Mit Träumen lernen

Mit Träumen lernen

Wichtig zu wissen, dass nach Lernphasen eine Ruhephase und Meditation erfolgen sollte, kein Kaffeekonsum und Extremsport, es sei denn, derjenige ist so „gepolt“. Aber auch das ist schon länger bekannt. Selbst Kühe geben bei klassischer Hintergrundmusik und Entspannung mehr Milch… Interessant vielleicht, dass bei Bewegung das Lernen leichter fällt, das haben jedenfalls Münchner Psychologen vor einiger Zeit herausgefunden. Radfahren beim Lernen vor der Leinwand brachte erstaunliche Ergebnisse. Also Ergometer, Beamer, Leinwand und Präsentation installieren, anschließend tiefe Entspannung, das schafft Spitzenkandidaten. Warum ist das so?

Beim Schlafen formt und festigt sich unser Gedächtnis, das ist bekannt. Wozu aber sind Träume da? Die Frage, die sich schon jeder gelegentlich gestellt haben dürfte, zumal nach einem aufwühlenden und schlechten Traumerlebnis, ist jetzt von amerikanischen Schlafforschern ziemlich nüchtern und bestimmt nur teilweise beantwortet worden: Die Träume zeigen uns, dass unser Gehirn während des Schlafs in den unterschiedlichsten Verarbeitungs- und Gedächtniszentren gleichzeitig Höchstleistung vollbringt und uns damit in unseren kognitiven Fähigkeiten voranbringt.

„Wenn wir neue Erfahrungen machen, werden im schlafenden Gehirn offenbar viele parallele Prozesse in Gang gesetzt, die es ihm ermöglichen, Erinnerungen zu festigen und Lernvorgänge zu konsolidieren“, so Robert Stickgold vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, Massachusetts , der eine Studie mit 99 Studenten geleitet hat. Im virtuellen Labyrinth navigieren die jungen Männer und Frauen auf einem kniffeligen Weg zum Ziel. An einem Computerspiel, einer Art virtuelles 3-D-Labyrinth, sollten sie einige Zeit trainieren und am Ende so schnell wie möglich das Ziel erreichen. Eine anstrengende Übung. Anschließend wurden sie gebeten, entweder sich anderthalb Stunden hinzulegen und zu schlafen oder sich wahlweise im Wachszustand zu entspannen, indem sie sich mit kognitiv wenig anspruchsvollen Dingen beschäftigten. Die wache Fraktion wurde hin und wieder danach gefragt, woran sie gerade denken, die Schläfer wurden nach dem Aufwachen nach ihren Träumen befragt. Nach dieser Erholungsphase sollte das Computerspiel wiederholt werden.

Das Ergebnis war frappierend: Sämtliche Studenten die wach geblieben waren, auch diejenigen, die sich in der Pause mit der Lösung des Spiels beschäftigten, schnitten in dem Wiederholungstest kaum besser ab als am Ende der ersten Lernübung. Auch die Schläfer, die angaben, nichts oder etwas ganz anderes geträumt zu haben, verbesserten sich nicht. Bei vielen Spielern aber, die sich in der Traumphase, im Non-Rapid-Eye-Movement-Schlaf (N-Rem) geistig irgendwie mit dem Computerspiel befassten, hatte sich etwas offenbar dramatisch geändert. Sie verbesserten ihre Navigationsleistung im 3-D-Spiel im Schnitt um das Zehnfache (!).

Es waren vor allem Spieler, die sich vor dem Schlaf schwer taten mit dem Spiel, die sich so enorm verbesserten. „Wenn etwas schwierig für uns ist“, meint Erin Wamsley, einer der Koautoren und Kollegen Stickgolds, „hat es für unser Gehirn eine größere Bedeutung und es beschäftigt sich im Schlaf intensiv damit.“ Und zwar nicht nur im Hippocampus, so spekulieren die Forscher, der insbesondere für die Verarbeitung räumlicher Gedächtnisinhalte zuständig ist, sondern auch in vielen höheren Assoziationszentren der Großhirnrinde. Das schließen sie aus den Traumberichten der Träumer: Viele wurden im Schlaf nicht etwa mit Gedanken an das Computerspiel selbst beschäftigt, sondern konstruierten sich ganz unterschiedliche Erinnerungen im Traum: Manche sahen Leute an den Schlüsselstellen des Spiels, andere fielen im Traum in eine Art Loch und wieder andere beschäftigten sich lediglich mit der Hintergrundmusik des Computerspiels. Evolutionärer Vorteil? „Das Gehirn fokussiert sich im Traum nicht auf die räumliche Aufgabe allein, sondern stellt die Erfahrung in unterschiedliche Kontexte“, schreiben die amerikanischen Autoren der in der Zeitschrift „Current Biology“ veröffentlichten Studie. Das, so spekulieren sie weiter, könnte einer der Gründe sein, weshalb sich Träume im Laufe der Evolution als wertvolles Instrument zur Verarbeitung neuer Lebenserfahrungen etabliert haben: Nicht nur, um spezielle Erinnerungen zu behalten, sondern neue Herausforderungen mit den im Traum durchgespielten Erfahrungen später leichter fertig zu werden.



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