Vor einem Jahr protestierte Hamed Abdel-Samad in Kairo. Jetzt blickt er hinter den Rummel, mit dem Armee und Islamisten ihre Macht verschleiern, und sucht die Spuren der Revolte.
Der Weg zum Tahrir-Platz ist heute nicht mehr so steinig wie vor einem Jahr. Damals konnte ich in drei Stunden nur 300 Meter zurücklegen, heute brauche ich dafür nur wenige Gehminuten. Tränengas und Gummigeschosse kommen heute nicht zum Einsatz, jedenfalls noch nicht. Überhaupt sind weder Polizisten noch Soldaten auf dem Platz und um ihn herum zu sehen. Einige Menschen kommen heute zum ersten Mal aus der Provinz nach Kairo, um den legendären Platz zu sehen.
Einer von ihnen spricht mich an: „Entschuldigen Sie! Wo sind denn hier die Panzer?“ Er ist enttäuscht, dass er kein Erinnerungsfoto vor einem Kettenfahrzeug machen kann. Zumindest bis zur Mittagszeit sieht der Platz eher wie ein Wochenmarkt aus als wie eine Revolutionsbühne.
Es gibt „Revolutions-Falafel“ zu essen und „Revolutions-Süßkartoffeln“ und „Revolutions-Popcorn“. Ägyptische Flaggen, made in China, gibt es wie Sand am Meer. Mittelmäßige Sänger, Komiker und Dichter zeigen ihr Können.