Mit Volldampf ins Unterbewusstsein - "Der Bunker" verdreht Hirnwindungen

Erstellt am 26. Juli 2016 von Bandrix @cityofcinema1

AUF DVD UND BLU-RAY! ©Bildstörung


Risikofreudigkeit, Originalität und Spaß am Experimentieren – Dinge, die ein Filmfan nicht unbedingt mit dem deutschen Film in Verbindung bringt. In den letzten Jahren scheint sich aber etwas zu tun. Da lässt sich eine Frau auf eine Beziehung mit einem Wolf ein („Wild“), entwickelt sich eine Berliner Partynacht in ein vibrierendes Stück Thrillerkino („Victoria“) oder wird eine Teenagerin von ihren Urängsten eingeholt („Der Nachtmahr“). Dieser kleinen Welle an feinen Indieproduktionen, die sich gegen das deutsche Establishment aus Nazi und Rosamunde Pilcher stemmt, gesellt sich „Der Bunker“ dazu. Langfilmdebütant Nikias Chryssos verzichtet auf konventionelles Geschichtenerzählen und lässt seine Figuren in einem Kabinett der Kuriositäten sich selbst entdecken und/oder daran zugrunde gehen.

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In „Der Bunker“ ist alles möglich. Spielerisch wechselt der Film zwischen den Genres, ist mal lustig, mal skurril, nur um schlagartig Richtung Horror abzugleiten und eine Sekunde später alles unter dem Mantel der Groteske zu vereinen. Indikatoren, an denen sich der Zuschauer entlanghangeln kann, gibt es nur wenig. Regisseur Chryssos nutzt jeden Winkel seines beengten Settings um zu vermitteln. Die Ausstattung ist in jeder Einstellung bis ins Detail geplant, die Kamera fängt den Bunker in verblüffender Bildervielfalt ein. In Verbindung mit dem Soundtrack entsteht dadurch ein fast schon hypnotischer Sog, eine Mischung aus Fiebertraum und Albtraum, als würde der Zuschauer einen filmgewordenen Mischling aus Werner Herzog, David Lynch und Helge Schneider sehen.
Erklärungen liefert das Drehbuch beinahe keine, was aber nicht Sinn der Sache ist. Interpretationen sind möglich, doch vermutlich fehlgeleitet. So wie der Vater zu Beginn bei  Tisch dem Rührei auf dem Teller lebensbejahende Eigenschaften zusagt, so wenig ist eine Interpretation des Gezeigten sinnführend. „Der Bunker“ zielt aufs Unterbewusstsein, will etwas im Publikum auslösen und bewegen. Ganz egal ob Hass, Liebe, Faszination oder Ratlosigkeit. „Der Bunker“ setzt sich im Kopf des Zuschauers fest, bleibt dort und verweilt länger als es der Durchschnittsblockbuster oder der x-te Nazifilm je könnte. Und ist das nicht etwas, das Kunst im Idealfall erreichen sollte?
BEWERTUNG: 08/10
Titel: Der BunkerFSK; ab 12 freigegebenLaufzeit: 85 MinutenErscheinungsjahr: 2016Regisseur/Autor: Nikias ChryssosDarsteller: Pit Bukowski, Daniel Fripan, Oona Von Maydell, David Scheller