander anrufen kann, wenn man sich im Getümmel nicht mehr findet. Gut, dass wir heute Morgen mit der ganzen Meute in zwei Autos losgefahren sind, um ein Zoowärter-Bett, einen FeuerwehrRitterRömerPiraten-Schreibtisch, ein „Meiner“ und ich – Bett und noch ein paar andere Dinge zu besorgen, ist ja so unvernünftig nicht. Okay, man kann sich fragen, ob der Zoowärter unbedingt mitmusste, wo er doch beim letzen Mal einen Fieberkrampf bekam, als er im Möbelhaus Köttbullar ass. Und vielleicht hätte „Meiner“ ja wirklich zu Hause bleiben und aufräumen können, aber mit wem hätte ich mich denn darüber streiten können, ob wir nun einen neuen Schrank fürs Kinderzimmer oder eine neue Kommode fürs Elternschlafzimmer erstehen sollten?

Wie auch immer, wir fuhren los, der festen Überzeugung, dass heute nichts schief gehen konnte, weil wir a) genügend Geld im Portemonnaie hatten, b) eine ziemlich klare Vorstellung hatten, was wir wollten (mal abgesehen von der Meinungsverschiedenheit betreffs Schrank oder Kommode), c) die Kinder mit der Aussicht auf viele schöne neue Dinge motiviert wie selten waren und wir d) zu dritt waren, um fünf Kinder bei Laune zu halten. Anfangs sah die Sache wirklich erfolgsversprechend aus. Luise, der FeuerwehrRitterRömerPirat und der Zoowärter liessen sich bereitwillig im Kinderparadies abgeben. Also zogen wir – drei Erwachsene, zwei Kinder und zwei Einkaufswägen – los. Hätte nicht das Prinzchen, der in diesen Tagen gewöhnlich pausenlos an meinem Rockzipfel hängt, auf einmal diesen unbändigen Entdeckerdrang verspürt, wären wir beinahe in Versuchung geraten, den Einkauf zu geniessen. Damit dies nicht geschehen konnte, versteckte sich unser Jüngster immer mal wieder, so dass wir nach einer Stunde doch schon ziemlich müde waren.

Und dann fing das übliche Chaos an. Wir begingen den groben Fehler, am Kinderparadies vorbeizuspazieren, Luise sah uns, sah, dass Karlsson ein neues Stofftier im Arm hielt und vorbei war die Ruhe. Luise wollte raus, wollte auch ein Stofftier, wollte mal das Känguru, mal den Frosch, mal den Hund. Ich wollte keine Kommode, „Meiner“ wollte keinen Schrank, das Prinzchen wollte den Plastikhammer, den er in der Kinderabteilung entdeckt hatte, nicht mehr aus der Hand geben, Karlsson wollte sein Stofftier in der Gegend herumwerfen und die Frau im Kinderparadies wollte, dass wir den Zoowärter und den FeuerwehrRitterRömerPiraten abholen, weil die Zeit um war. Und dann ging es weiter mit wollen: Zoowärter und FeuerwehrRitterRömerPirat wollten auch ein Stofftier, das Prinzchen wollte den Plastikhammer, den wir inzwischen für ihn in den Wagen gelegt hatten, ausprobieren, bevor er bezahlt war, „Meiner“ wollte keine weiteren Stofftiere kaufen und ich wollte essen gehen, damit wir am Tisch endlich die leidige Diskussion ob Schrank oder Kommode zu einem Ende bringen könnten. Im Restaurant wollten Karlsson, Luise und der FeuerwehrRitterRömerPirat eine grosse Portion Fleischbällchen und dann, als die Teller erst zur Hälfte leer waren, wollten sie nicht mehr weiter essen, der Zoowärter wollte mehr Fleischbällchen und weniger Pommes Frites, „Meiner“  und ich wollten reden und konnten nicht, weil die Kinder nicht wollten, dass wir miteinander reden, sondern mit ihnen. Was das Au Pair wollte, weiss ich nicht. Sie hielt sich vornehm zurück und half, das Chaos unter Kontrolle zu halten, aber ich nehme an, dass sie wollte, dass wir endlich mal Ruhe geben und uns wie normale Menschen gebärden, die still und artig am Tisch sitzen.

Bis dahin war alles noch in den für uns gewohnten Bahnen gelaufen, doch dann, als wir uns am Ende unseres Einkaufsabenteuers wähnten, ging es erst richtig los. Während das Au Pair, die Kinder und ich uns ans Bezahlen und Einpacken des Kleinkrams machten, machte sich „Meiner“ auf, die Dinge zu organisieren, die wir uns nach Hause liefern lassen wollten, weil unser Fünfplätzer sich weigerte, sie zu transportieren. Nachdem wir fertig eingepackt hatten, warteten wir auf „Meinen“, aber der kam nicht. Also gingen wir zum Parkplatz, um die Autos zu beladen. Aber „Meiner“ hatte den Schlüssel, ich das Auto. Also beluden wir das Auto des Au Pairs, verfrachteten – nachdem wir den Streit, wer mit wem fahren darf und wer auf dem Weg welche CD hören darf geschlichtet hatten – Karlsson und den FeuerwehrRitterRömerPiraten ins Au Pair-Auto und schickten die drei auf die Heimfahrt.

Die drei fuhren los und wir warteten weiter auf „Meinen“, der noch immer nicht auftauchte und den ich nicht anrufen konnte, weil sein Handy nicht mitgekommen war. Irgendwann tauchte „Meiner“ auf, drückte mir den Autoschlüssel in die Hand und entschwand wieder in der Menschenmenge, weil er „nur noch ganz schnell“ alles bezahlen musste. Nett wie ich bin, organisierte ich in der Zwischenzeit, was es zu organisieren gab: Auto beladen, Kinder anschnallen und dann schnell Richtung Ausgang fahren, um „Meinen“ ins Auto zu packen. Aber „Meiner“ war spurlos verschwunden. Also warteten wir wieder. Während die Kinder artig im Auto sassen und abwechslungsweise jammerten und beteten, dass der Papa doch endlich kommen möge, tigerte ich immer gereizter in der Tiefgarage herum, in der Hoffnung, irgendwo „Meinen“ auf der Suche nach uns herumirren zu sehen. Aber „Meiner“ irrte nicht in der Tiefgarage herum, sondern im Laden, wo man ihn von Pontius zu Pilatus schickte, bis er endlich, nach einer geschlagenen Stunde völlig entnervt wieder auftauchte. Fragt mich bitte nicht, weshalb er so lange gebraucht hat, um ein paar Möbel zu bezahlen. Er hat’s mir erklärt, aber verstanden habe ich es nicht.

Nun, irgendwie haben wir die Sache hinter uns gebracht und ich bin auch wirklich ganz stolz auf uns, dass es zwar zur einen oder andere Reiberei, nicht aber zum üblichen Krach, gekommen ist. Wobei, vielleicht habe ich gar keinen Grund zum stolz sein, denn vermutlich hatten wir bloss deshalb keinen Krach, weil wir nach all dem Stress einfach zu müde waren dazu.