Mit der Superbehörde gegen den rechten Terror
Rechtsextremismus in all seinen Formen zu erkennen ist nicht leicht. Und wenn die Zwickauer Terrorzelle, die Duldung rechtsextremer Machenschaften durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die zweifelhaften Einsätze von mehr als 100 V-Leuten eines gezeigt haben, dann, dass die deutschen Behörden längst den Überblick über das verloren haben, was sie bekämpfen wollen. Das soll sich jetzt ändern.
«Der Fall der Zwickauer Terrorzelle zeigt, dass es Defizite im Informationsaustausch großer deutscher Behörden gab», sagt der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Jens Teschke, zu news.de. Deshalb wurde am vergangenen Freitag ein neues – von Bund und Ländern betriebenes – Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus eröffnet. Der Plan sieht vor, dass Verfassungsschützer und Polizisten von nun an zusammenarbeiten sollen, damit es in Zukunft gar nicht erst zu Fällen wie der unlängst bekannt gewordenen Neonazi-Mordserie kommen kann.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, hält die Gründung eines solchen Abwehrzentrums für längst überfällig, wie sie im Morgenmagazin von ARD und ZDF sagte. Teschke wiegelt ab: «Man muss sagen, das Abwehrzentrum wurde verhältnismäßig schnell gegründet. Etwa fünf Wochen hat das gedauert, obwohl die behördlichen Strukturen dafür vorher gar nicht vorhanden waren.» Bis zum Bekanntwerden der Zwickauer Zelle hätte es keinen Anlass gegeben, von organisierten rechtsextremistischen Strukturen in Deutschland auszugehen. Auch die Berichte des Bundesverfassungschutzes sollen bisher nicht darauf hingewiesen haben. «Das ist jetzt anders.»
Da kommt zusammen, was zusammen gehört
Im Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) sollen neben dem zuletzt in die Kritik geratenen Verfassungsschutz und dem Bundeskriminalamt (BKA) auch verschiedene andere Behörden der Bundesländer (wie zum Beispiel verschiedene Landeskriminalämter) zusammenarbeiten. Seinen Sitz hat das GAR gleich an zwei Orten: Einmal in Meckenheim, wo sich die polizeiliche Informations- und Analysestelle befindet, und in Köln, wo alle nachrichtendienstlichen Informationen gesammelt und ausgewertet werden.
Diese besondere Zusammenarbeit erfolgt aus zwei Gründen: Zum einen habe man durch die Entwicklungen in Zwickau gemerkt, wie wichtig der regelmäßige Informationsaustauch von BfV und BKA im Kampf gegen den rechtsextremen Terror ist, so Teschke. Andererseits «können zum Beispiel auch operative Maßnahmen reibungsloser abgestimmt werden». Das Zusammentragen der Informationen hilft den Ermittlern also auch dabei, schneller ein vollständiges Bild von möglichen Anschlagzielen zu bekommen und dagegen vorzugehen.
Wie viel wird das kosten?
Einen Sonderetat für das neue Abwehrzentrum gibt es derzeit noch nicht. Wie Teschke news.de sagte, wird das GAR «aus den laufenden Mitteln des BKA und BfV mitfinanziert». Auf lange Sicht dürfte das jedoch zum Problem werden. Etwa 100 Mitarbeiter des BKA und BfV arbeiten sowohl in Köln als auch in Meckenheim daran, brisante Daten zu analysieren. Vertreter beider Bereiche treffen sich in den täglich stattfindenen Lagebesprechungen. Zunächst geht es dabei vor allem um die Klärung aktueller Fragen rund um die Zwickauer Terrorzelle.
Darüber hinaus soll der Kampf gegen den Rechtsextremismus auch zu einer Daueraufgabe des GAR werden. Das aber dürfte jede Menge Geld kosten. «Mittelfristig wird man sich da sicher noch mal Gedanken machen, ob es einen Sonderetat geben wird.» Hier wird sich zeigen, wie wichtig der Bundesregierung der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist.
An erster Stelle steht das NPD-Verbotsverfahren
Konkrete Pläne dazu, wie es nach den Ermittlungen im Fall der Zwickauer Terrorzelle mit dem GAR weitergehen soll, gibt es im Moment ohnehin nicht. Trotzdem hat die Gesamtbeobachtung der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene einen wichtigen Grund: «Die Ergebnisse, die man nun sammelt, können zum Beispiel auch für ein NPD-Verbotsverfahren von Nutzen sein», sagt Teschke zu news.de.
In Deutschland gibt es verschiedene Einrichtungen wie das GAR: Erst im Sommer wurde das Cyberabwehrzentrum gegründet. Es befasst sich mit terroristischen Angriffen, die ausschließlich im Internet stattfinden und zum Beispiel Banken, wichtige deutsche Behörden oder gar die Technik von Atomkraftwerken lahmlegen könnten. Auch ein Abwehrzentrum, das sich ausschließlich der Bekämpfung von islamistischem Terrorismus widmet, gibt es schon. Überlegungen, all diese Behörden zusammenzulegen, hätten kurzzeitig im Raum gestanden. «Weil diese drei Phänomenbereiche aber so verschieden sind, hat man sich darauf geeinigt, separate Arbeitsgruppen zu erstellen», so Teschke.
Die Zukunft des GAR ist eng an den Ermittlungserfolg der Zwickauer Mordserie und dessen Beitrag zum Erwirken eines NPD-Verbotsverfahrens geknüpft. Möglicherweise war die Gründung einer Behörde, die sich ausschließlich mit rechtsextremer Gewalt in Deutschland befasst, längst überfällig. Gut, dass der Aufbau des GAR nach den jüngsten Ereignissen nicht lang auf sich hat warten lassen. Doch nun ist es da und muss sich seine Berechtigung erst noch verdienen.
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