Am Samstag bin ich mit Br.Julian aus Münsterschwarzach, dessen anderthalbjähriger Tansania-Einsatz seinem Ende entgegenging, nach Sansibar gefahren. Die Insel mit dem griechischen Flair (strahlender Sonnenschein, weiße Häuser, blaues Meer, Touristenziel, nicht besonders reich) wird angeblich zu 99 % von Muslimen bewohnt. Für die Muslime ist Ramadan, der Monat, in dem von Sonnenaufgang bis -untergang nicht gegessen und getrunken wird.
Wir kaufen eine frische Kokosnuss. Statt – wie üblich – uns die Nuss mit dem großen Messer zu öffnen, drückt der Händler sie uns in die Hand und sagt, wir sollten sie zu Hause aufmachen, „Wir erlauben nicht, dass ihr sie hier esst.“ Am nächsten Tag packt ein anderer Händler mir eine Wasserflasche in eine Papiertüte mit den Worten, „Im Ramadan trinken die Leute nicht einfach so.“ Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht zu fragen, ob die Leute vielleicht heimlich trinken. In den islamwissenschaftlichen Vorlesungen habe ich gelernt, dass man durchaus Muslime treffen kann, die offen zugeben, dass sie nicht beten. Aber es sei praktisch unmöglich, dass jemand zugibt, dass er im Ramadan nicht fastet.
Wir essen in einem malerischen Restaurant zu Mittag, das auf dem Dach eines der höchsten Häuser der Altstadt (5.Stockwerk, das Foto zeigt die Aussicht) liegt. Ich trinke zwei Cola, Julian eine, auf der Rechnung finden wir zwei. Ich sage dem freundlichen Kellner Bescheid, dass er eine Cola vergessen hat. Weil es so schön ist, essen wir am Sonntag wieder dort. Julian trinkt zwei Gläser Wein, ich eines, auf der Rechnung finden wir zwei. Ich habe den Verdacht, dass der Kellner wirklich seit Sonnenaufgang nichts gegessen und getrunken hat, daher wohl die Konzentrationsschwierigkeiten, denn ansonsten wirkt er kompetent und intelligent. Er nimmt die Nachricht etwas mürrisch auf, dass er sich schon wieder verrechnet hat, ich sage ihm, „Ich wollte dich nicht betrügen, schließlich soll man im Ramadan nichts Schlechtes tun.“ Da hellt sich sein Gesicht auf, er reicht mir dankbar die Hand.
Der Ramadan ist für Muslime eine Zeit, Gutes zu tun, Almosen zu geben und vermehrt zu beten. Abends sind die Straßen voll mit Männern, alten und jungen, die meisten in langen, weißen arabischen Gewändern, die gerade auf dem Weg zur Moschee oder zurück von ihr sind. Es herrscht – zumindest in der Nähe der zahlreichen kleinen Moscheen – eine sehr ruhige, konzentrierte, dichte Athmosphäre, und es geht auch friedlich zu – Sansibar ist zum Glück nicht Tunesien.
Mitten im Ramadan gelandet
Autor des Artikels : rsk6400
Zum Original-ArtikelErlebnisse eines deutschen Mönchs im Alltag auf Kuba.