Aus: Spektrum der Wissenschaft, Juli 2012
Seit Jahren entwickeln Physiker Hochenergie-Laser, um in winzigen Kügelchen durch Implosion Energie aus Kernfusion zu gewinnen. Das Vorhaben ist bei Fachleuten als "Trägheitsfusion" bekannt. Sie ist eine Spielart der so genannten kontrollierten Kernfusion, in der millimeter-große Brennstoffkügelchen von Lasern mehr als tausendfach komprimiert werden. Dadurch beginnen ab einem bestimmten Punkt Atomkerne miteinander zu verschmelzen – sie fusionieren. Der Prozess ähnelt den Vorgängen im Innern der Sonne und setzt wie dort Energie frei. Falls diese die eingesetzte Laserenergie übersteigt, lässt sich das System als Grundlage für einen Fusionsreaktor nutzen.
Andreas J. Kemp, ein junger deutscher Physiker, arbeitet für dieses Vorhaben am weltgrößten Laser, der National Ignition Facility (NIF) des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL)in Kalifornien. In der aktuellen Juli-Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft" berichtet über Stand und Aussichten dieser Entwicklung.
Mit ihm lassen sich bereits heute im Innern komprimierter Kügelchen, so genannten Targets, physikalische Bedingungen erzeugen, die denen im Zentrum unserer Sonne ähneln. Noch im Lauf des nächsten Jahres hoffen die Fusionsforscher zum ersten Mal, auf diese Weise ein nukleares Feuer unter Laborbedingungen zu zünden. Sollte das gelingen, liegt die eigentliche Herausforderung allerdings erst noch vor ihnen: nämlich das gleiche mit einer Energie-Ausbeute zu schaffen, wie sie für ein ganzes Kraftwerk erforderlich wäre.
Das ist nicht so einfach, denn die aktuelle Methode hat nur eine begrenzte Effizienz. Deshalb entwickelten Forscher ein neues Verfahren, mit dem sie einen höheren Energiegewinn bei der Trägheitsfusion erreichen können: die "schnelle Zündung" (englisch: Fast Ignition). Sie beruht darauf, die Fusionskügelchen (die Targets oder Pellets) zunächst zu komprimieren und dann mit sehr energetischen und zugleich extrem kurzen Laserpulsen zu bombardieren. Die schnelle Zündung hat erheblich von der Entwicklung solcher Kurzpulslaser-Systeme profitiert.
Das Grundkonzept der Trägheitsfusion geht bis in die 1950er Jahre zurück, schon vor die Entwicklung des ersten Rubidiumlasers im Jahr 1960. Dieser Standardweg zur Trägheitsfusion ähnelte ein wenig einem Dieselmotor: Eine Plastikkapsel wird mit etwa einem Milligramm an den schweren Isotopen Wasserstoff – Deuterium und Tritium im Verhältnis 1 : 1 – gefüllt und tiefgefroren. Dieser Mix wird durch den Laserbeschuss blitzschnell komprimiert, bis es dicht und heiß genug wird, dass der Funke zündet – also Fusionsreaktionen einsetzen können.
Um die notwendigen Bedingungen dafür zu erreichen, gilt es, eine exakt definierte Serie von Stoßwellen in der Brennstoffkapsel zu starten. Hierfür muss das Kügelchen äußerst symmetrisch geformt sein, mit einer Oberfläche, die bis auf Tausendstel Millimeter Präzision geglättet wurde. Nur dann bleibt die Symmetrie auch während der Kompression erhalten, damit die Kapsel nicht schon während der Implosion zerbricht, noch bevor Fusionsreaktionen einsetzen.
Die NIF ist für solche Experimente hervorragend geeignet: Insgesamt 192 Laser strahlen mit einer Gesamtenergie von mehr als zwei Megajoule durch zwei kleine Öffnungen in einen Goldzylinder, in dessen Mitte die Kapsel sitzt (siehe Grafik). Das entspricht der Energie von knapp einem halben Kilogramm Sprengstoff, konzentriert auf ein winziges Kügelchen. Das Innere des Zylinderhohlraums heizt sich innerhalb weniger Nanosekunden auf über drei Millionen Grad Celsius auf, was schlagartig die äußere Hülle der Brennstoffkapsel verdampft. Ähnlich einer Rakete beschleunigt das Material der Kapsel nun konzentrisch nach innen auf ihr eigenes Zentrum zu. Nicht nur komprimiert dies den gefrorenen Brennstoff um das Tausendfache, sondern erhitzt ihn auch gleichzeitig bis auf über hundert Millionen Grad, was schließlich die Kernreaktionen zündet. Daraus einen Fusionsreaktor zu machen, ist vorläufig aber noch ein ehrgeiziges Fernziel.
Die vielleicht größte Herausforderung für ein Laserfusions-Reaktorkonzept stellt die hohe Wiederholrate von Implosionen dar, die für eine kommerzielle Nutzung erforderlich wäre. Nach einer LLNL-Studie sollten pro Sekunde bis zu zehn Brennstoffkapseln mit hoher Geschwindigkeit in das Reaktorgefäß eingeschossen werden – das Minimum, um aus einem Reaktor eine Durchschnittsleistung von 2500 Megawatt herauszuholen. Pro Tag müssen demnach etwa eine Million Brennstoffkapseln hergestellt und auf Millimeter genau in die Mitte der Targetkammer platziert werden. Ob sich solche technologischen Herausforderungen überwinden lassen, kann nur die Zukunft zeigen.
