Im Kapital "Mehrheiten", das sich in meinem Buch "Auf die faule Haut" findet, bringe ich zur Sprache, dass das Majoritätsprinzip oftmals kritisch ist. Ich verweise auf die Agenda 2010, die wesentliche Aspekte der menschlichen Würde beinhaltete, neu interpretierte oder schlicht verleugnete und die, hätte man sie zur freien Abstimmung überstellt, eine Mehrheit gefun
Das Thema selbst soll jetzt nicht vertieft werden. Dazu schrieb ich bereits ausführlich, nachzulesen in besagten Büchern. Irritierend ist vielmehr, dass die Worte des Papstes Applaus ernteten. Dass er am Mehrheitsprinzip nestelt, es für per se nicht praktikabel hält in bestimmten Nischen, verbucht man unter Weisheit. Eine intellektuelle, bücherwürmige Weisheit vielleicht, aber deswegen doch nicht falsch, dennoch bedenkenswert. Es ist ja nicht so, dass Ratzinger alleine mit seinen Fingern in diesem allzu optimistischen Ansatz der Demokratie stierte, wie ich eben belegte. Spricht es allerdings er an, so schenkt man ihm Beifall, stilisiert es zum hohen Wort - das adelt auch alle anderen, die am Mehrheitsprinzip frevelten. Sagt es ein linker Publizist, so tut man es als weltferne Spinnerei ab - sagt es der oberste Katholik, so bescheinigt man, dass es abstrakt ist, aber doch unbedingt notwendig war, dass es endlich jemand ausspricht.
Es gibt mehrere Kisten voller Kritikpunkte, die man dem obersten Hirten der katholischen Kirche vor die Füße kippen kann. Aber in der Frage der Mehrheiten, die man manchmal für eine Art Heiligtum hält, muß man ihm beipflichten. Das kommt selten genug vor, dass man mit dem Papst einer Meinung sein kann. Wo wir aber schon wieder auseinandergehen, das ist die Diagnose. Er hält es für offenkundig, dass Mehrheiten nicht überall Anwendung finden können - er sagte das so, als wüssten die Abgeordneten das ganz genau. Die aber versuchen jede Reform, jede Kürzung, jeden Sozialabbau mit dem Rückhalt in der Wählerschaft, mit einer wirklichen oder erschwindelten Mehrheit also, zu rechtfertigen. Offenkundig ist denen also gar nichts! Und dass die Menschen- und Menschheitswürde nicht deshalb dem Mehrheitswillen zu entziehen sind, weil darin etwa ein Gott atme, halte ich wiederum für offenkundig. Es braucht keinen Gott, um die Menschenwürde für heilig zu erachten.