Vor wenigen Tagen berichtete ich von unserem Sommerurlaub: Mit 4 Erwachsenen, 5 Kindern, 9 Fahrrädern und 4 Anhängern unterwegs von Nürnberg an den Altmühlsee. Heute gibt es die Fortsetzung:
Tag 4: Die Jugendherberge
Als hätten sie geahnt, daß uns an diesem Tag die längste Etappe bevorstand: Die Kinder waren hier und da nölig und es war der erste Tag an dem die Sonne von einem wolkenlosen Himmel schien. Irgendwann wollte sich unsere Jüngste nur noch schieben lassen. Kein Problem, bis ich das Kommando „rechts“ gab und sie mir in mein Gespann fuhr. Alles gut gegangen, ab diesem Zeitpunkt durfte sie eine Runde im Anhänger entspannen. Bisher ist sie überraschend ausdauernd gefahren.
Mittagessen sollte es in einem schönen Gasthaus in Walting geben, aber das war schon von Horst Seehofer zum Sommergespräch besetzt. „Wenn Sie sich ausgesprochen ruhig verhalten, dann dürfen sie bleiben.“ – mal kurz aufgelacht und die Meute bis ins benachbarte Imding gescheucht. Dort wurde dann das letzte Brot mit Wurst, Käse und Obst verspeist. Und die obligatorischen Gummibärchen. Natürlich.
Endlich in Eichstätt angekommen, stehen wir vor der Wahl: 2 Sechsbettzimmer zu buchen oder alle in einem Zehnbettzimmer unterzukommen. Wir wählten die zweite Variante und die Kinder waren überglücklich: Alle fünf konnten oben im Stockbett schlafen!
Die Dame an der Anmeldung war zu einem Plausch aufgelegt und wir hatten viel zu lachen. Ihr war nicht so ganz klar, wer von den Erwachsen in welchem Verhältnis zu wem stand und wem welche Kinder gehörten.
Nach Zimmerbezug und Duschen (die Sanitäranlagen in dieser Jugendherberge waren top gepflegt) machten wir uns auf den Weg in die Stadt, um die hungrigen Bäuche zu füllen.
Sehr spät und müde aber glücklich fielen alle neun in die Betten.
Tag 5: Der Imbißwagen, das Museum und „Mama, ich brauch ein Eis!“
Diesmal hatten wir Frühstücksbuffet gebucht und die Kinder waren selig, daß es endlich mal wieder Müsli gab (zu Hause ist es ja immer andersrum). K1 berichtete sofort begeistert, daß alle Produkte hier bio und/oder fair seien. Warum nur fällt ihr sowas gleich auf …?
Entgegen unserer bisherigen Gewohnheiten saßen wir an diesem Tag bereits um elf auf den Sätteln. Keine Kunst, wenn man weder Zelte einpacken, noch Geschirr spülen muß.
K3 bevorzugte noch eine Runde im Hänger, bis wir nach einer Fahrt durch malerische Landschaft an der Schernfelder Brücke auf Schusters Brotzeitwagen treffen. Hier gab es eine Runde Kaffee, Limo und Radler. Während ich auf den frisch gebrühten Kaffee wartete, kam ich mit Frau Schuster ins Gespräch. Sie und ihr Mann sind an jedem sonnigen Tag im Jahr mit ihrem Imbiß vor Ort und versorgen Wanderer, Radfahrer und Kanuten mit einer leckeren Mahlzeit. Ganz schön anstrengend. Nicht nur das Stehen hinter der Theke, auch der tägliche auf und Abbau der Biertischgarnituren.
Der Weg zum Naturcamping Dollnstein führte am Burgsteinfelsen vorbei. Nach kurzer Überlegung ihn zu erklimmen sind wir dann doch weitergefahren. Die „Mama heut brauch ich ein Eis“-Rufe sind nämlich nicht mehr zu überhören gewesen.
Am Campingplatz waren die Zelte schnell aufgebaut. Bereits um 14.07h stehen beide und wir können nach Dollnstein laufen, wo wir das wunderbares Altmühlzentrum entdeckten. Ein Museum rund um die Geschichte des Altmühltals. Ich persönlich war schwer begeistert, denn hier haben sich Museumspädagogen wirklich Gedanken gemacht.
Nach dem Museum ist vor dem Eisessen. Und schnell noch einen Platz reserviert in einem der wenigen Gasthäuser vor Ort. Ein bißchen verwaist sieht es hier leider schon aus. Möglich, daß wir auch spät dran waren in Jahr.
Den Heimweg zum Zeltplatz traten wir dann in leichtem Nieselregen an und nach kurzer Zeit herrschte auch Ruhe.
