Die Antwort will natürlich eigentlich niemand geben. Nicht so direkt jedenfalls. Nicht so unmittelbar. Wäre ja noch schöner, wenn hier jeder Wähler einfach kommen könnte, um Antworten zu verlangen! Der deutsche Abgeordnete ist laut Grundgesetz nur seinem Gewissen verantwortlich und dazu vielleicht noch seinem Fraktionsvorsitzenden. Vom Volk ist aus gutem Grund nicht die rede.
Findet auch die SPD, die als ehemalige "Arbeiterpartei" (Willy Brandt) bis heute tiefe Wurzeln in den breiten Massen hat. Schon im letzten Landtagswahlkampf in Sachsen-Anhalt hatte die Partei von Sigmar Gabriel und Walter Steinmeier klargemacht, was sie unter einem Grundrecht auf ein rundum betreutes Leben versteht.
Jetzt, sensibilisiert durch die Gefahr, dass gewählte Würdenträger der Partei in Rechtfertigungsnöte gegenüber penetrant nachfragenden Bürgern kommen könnten, warnt sie vor zu engem Kontakt zum Volk. Die "Welt" berichtet von einem Schreiben der Fraktionsspitze an die Budnestagsabgeordneten, in dem es heißt: "Derzeit gehen Euch erneut Massenbriefe von ,Zivile Koalition e. V.' zum Thema ,EU-Transferunion – pro oder contra’ zu. Zudem wird aufgerufen, die Frage ,Werden Sie sich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages dafür einsetzen, dass die Umwandlung der EU in eine Transfer- und Haftungsgemeinschaft verhindert wird?’ zu beantworten.“
Dies solle der sozialdemokratische Abgeordnete aber bitte schön lieber blieben lassen. „Wir raten Euch, weder an dieser Umfrage teilzunehmen noch auf das Schreiben zu reagieren“, heißt es in der Handreichung zum Umgang mit dem renitenten Pöbel.
Er habe sich "die Kreise" angeschaut, "die hinter den entsprechenden Kommentierungen stehen", teilt der SPD-Abgeordnete Martin Gerster trotzt der Schweigeanweisung der Parteiführung beim Konkurrenzportal abgeordnetenwatch.de mit. Da offenbare sich "oft Interessantes", heißt es weiter. Werfe man einen genauen Blick auf die politischen Hintergründe der Kreise, die die Kampagne betrieben, werde "schnell offensichtlich, dass es hier um euroskeptische Meinungsmache" handele. Gester nennt Namen, enttarnt die Betreffenden als "politisch weit rechtsaußen" angesiedelt und nimmt den Vertragsentwurf zum Euro-Rettungsfond entsprechend nicht inhaltlich, sondern auf der Metaebene in Schutz. Die interessierten Kreise, die alle irgendwie miteinander verbunden sind, benutzen den Vertragsentwurf quasi widerrechtlich als "Projektionsfläche für euroskeptische Angstszenarien aller Art".
"Insofern erscheint mir die Warnung vor einer "Transferunion", die es im Rahmen einer simplifizierenden "Ja/Nein"-Entscheidung abzulehnen gelte, als ein populistischer Allgemeinplatz", findet Martin Gerster. Er stehe für eine "weitere Stärkung und konsequente Demokratisierung der europäischen Union", für einen !Schuldenschnitt für Griechenland" und eine "limitierte Gemeinschaftshaftung" aller Euroländer füreinander. Die dann halt über von ihm nicht näher erläuterte "intelligente Modelle" irgendwie so organsisert werden müsse, dass "exzessive Verschuldung weiter im nationalen Risiko" verbleibe, die "Absatzmärkte für den deutschen Export" aber dennoch gesichert seien.
Das Volk wird erfahren, wie das gemacht wird, wenn der Kreis Quadratform angenommen hat. Oder wie es die lustige SPD-Abgeordnete Kerstin Griese in souveräner Gleichsetzung von Legislative und Exekutive auf formuliert: "Durch die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität und deren zukünftige Nachfolgeinstitution, den European Stability Mechanism (ESM), gibt der Deutsche Bundestag weder sein Budgetrecht noch sonstige souveräne Rechte ab. Dies ist nicht der Fall, da die Bundesregierung, vertreten durch den Bundesfinanzminister, Mitglied im Gouverneursrat des zukünftigen ESM sein wird."