Seit Jahren entwickeln Physiker Hochenergie-Laser, um in winzigen Kügelchen durch Implosion Energie aus Kernfusion zu gewinnen. Das Vorhaben ist bei Fachleuten als "Trägheitsfusion" bekannt. Sie ist eine Spielart der so genannten kontrollierten Kernfusion, in der millimeter-große Brennstoffkügelchen von Lasern mehr als tausendfach komprimiert werden. Dadurch beginnen ab einem bestimmten Punkt Atomkerne miteinander zu verschmelzen – sie fusionieren. Der Prozess ähnelt den Vorgängen im Innern der Sonne und setzt wie dort Energie frei. Falls diese die eingesetzte Laserenergie übersteigt, lässt sich das System als Grundlage für einen Fusionsreaktor nutzen.
Andreas J. Kemp, ein junger deutscher Physiker, arbeitet für dieses Vorhaben am weltgrößten Laser, der National Ignition Facility (NIF) des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL)in Kalifornien. In der aktuellen Juli-Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft" berichtet über Stand und Aussichten dieser Entwicklung.
Mit ihm lassen sich bereits heute im Innern komprimierter Kügelchen, so genannten Targets, physikalische Bedingungen erzeugen, die denen im Zentrum unserer Sonne ähneln. Noch im Lauf des nächsten Jahres hoffen die Fusionsforscher zum ersten Mal, auf diese Weise ein nukleares Feuer unter Laborbedingungen zu zünden. Sollte das gelingen, liegt die eigentliche Herausforderung allerdings erst noch vor ihnen: nämlich das gleiche mit einer Energie-Ausbeute zu schaffen, wie sie für ein ganzes Kraftwerk erforderlich wäre.
Das ist nicht so einfach, denn die aktuelle Methode hat nur eine begrenzte Effizienz. Deshalb entwickelten Forscher ein neues Verfahren, mit dem sie einen höheren Energiegewinn bei der Trägheitsfusion erreichen können: die "schnelle Zündung" (englisch: Fast Ignition). Sie beruht darauf, die Fusionskügelchen (die Targets oder Pellets) zunächst zu komprimieren und dann mit sehr energetischen und zugleich extrem kurzen Laserpulsen zu bombardieren. Die schnelle Zündung hat erheblich von der Entwicklung solcher Kurzpulslaser-Systeme profitiert.
Das Grundkonzept der Trägheitsfusion geht bis in die 1950er Jahre zurück, schon vor die Entwicklung des ersten Rubidiumlasers im Jahr 1960. Dieser Standardweg zur Trägheitsfusion ähnelte ein wenig einem Dieselmotor: Eine Plastikkapsel wird mit etwa einem Milligramm an den schweren Isotopen Wasserstoff – Deuterium und Tritium im Verhältnis 1 : 1 – gefüllt und tiefgefroren. Dieser Mix wird durch den Laserbeschuss blitzschnell komprimiert, bis es dicht und heiß genug wird, dass der Funke zündet – also Fusionsreaktionen einsetzen können.
Um die notwendigen Bedingungen dafür zu erreichen, gilt es, eine exakt definierte Serie von Stoßwellen in der Brennstoffkapsel zu starten. Hierfür muss das Kügelchen äußerst symmetrisch geformt sein, mit einer Oberfläche, die bis auf Tausendstel Millimeter Präzision geglättet wurde. Nur dann bleibt die Symmetrie auch während der Kompression erhalten, damit die Kapsel nicht schon während der Implosion zerbricht, noch bevor Fusionsreaktionen einsetzen.
Die NIF ist für solche Experimente hervorragend geeignet: Insgesamt 192 Laser strahlen mit einer Gesamtenergie von mehr als zwei Megajoule durch zwei kleine Öffnungen in einen Goldzylinder, in dessen Mitte die Kapsel sitzt (siehe Grafik). Das entspricht der Energie von knapp einem halben Kilogramm Sprengstoff, konzentriert auf ein winziges Kügelchen. Das Innere des Zylinderhohlraums heizt sich innerhalb weniger Nanosekunden auf über drei Millionen Grad Celsius auf, was schlagartig die äußere Hülle der Brennstoffkapsel verdampft. Ähnlich einer Rakete beschleunigt das Material der Kapsel nun konzentrisch nach innen auf ihr eigenes Zentrum zu. Nicht nur komprimiert dies den gefrorenen Brennstoff um das Tausendfache, sondern erhitzt ihn auch gleichzeitig bis auf über hundert Millionen Grad, was schließlich die Kernreaktionen zündet. Daraus einen Fusionsreaktor zu machen, ist vorläufig aber noch ein ehrgeiziges Fernziel.
Die vielleicht größte Herausforderung für ein Laserfusions-Reaktorkonzept stellt die hohe Wiederholrate von Implosionen dar, die für eine kommerzielle Nutzung erforderlich wäre. Nach einer LLNL-Studie sollten pro Sekunde bis zu zehn Brennstoffkapseln mit hoher Geschwindigkeit in das Reaktorgefäß eingeschossen werden – das Minimum, um aus einem Reaktor eine Durchschnittsleistung von 2500 Megawatt herauszuholen. Pro Tag müssen demnach etwa eine Million Brennstoffkapseln hergestellt und auf Millimeter genau in die Mitte der Targetkammer platziert werden. Ob sich solche technologischen Herausforderungen überwinden lassen, kann nur die Zukunft zeigen.