Tag 6: Ich kenne meine Pappenheimer *!
Nach einem ausgiebigen Frühstück und nachdem wir die Melone, die wir seit Tagen durch die Gegend fahren, geköpft haben strampeln wir weiter in Richtung Pappenheim. Rast machen wir in Solnhofen, dem Ort, an dem der Archeopterix gefunden wurde. Zusammen mit vielen Wespen genossen wir unser Picknick mit Radler und Limo.
Eigentliches Ziel der Etappe Pappenheim, mit seinen 3.964 Einwohnern, erreichten wir am späten Nachmittag.
Hier hätten wir uns wohl besser absprechen müssen, denn ein Teil wollte die Burg besichtigen und der andere Teil in die Altmühl springen, um sich abzukühlen. Also erst ein schnelles Bad, dann auf zur Burg. Zum Glück hatten wir den Entdeckerpaß dabei, so hat es sich auch noch für eine halbe Stunde gelohnt.
An diesem Abend gestaltete sich die Suche nach einer warmen Mahlzeit äußerst schwierig, da anscheinend auch Pappenheim von Schließungen in der Gastronomie betroffen ist. Schließlich landeten wir im Gasthof zur Sonne und erlebten eine Überraschung: Sven Glück und sein Küchenteam haben es drauf. Das Essen war richtig richtig lecker. Wir Erwachsenen haben uns dann zum Abschluß einmal quer durch die Dessertkarte geschlemmt. Von hier stammt auch die Idee zum Zitronenverbene-Pannacotta.
*Zitat aus Schillers Drama Wallensteins Tod
Tag 7: Steigen Sie aus oder ich rufe die Polizei!
Nach einem schnellen Frühstück in einer Bäckerei war der Plan bis Treuchtlingen zu fahren und von dort aus den Zug zu nehmen. Die Strecke von Treuchtlingen bis Gunzenhausen ist zu weit für eine Tagesetappe und einen Campingplatz gibt es nicht.
In Treuchtlingen gab es statt Mittagessen ein Eis und wir fanden uns rechtzeitig am Bahnhof ein. Fahrkarten waren gekauft, die Räder, die Anhänger und die Kinder waren fein säuberlich am Bahnsteig aufgereiht und wir warteten zusammen mit einer anderen Radlfamilie (sie waren in Italien unterwegs und seit drei Tagen auf dem Heimweg quer durch Italien, Österreich und Deutschland) auf den Zug. Wir hatten keine Eile, denn der Zug hatte genügend Aufenthalt , um alles gemütlich zu verstauen.
Damit unsere Gruppe nicht alle Eingänge verstopften, verteilten wir uns auf drei Türen, sicherten die Räder und die Hänger ordnungsgemäß und freuten uns auf die kleine Auszeit (wir wollten ja nur eine Station weiter).
Bis die Zugbegleiterin und der Zugführer kamen und mit der Polizei drohten. Sie müßten weder Fahrräder, noch Fahrradanhänger mitnehmen und die Türen müßten frei bleiben. Keiner verstand das Problem, die Türen waren frei, oder doch zumindest zugänglich. Nach endlosen Diskussionen durften wir bleiben. Nicht verstanden haben wir allerdings, daß außer uns noch mindestens 10 Fahrradfahrer mitgenommen wurden, und der Gang dann nicht mehr frei war.
Selbst nachdem ich 10 Jahre Fahrschülerin war und auch schon quer durch Europa mit dem Zug gefahren bin, verstehe ich ein solches Gebaren der Deutschen Bahn nicht. Liegt es vielleicht daran, daß sie mit Personenverkehr kaum Geld verdient?
Wir hatten Mühe die verängstigten Kinder zu beruhigen und verstanden die Welt nicht mehr.
In Gunzenhausen angekommen wollten wir nur noch eins: Zum See kommen, baden und auf den Spielplatz gehen. Dort trafen dann auch noch Freunde ein, die nicht weit vom See entfernt wohnen, die uns fürs Abendessen mit Nudeln und Tomatensauce versorgten, die wir gemeinsam auf dem Campingplatz genossen. Der haute uns leider nicht von den Socken, da er ziemlich voll war und die Zeltwiese (direkt hinter den Waschräumen) eine sehr beengte Wüste war.
Am nächsten Morgen traf ich die mitradelnde Freundin vor dem Zelt, fotografierte schnell diese wunderbare Morgenstimmung und schlüpfte zurück in meinen Schlafsack. Sie ging stattdessen Schwimmen. Und Kaffee besorgen.
Kurz nach dem zweiten Aufstehen kam dann der Frühstücksservice in Gestalt der anderen Freunde und wir schlemmten mal wieder genüßlich während die sieben Kinder sich auf dem angrenzenden Spielplatz vergnügten.
