Mitgliedschaft in der Jubel-Organisation

Von Mktrout

Palmwedel schwingende Bejubelung ist der mutmaßliche Treibstoff der Fotografie. Für die Jubel-Organisation scheint es eine Art Zwangsmitgliedschaft zu geben, sobald man in der Öffentlichkeit Bilder zeigt. Ich habe unter schwierigsten Bedingungen in langwierigen Bemühungen schließlich keine Mitgliedschaft dort kündigen können. Wie das ging, zeigt der folgende Briefwechsel:

Mein Schreiben – Dienstag, soundsovielter März 1998
Sehr geehrte Damen und Herrn,
mit diesem Schreiben komme ich auf meine Kündigung vom 23.3.1996 zurück. Mit Bedauern musste ich feststellen, dass ich auch weiterhin in Ihrem Mitgliederverzeichnis geführt werde.
Bitte löschen Sie mich umgehend.
Mit freundlichen Grüßen, usw

Antwort – Donnerstag, soundsovielter Oktober 1998
Sehr geehrter Herr Trout,
wir können leider Ihre Kündigung nicht anerkennen, da eines Ihrer Bilder vor einigen Tagen öffentlich gelobt wurde. Wir bitten Sie nun, sich unserer Organisation gegenüber regelkonform zu verhalten und wiederum zu loben.
Mit freundlichen Grüße, usw

Mein Schreiben – Montag, soundsovielter+4 Oktober 1998
Sehr geehrte Damen und Herrn,
leider kann ich aus gesundheitlichen Gründen den Regeln Ihrer Organisation nicht folgen. Ich bitte Sie, mich umgehend vom Lobdienst freizustellen und wegen Nutzlosigkeit aus Ihrem Mitgliedsverzeichnis zu löschen.
Mit freundlichen Grüßen, usw

Antwort – Mittwoch, soundsovielter Dezember 1998
Sehr geehrter Herr Trout,
wir freuen uns, Sie am 20. Dezember auf unserer diesjährigen Weihnachtsfeier begrüßen zu dürfen. Wie in jedem Jahr, wollen wir auch diesmal das Jahr mit einem gemeinsamen Jubel beschließen. Bitte bringen Sie ein jubelgeeignetes Bild zur Feier mit.
Bezüglich Ihrer Freistellung vom Jubeldienst bitten wir um die schnellstmögliche Einreichung eines ärztlichen Attestes, damit wir den Sachverhalt prüfen können.
Hochachtungsvoll, usw

Mein Schreiben – Dienstag, soundsovielter+6 Dezember 1998
Sehr geehrter Herr XXXXXX,
leider kann ich in der Kürze der Zeit kein Attest einreichen, da mein Augenarzt bei der Durchführung des von Ihnen vorgeschriebenen Augentestes plötzlich erblindet ist.
Zur Erhaltung meiner Gesundheit kündige ich jetzt schon an, dass ich an Ihr Weihnachtsfeier nicht teilnehmen werde.
Grüße, usw

Antwort – Donnerstag, soundsovielter Februar 1999
Sehr geehrtes Mitglied,
mit Sorge sehen wir Ihre permanente Entfernung von unserer Organisation. Als praktizierender Fotograf sehen wir es als Ihre Pflicht an, Sie im Sinne aller Mitglieder auf gemeinsame Jubelaktionen zu verpflichten. Oder sollten Sie etwa nicht mehr praktizieren? Dann teilen Sie uns dies in einem formlosen Schreiben mit.
Bla, bla, bla

Mein Schreiben – Montag, soundsovielter+4 Februar 1999
Ich praktiziere nicht!
Rutscht mir formlos den Buckel runter, usw

Antwort – Dienstag, soundsovielter Januar 2001
Sehr geehrter Herr Trout,
mit bedauern mussten wir feststellen, dass Sie uns briefschriftlich die Unwahrheit mitgeteilt haben. Angeblich praktizieren Sie die Fotografie nicht mehr. Wir konnten jedoch in den letzten zwei Jahren wiederholt Bilder von Ihnen im öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich ausmachen. Wir bitten Sie ausdrücklich, uns umgehend ihre Bereitschaft zum Jubeldienst anzuzeigen.
Hochachtungsvoll, bla

Mein Schreiben – Montag, soundsovielter Dezember 2001
Jubel! Das reicht wohl für dieses Jahr!

Mein Schreiben – Donnerstag, soundsovielter Dezember 2002
Jubel! Das reicht bestimmt für dieses Jahr!

Mein Schreiben – Mittwoch, soundsovielter Dezember 2003
Scheißjubel! Mehr ist die Sache in diesem Jahr nicht wert!

Mein Schreiben – Freitag, soundsovielter Dezember 2004
Args …

Mein Schreiben – Dienstag, soundsovielter Dezember 2007
Sehr geehrte Damen und Herrn,
nach einer Totaloperation (Gehirn) freue ich mich, Ihnen in Kürze wieder in voller Jubelkraft zu Verfügung zu stehen.
Viele Grüße, usw

Antwort – Donnerstag, soundsovielter+9 Januar 2008
Sehr geehrter Herr Trout,
wir waren schon in Sorge … blabla … und freuen uns … blabla … kräftigen Jubel von Ihrer Seite … blabla … das Niveau der unverbrüchlichen Schönheit in der Fotografie … blabla

Mein Schreiben – Sonntag, soundsovielter August 2008
Ich mitteilen muss, dass Hirn nix passt, nix Jubel, Du doof.

Antwort – Dienstag, soundsovielter+2 August 2008
Guten Tag Herr Trout,
wir bitten Sie, sich in Zukunft zu mäßigen!
Blablablub

Mein Schreiben – Dienstag, soundsovielter Dezember 2008
Pfui Spinne!

Antwort – Freitag, soundsovielter März 2009
Guten Tag Herr Trout,
leider müssen wir feststellen, dass Sie sich nicht mehr im Besitz Ihrer vollen Geisteskraft befinden. Aus diesem Grund schließen wir Sie hiermit aus unserer Organisation aus. Gegen unsere Entscheidung können Sie keine Rechtsmittel einlegen. Diese Entscheidung wurde im Rahmen einer Präsidiumssitzung einstimmig getroffen.
Mit freundlichen Grüßen, usw

In der letzten Woche erhielt ich dann ein Schreibe von besagter Organisation:
Guten Tag Herr Trout,
wie wir im letzten Jahr feststellen mussten, sind Sie als geistig defizitäre Persönlichkeit nicht berechtigt die Fotografie zu praktizieren und noch viel weniger zu würdigen. Wir bitten Sie, zur Überprüfung Ihres Zustandes einen für unsere Organisation passenden Satz aus den Worten Blume, Maikäfer, Tautropfen zu bilden.
Rückantwort wird erbeten bis zum … sonst Zwangsvorführung …

Heute habe ich einen Brief verfasst:
Guggst Du Süßer,
hier Dein Sätzchen: Ei fein Blümchen auf Wiese mit Maikäfer im November, schön, und der Tautropfen ist noch nicht eiseeisekalt gefroren. Und Ihr Deppen vergesst bei Euren Testworten immer den Sonnenuntergang und die Sahne auf den Titten! Ich glaube Ihr spinnt!

Nun freue ich mich auf eine Antwort.
Leider war der Briefwechsel nur ein Traum, wie auch die Jubelorganisation. Oder etwa doch nicht?