Die libanesischen Schiiten feiern Ahmadinedschad. Hiwis des Westens weniger begeistert
Mehrere zehntausend Menschen haben am Mittwoch dem iranischen Präsidenten bei seinem ersten Staatsbesuch im Libanon einen begeisterten Empfang bereitet. Als Mahmud Ahmadinedschad im August 2005 sein Amt antrat, steckte Libanon noch in den letzten Ausläufern der sogenannten Zedernrevolution. Unter diesem in Washington erfundenen Titel versuchten die USA damals, den alten Bürgerkrieg zwischen den religiösen Gruppen des Landes neu zu entfesseln und den Libanon in Stellung gegen seinen Nachbarn Syrien zu bringen.
Nachdem dieser Plan an der Massenmobilierung des schiitischen Bevölkerungsteils gescheitert war, griff Israel im Juli 2006 den Libanon militärisch an, wobei es sich vor allem auf die Zerstörung ziviler Ziele im Süden und in Beirut konzentrierte. Von den Milizen der Hisbollah zurückgeschlagen – die prowestlich ausgerichtete libanesische Armee trat nicht in Erscheinung –, mußte Israel schließlich den Rückzug antreten. Irans Finanzhilfe spielte eine führende Rolle beim Wiederaufbau der von den Aggressoren zerstörten Dörfer und Stadtteile. Die USA, die Israels Krieg kaum verhohlen unterstützt und im UN-Sicherheitsrat abgeschirmt hatten, verloren dadurch auch in dem Westen wohlgesonnenen Kreisen Libanons sehr viel Ansehen.
Daß Libanon nach wie vor politisch und religiös gespalten ist, wurde aus einigen haßerfüllten Polemiken gegen Ahmadinedschads Besuch deutlich. Sprecher der prowestlichen 14.-März-Allianz bezeichneten ganz im Gleichklang mit der israelischen Regierungspropaganda Ahmadinedschads geplanten Abstecher in den Südlibanon als »Provokation«. Der Präsident wolle demonstrieren, »daß Libanon ein iranischer Stützpunkt am Mittelmeer« ist.
Indessen begrüßte die führende Partei innerhalb der Allianz, die Zukunftsbewegung von Regierungschef Saad Hariri, offiziell den Besuch Ahmadinedschads. In einer am Diensttag veröffentlichten Erklärung ist von der Festigung der Verbindungen zwischen beiden Ländern und der Freundschaft zwischen beiden Völkern die Rede. Auf dem sehr gefüllten Terminplan des iranischen Präsidenten für seinen zweitägigen Besuch steht neben Gesprächen mit Präsident Michel Sleiman und Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah auch ein Treffen mit Hariri.
Das Schwergewicht des Besuchs liegt dennoch eindeutig auf den Beziehungen Irans zur schiitischen Bevölkerungsgruppe. Laut Plan sollte Ahmadinedschad am Mittwoch einen schiitischen Stadtteil der Hauptstadt besuchen und später auf einer Großkundgebung der Hisbollah sprechen. Am Donnerstag ist eine Tour in den Süden des Landes vorgesehen. Der Präsident will dort grenznahe Dörfer besuchen, die mit iranischer Hilfe wieder aufgebaut wurden. Voraussichtlich wird er eine Ansprache in Bint Jbail halten, wo während des Krieges besonders heftige Kämpfe stattfanden.
Offenbar um Mißdeutungen seines Besuchs auszuräumen, hatte Ahmadinedschad am Dienstag Telefongespräche mit den Königen von Saudi-Arabien und Jordanien geführt. Beide Staaten haben enge Kontakte zu den prowestlichen Hiwis Libanons.