Unterwössen (obx - internet-zeitung) - Der bayerische Bildhauer Andreas Kuhnlein hat sich lange Zeit nie für Kunst interessiert. Er begann seine berufliche Karriere beim Bundesgrenzschutz unter anderem mit der Bewachung der RAF-Terroristen in Stuttgart Stammheim. Bis sein Leben Anfang der 80-er Jahre eine überraschende Wendung nahm und er das Holz als faszinierendes künstlerisches Ausdrucksmittel entdeckte. Heute verwandelt Kuhnlein rohes Holz mit einer Motorsäge in faszinierende Skulpturen. In 320 Ausstellungen und 16 Ländern hat der Bildhauer aus Bayern seine Werke bereits präsentiert.
Als jungem Mann wäre Andreas Kuhnlein eine Karriere als Künstler nie in den Sinn gekommen. Aufgewachsen auf dem oberbayerischen Bauernhof seiner Großeltern arbeitet er zunächst als Schreiner und bricht dann als Streifenführer des Bundesgrenzschutzes aus der Enge seines Dorfes aus.
Erst schiebt Kuhnlein Wache an der deutsch-deutschen Grenze, dann wird er als Beamter im RAF-Gefängnis Stuttgart Stammheim mit den blutigen Spuren des Terrorismus rund um die Schleyer-Entführung konfrontiert und später mit den gewalttätigen Zusammenstößen mit der Anti-Atomkraftbewegung.
"Beim Bundesgrenzschutz bin ich immer wieder mit der Brutalität in der menschlichen Auseinandersetzung, aber auch der Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit des Menschen konfrontiert worden", sagt Kuhnlein. Diese Wesenszüge finden heute ihren Ausdruck in seinen zerklüfteten Holzskulpturen.
Kuhnlein hängte schließlich seinen sicheren Beamten-Job an den Nagel. Aus Liebe zu seiner Heimat wollte er wieder die Landwirtschaft der Großeltern übernehmen und parallel als Schreiner arbeiten. "In der Schreinerei begann ich zu Schnitzen und Holzbalken mit Ornamenten zu verzieren, das war wie eine Initialzündung", sagt Kuhnlein.
Schon bald formte er auch Skulpturen und wagte nur wenig später den Schritt in die Selbstständigkeit als Künstler. "Die ersten zehn Jahre waren sehr hart, aber in der Kunst sah ich auch einen Weg, erneut der Enge des Dorflebens zu entfliehen", sagt Kuhnlein.
Etwa ein Jahrzehnt hat der Bayer auch gebraucht, um den Stil seiner heute extrem begehrten und faszinierenden Skulpturen zu entwickeln. Nach langen Experimenten auch mit Stein und Bronze hat Kuhnlein im Hartholz das ideale Material für seine Kunst gefunden. Konventionelle Bildhauerwerkzeuge tauschte er gegen eine Motorsäge. "Die Baumstücke sind mit ihrer zerklüfteten Oberfläche ausdrucksstark und repräsentieren zugleich Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit", sagt Kuhnlein.
"In einem riesigen Anfall habe ich dann mal einen Großinquisitor herausgeschnitten und dann angezündet.", erzählt der Künstler. Diese Art der impulsiven Bearbeitung von Figuren ist heute Kuhnleins Markenzeichen. Der Bayer hat einen einzigartigen, unnachahmlichen Stil gefunden, mit dem er das ganze Spektrum der menschlichen Emotionalität darstellen kann.
Kuhnlein-Werke findet man heute in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung ebenso wie in der Kathedrale in Dresden, im Musee de la Civilisation Quebec, im Kulturpark Teachong in Südkorea und auch in China sowie in vielen anderen Ländern rund um den Globus. Der Bildhauer ist vielfach ausgezeichnet, unter anderem auch mit dem E.ON-Bayern-Kulturpreis.
Zwischen einem Tag und einer Woche arbeitet er an seinen Skulpturen und das ausschließlich im Winter. Im Sommer ist Kuhnlein unterwegs auf Ausstellungen auf der ganzen Welt, ständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen mit fremden Menschen, Ländern und Kulturen. Seit rund 15 Jahren lebt der heute 59-Jährige ausschließlich von seiner Kunst.
Mittlerweile ist der bayerische Bildhauer sogar Professor an der Kunstakademie Luoyang. Und auch die Preise für Kuhnlein-Skulpturen steigen kontinuierlich. Für größere Projekte zahlen Liebhaber des früheren Grenzschutzbeamten oft bereits fünfstellige Euro-Beträge.