Mitgeströmt

Zwei Gründe haben mich heute, an diesem drückend heissen Sonntag, dazu bewogen, mich mit Karlsson, Luise und dem FeuerwehrRitterRömerPiraten auf die Socken zu machen, um zusammen mit 19996 anderen am Menschenstrom gegen Atom mitzuströmen. Erstens gehört das für mich einfach dazu, war ich doch schon gegen AKWs bevor ich überhaupt wusste, was das ist. Klar, zuerst einmal habe ich einfach die Meinung meiner Eltern nachgeplappert, aber je älter ich wurde, umso klarer wurde mir, dass jedes Kind zum Schluss kommen muss, dass dieses Atom-Spielzeug viel zu gefährlich ist und dass nur Erwachsene so naiv sein können, sich einzureden, dass am Ende schon alles gut kommen wird, auch wenn man momentan noch nicht weiss, wohin mit all dem Mist. Klar also, dass ich dabei bin, wenn sich nach 25 Jahren endlich wieder Tausende dazu aufmachen, ihre Meinung kundzutun. 

Der zweite Grund, weshalb wir heute dabei waren: Politik gehört für mich auch zur Erziehung und so ein bunter, fröhlicher Demonstrationszug mit Musik und Fahnen ist doch perfekt, um den Kindern zu zeigen, dass Politisches nicht einfach trocken und langweilig sein muss. Nun, wie ich rückblickend einsehen muss, ist meine Rechnung nur halbwegs aufgegangen. Ich glaube, beim FeuerwehrRitterRömerPiraten ist es mir gelungen, ein Feuer zu entfachen, obschon ich den Eindruck habe, dass seine Begeisterung mehr dem Fahnenschwingen denn dem Atomausstieg gilt. Die Fahne war es auch, die beinahe dafür gesorgt hätte, dass es an der gewaltfreien Demo doch noch zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. Denn nachdem er ihrer habhaft geworden war, wollte unser Dritter sie nicht mehr aus der Hand geben, auch wenn ich klipp und klar gesagt hatte, dass die Kinder sich abwechseln müssten. Zum Glück zeigten sich Luise und Karlsson ziemlich pazifistisch, so dass die Polizisten, die diskret am Strassenrand stationiert waren, nicht in den Konflikt eingreifen mussten. 

Während der FeuerwehrRitterRömerPirat aus lauter Begeisterung abends mit der Fahne schlafen ging, scheint der Grossanlass bei Luise genau die gegenteiligen Gefühle ausgelöst zu haben. Zuerst war es ihr zu heiss, dann zu langweilig, dann schmerzten die Füsse und schliesslich geriet sie beim Einsteigen in den Sonderzug in die Nähe von drängelnden Senioren, was verständlicherweise eine ziemlich beängstigende Erfahrung war. Nun gut, ihr grosser Wunsch heute Abend war, dass die AKWs bald abgeschaltet werden. Vielleicht, weil sie hofft, dass sie dann nicht mehr zu solchen Veranstaltungen mitgeschleppt wird.

Ein wenig ratlos bin ich bei Karlsson. Er, der schon seit frühester Kindheit gegen den Kühlturm wettert, auf den wir von unserem Küchenfenster beste Aussicht geniessen, zeigte sich erstaunlich teilnahmslos, ja, vielleicht sogar leicht rebellisch. Kaum waren wir auf dem Gelände angelangt, zückte er das iPad, um sich den „Karneval der Tiere“ anzuhören. Gerade so, als wüsste er nicht, dass man zum Aufladen des iPads Strom benötigt. Und auf dem Rückweg motzte er, dass es doch eigentlich sinnlos sei, eine solche Veranstaltung durchzuführen, wo man doch jede Menge Atomstrom gebraucht habe, damit das alles reibungslos ablaufe. Ich fürchtete schon, unser Ältester wolle aus Rebellion gegen seine Eltern das politische Lager wechseln. Aufgeatmet habe ich erst wieder, als er auf dem Heimweg den Vorschlag machte, wir könnten doch noch einen kurzen Abstecher zum Nachbardorf machen, um der Demo gleich Taten folgen zu lassen: „Komm wir gehen und schalten das AKW in Gösgen ab“, schlug er vor und hätte ich gewusst, welchen Knopf man drücken muss, wir hätten es wohl getan…

Mitgeströmt



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