Weil auf dem Platz nur eine Übernachtung möglich war, zog es uns weiter zum Brombachsee. Für mich einer der schönsten Abschnitte auf unserer Tour.
Dort haben dann noch ein bißchen gebadet und ein -na klar- Eis gegessen. Auch hier gab es keinen Platz mehr auf dem Campinplatz, also beschlossen wir nach einem späten Mittagessen die Heimreise anzutreten. Die günstigste Zugverbindung hatten wir ab Pleinfeld mit nur einmal Umsteigen. Nachdem klar war, daß die kommende Nacht wieder im eigenen Bett geschlafen werden konnte, ging das Radeln wie von Geisterhand beinahe wie von selbst.
Alles schien so gut zu laufen an diesem Tag. Bis wir zum Bahnhof kamen. Ich bin froh, daß ich im Alltag nicht auf Aufzüge an Bahnhöfen angewiesen bin: schon vielfach geübt schafften wir es die Fahrräder, die Hänger und alle neun Personen rechtzeitig treppab und treppauf auf dem richtigen Bahnsteig zu plazieren. Mit etwas Sorge beobachteten wir, daß sich einige andere Radfahrer wohl den gleichen Zug ausgesucht hatten.
Der Zug kam, an verschiedenen Eingängen hievten wir Räder und Gepäck die steilen Stufen hinauf. Neben mir drängelte sich noch ein Rentner mit seinem Fahrrad vorbei. Meine Bitte etwas zu warten ignorierte er. Sicher war er sehr in Eile.
Wir glaubten uns schon in Sicherheit, bis eine laute Frauenstimme brüllte: „Sofort raus, mit den Anhängern und den Fahrrädern dürfen Sie hier nicht rein! Sofort RAUS!“ Ich dachte, mich tritt ein Pferd. Jegliche Argumente, daß wir keine Rettungswege versperren würden wurden ignoriert. Zumindest durfte die Freundin mit ihren beiden -mittlerweilen in Tränen aufgelösten- Kindern im Zug bleiben. Der Rest mußte alles wieder auf den Bahnsteig hieven. Danke übrigens an die, die sich an uns vorbei gedrängelt haben und dann nicht mal beim Aussteigen halfen.
Meine beiden kleineren Mädels waren auch den Tränen nahe. K1 fand die Situation äußerst spannend. Also haben die restlichen verbliebenen Erwachsenen überlegt, was nun zu tun sei. Der Zug fuhr stündlich, aber das Risiko auf eine nette Zugbegleitung zu hoffen war zu groß. Also riefen wir unsere Nachbarn an, und baten mit unserem Auto das Gepäck und K2 und K3 abzuholen. Und ins Bett zu bringen. Mittlerweile war es zwanzig Uhr.
Während wir auf den Pickup warteten, hatte ich mit der Bahn noch auf dem Bahnhof folgendes Gespräch auf Twitter:
@IchlebeJetzt1 Wo genau liegt das Problem? Aus Platzgründen dürfen nur zusammengeklappte Fahrradanhänger im Zug mitgenommen werden. /ki
— DB Bahn (@DB_Bahn) 25. August 2015
Also müßte man sein Gepäck in einzelne kleine Taschen packen, die man dann ins Gepäckfach über den Sitzen legen kann. Und den Anhänger für die Fahrt zerlegen. Bis das dann erledigt ist, hat der Zug zwanzig Minuten Verspätung.
Liebe Bahn, wie soll man als Familie mit Kindern verreisen? Wir hatten Zelt und Campingausrüstung dabei, das kann man sich leider nicht alles auf den Rücken schnallen. Für sinnvolle Tipps bin ich sehr dankbar!
Fazit
Wie war´s? Ganz ehrlich? Für mich war es einer der schönsten Urlaube der letzten Jahre: keine langen Anfahrtswege, keine Kinder, die sich langweilen, unterwegs mit guten Freunden (erprobt hatten wir das schon mal in Dänemark) und den ganzen Tag an der frischen Luft.
Ob ich allerdings noch einmal die Bahn in meine Reisepläne mit einbeziehen werde, das wird sich zeigen.
Fürs nächste Mal sollte man sich vielleicht noch mehr absprechen, was die Erwartungen an die Aktivitäten vor Ort angehen. Und für die Eltern vielleicht auch mal einen Abend ohne Kinder in Erwägung ziehen.
Um die Frage abschließend zu klären, müssen wir einfach unsere Freunde fahren, ob und wann sie mal wieder mit uns verrücktem Haufen verreisen möchten.