Mit schönem Gruß von der Kostenstelle: Köln versinkt im Mittelmaß - "Tatort: Narben"

Erstellt am 1. Mai 2016 von Bandrix @cityofcinema1

©ARD

Tobias Reisser (Patrick Abozen) hat seinem Namen alle Ehre gemacht und sich seinen Allerwertesten aufgerissen. Mit Übersee telefoniert, mit Gobi, mit Kinshasa, die Nacht zum Tag gemacht. Es geht um alles, ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher läuft dort draußen noch herum, der muss gefasst und dingfest gemacht werden. Sein Kollege und Vorgesetzter Freddy Schenk (Dietmar Bär) klopft ihm auf die Schulter:"Schönen Gruß von der Kostenstelle! Aber gute Arbeit."
Das trifft auch auf den neuen Köln-Tatort "Narben" zu; also nicht das mit der guten Arbeit, sondern eher das mit der Kostenstelle. Es scheint, als habe man von der ARD den Auftrag bekommen, noch kurzfristig einen Tatort zu inszenieren, diesen aber so kostengünstig wie nur eben möglich. Daher wird zum x-ten Mal die Flüchtlingsproblematik behandelt - bitte nicht falsch verstehen -, und das ohne Esprit, ohne Inspiration, ohne Charme. Empathie mit den Hauptprotagonisten? Pff. Wäre schön gewesen. "Narben" wirkt eher wie ein Film, der halt gemacht werden muss, auf den aber niemand so recht Lust hatte. Kostenstellen-Fernsehen, bei dem es wohl drauf ankam, nichts zu riskieren, und auch ja keine Mühen (und keinen Cent) mehr als nötig zu machen. Durchschnitt at it's best.

War Klaus J. Behrendt (l., hier mit Dietmar Bär) eigentlich schon immer so grau auf dem Kopf? ©WDR/Uwe Stratmann

Worum geht's aber? Ein Mann ist tot, er war Arzt, Kongolese. Patrick Wangila kam vor einigen Jahren als vermeintlicher Kriegsflüchtling nach Deutschland, seine Frau Vivien (Anne Ratte-Polle) verliebte sich seinerzeit aufgrund dessen Avancen, jetzt muss sie allerdings Termine absagen, denn "ich kann nicht mehr kommen, mein Mann ist umgebracht worden." Gibt sicher schönere Gründe für Absagen.
Auf der Bildfläche erscheinen Patricks Bruder Théo (Jerry Kwarteng), der auch als vermeintlicher Flüchtling herumturnt durch Köln. "Rassismus. Hass. Angst. Das ist Flüchtling", erläutert er den beiden Kommissaren. Auch er verhält sich verdächtig. Die Spuren führen dann zum Arbeitsplatz des Toten zur Doktorin Schmuck (Julia Jäger), zur Krankenschwester Angelika (Julia Tonke), in ein Flüchtlingsheim, wo es vor Kurzem noch eine Razzia mit einer dabei verstorbenen Kongolesin gab. Deren Mitbewohnerin ist nun verschwunden, auch der leitende Polizist des Einsatzes (Felix Vörtler) ist ein recht auffälliger Zeitgenosse...

"Ich kann nicht mehr kommen, mein Mann ist umgebracht worden." Vivien Wangila (Ratte-Polle) ©WDR/Uwe Stratmann


Nach und nach kristallisiert sich für die beiden herumtrottenden, ständig doofe Frage stellenden Kommissare heraus, dass es sich bei der Tat um die üblichen Versatzstücke des klassischen Whodunits drehte. Eifersüchteleien, ein bisschen Krieg, ein bisschen Frieden. Es geht um Menschlichkeit, es geht um traurige Flüchtlingsschicksale, es geht (wir sind schließlich in einem Krankenhaus!) natürlich auch wieder um Alkohol im Dienst ("Alkohol ist ein Karrierekiller!") - doch aufregend ist da gar nichts. Wir merken: Auch der Notarzt um die Ecke kann ein Kriegsverbrecher sein. Oha.
Das Flüchtlingsthema wird hier bloß als reiner Aufhänger benutzt für einen ziemlichen Laber-Tatort, der handwerklich nichts an sich hat, der sich inhaltlich so dahinschleppt, wie man es aus Köln gewohnt ist. Es gibt unzählige Zeugenbefragungen, es gibt Beweise, es gibt Motive, doch das wirkt alles - vom Ensemble begonnen - einfach nicht wirklich motiviert und viel zu durchschnittlich und 0815. Auch die wirklich tragischen Schicksale der überlebenden Kongolesin aus dem Flüchtlingsheim reißt gar nicht mit, dazu trieft Torsten C. Fischers Film (Buch: Rainer Butt) zu sehr nach Mittelmaß. "Nur du und ich, wie in alten Zeiten", sagt Kommissar Ballauf (Klaus J. Behrendt) an einer Stelle. Ja, so angestaubt kommen die 90 Minuten tatsächlich herüber.
Wenigstens wird's zum Ende hin dann noch einmal relativ aufregend, aber da ist der Abend dann halt auch schon vorbei. Und zehn Minuten machen einen Tatort natürlich lange nicht rund. Aber vielleicht verhinderte ja wirklich die Kostenstelle Besseres und gute Arbeit.
BEWERTUNG: 4,5/10Titel: Tatort: NabrneErstausstrahlung: 01.05.2016Genre: KrimiRegisseur: Torsten C. FischerDarsteller: u.a. Dietmar Bär, Klaus J. Behrendt, Patrick Abozen, Anne Ratte-Polle, Julia Jäger