Mitternachts auf den Spielplatz – die andalusischen Uhren ticken anders im Sommer

Von Andalusienmutti

Es ist eine laue Sommernacht. Bei 27 Grad sitzen wir romantisch auf der Terrasse, trinken ein Glas Wein, die Grillen zirpen. Welch Harmonie. Doch psst, was war das? Lautes Kindergeschrei, Lachen und Rufe kommen aus der Mitte des Dorfes. Es ist 23 Uhr und die Nachbarn machen sich nun auch mit beiden Kindern auf zum Spielplatz. Während mein Zwerg bereits schläft, seit einer halben Stunde, fängt für die Kinder des Dorfes jetzt erst der Spaß an. Was ich schon wahnsinnig spät finde, Abendessen um 21 Uhr, danach baden und vorlesen, damit der Minimensch endlich um 22.30 Uhr die Äuglein schließt, wird von meiner spanischen Schwiegerfamilie als frühes Zubett gehen bezeichnet und belächelt.

In Andalusien ticken im Sommer die Uhren anders. Das liegt zum einen an den langen Sommerferien. Fast 2,5 Monate Pause für alle Schulkinder, also ab 3 Jahren (Vorschule beginnt hierzulande mit 3 Jahren). Da wird es schon sehr problematisch für berufstätige Eltern. Ohne Großeltern oder Kindermädchen geht da nix. Hinzu kommen die wirklich hohen Temperaturen, diesen Juli waren Temperaturen zwischen 37 und 40 Grad keine Seltenheit bei uns im Dorf. Da kann man einfach tagsüber nichts machen, außer sich im Haus verbarrikadieren oder ein Bett im Pool aufstellen. Ab 20 Uhr wird es dann etwas ‘frischer’. Das ist die Zeit, in der ich mit dem Minimensch eine kleine Runde drehe, auch den Spielplatz besuche, den wir meist fast für uns alleine haben. Bis auf ein paar Touristenkinder, meist nordischer Herkunft, die ebenfalls zum frühen Einschlafen verdonnert sind. Rabeneltern diese Nordeuropäer!

Der Rest des Dorfes geht vor 22 Uhr nicht aus dem Haus. Oft essen wir im Sommer mit der Familie zusammen. Meine Schwägerin mit ihren beiden Kindern ist da, so hat das mein Kind Unterhaltung. Während wir dann also auf dem Heimweg sind, machen die anderen sich für den Weg zum Spielplatz fertig. Da gibt es dann noch Eis und Süßigkeiten für die Kleinen und aufheiternde Getränke in der Bar nebenan für die Großen. Am nächsten Morgen kann man aber auch schon ab 9 Uhr Kindergeschrei hören. Meine Nichte (4 Jahre) steht nach einer Nacht auf dem Spielplatz trotzdem um 9.30 Uhr auf, hat also nicht mal 10 Stunden geschlafen. Da frage ich mich: Bin ich nur so verrückt, dass ich denke, Kleinkinder müssen viel schlafen? Oder brauchen iberische Menschen einfach weniger Schlaf? Bis September wird dieser Rhythmus eingehalten.

Verlassener Spielplatz bei Sonnenuntergang

Wenn dann unser Kindergarten wieder aufmacht (er ist gottseidank nur im August geschlossen), müssen wir die ersten zwei Wochen die Eingewöhnungsphase einhalten. Die erste Woche sollte das Kind nur 2 Stunden am Tag kommen und die zweite Woche dann 4 Stunden, damit es sich langsam wieder an den Rhythmus gewöhnt. Finde ich eine klasse Sache. Doch mein Kind ist ja eigentlich gar nicht wirklich aus dem Rhythmus rausgekommen. Das würde nämlich mich und sie wahrscheinlich total kirre machen. Jeden Tag erst um 1 Uhr oder noch später ins Bett! Da bin ich dann doch lieber die strenge Deutsche, die von allen belächelt wird…na mal sehen was ich in zwei bis drei Jahren dazu sage…