Mister Spex goes Multi-Channel: 9 Fragen an Mitbegründer Björn Sykora

Von Stenographique @stenographique
Im Laufe dieses Jahres hat Mister Spex den deutschen Brillen-Markt mit einem Multi-Channel-Vertriebssystem aufgemischt, das bisher seinesgleichen sucht:  über 200 stationäre Optiker haben sich bereits dem Partnerschaftsmodell von Mister Spex angeschlossen und für den Online Pure-Player Serviceleistungen wie Sehtests oder Brillenanpassungen an. Ein Modell, das Schule machen kann? stenographique hat den Mitbegründer und Leiter des Business Developments Björn Sykora dazu befragt.*

Stenographique (S): Etwas ketzerisch gefragt: Was bringt Kunden in Zeiten von Augmented Reality und Virtual-Try-On eigentlich noch dazu, im stationären Handel nach Brillen zu suchen?

Björn Sykora (BS): Eine sehr interessante Frage! Eigentlich ist die Antwort relativ einfach: Die Brille ist und bleibt ein sehr beratungsintensives Produkt. Sehtests und Anpassungen können wir im Online-Handel zum heutigen Stand der Technik leider nicht anbieten. Durch das Partnerprogramm soll so unsere Marktreichweite erhöht werden. Zurzeit werden etwa 10% des Optik-Markts durch Online-Verkäufe abgedeckt. Mit Hilfe unseres Konzepts können wir eine noch größere Zielgruppe ansprechen.

S: Wie können wir uns den Aufbau des Partnernetzwerks vorstellen? Wenn Sie bei einem stationären Optiker anrufen und fragen, ob dieser für einen Online-Wettbewerber Serviceleistungen anbieten möchte: Fühlt sich der Schulterschluss mit einem aufstrebenden Online-Händler aus Sicht eines traditionellen Händlers nicht im ersten Moment wie ein „Pakt mit dem Teufel“ an? Welche Resonanzen haben Sie bekommen?

Björn Sykora, Leiter Business Development und Mitbegründer von Mister Spex

BS: Natürlich gibt es immer unterschiedliche Resonanzen zu solch einem Konzept. Wir haben allerdings hauptsächlich sehr gute Erfahrungen machen können. Viele Optiker haben sich aktiv beworben, vor allem weil sie hinter dem Konzept stehen und auch an den Erfolg glauben.

S: Was waren also die schlagkräftigsten Argumente, mit denen Ihr Team die Optiker zu einer Partnerschaft bewegen konnte? read on…

BS: Bei einem Partnerprojekt geht es uns nicht unbedingt darum, den Optiker von unserem Konzept zu überzeugen. Wie eingangs erwähnt, ist dieser Glaube an eine funktionierende Partnerschaft zumeist schon gegeben. Die vielen aktiven Bewerbungen der Optiker haben uns in der Annahme bestätigt, dass wir mit dem Projekt auf dem richtigen Weg sind. Für das Partnerprogramm spricht neben der Umsatzbeteiligung, die kostenlose Bekanntheitssteigerung durch Marketing- und PR-Aktionen, eine höhere Kundenfrequenz sowie die Differenzierung zum lokalen Wettbewerb. Außerdem ist das Programm für den Optiker eine Möglichkeit, risikolos vom Trend Internet zu profitieren ohne zum Beispiel selbst einen Online-Shop zu eröffnen oder sein bewährtes stationäres Geschäftsmodell zu verändern.

S: Will ein Kunde vor dem Brillenkauf bei Mister Spex eine Serviceleistung beim Optiker (z.B. ein Sehtest) in Anspruch nehmen, kann er sich dafür entsprechende Gutscheine auf Ihrer Homepage generieren.  Wie steht es um die Einlösequoten dieser Web-Gutscheine in den Filialen (Conversion1) und welcher Anteil der Kunden kauft nach einem Besuch beim Optiker die Brille tatsächlich bei Mister Spex (Conversion2)?

BS: Die Entwicklung des Multi-Channel-Konzepts stimmt uns aktuell sehr zufrieden. Wir haben es uns nun zur Aufgabe gemacht, gesammelte Erfahrungswerte zu analysieren und das Programm auf dieser Basis noch zu verbessern. Aufgrund des schnellen Wachstums ist es momentan kaum möglich, konkrete Zahlen zu nennen. Um unsere Kunden in Deutschland zukünftig flächendeckend erreichen zu können, planen wir den Ausbau des Netzwerkes an Partneroptikern.

S: Das Partnerschaftsmodell birgt doch trotz allem eine gewisse Gefahr, dass Sie den Optikern die Läden füllen und am Ende mit leeren Händen dastehen. Befürchten Sie nicht, dass ein geschickter und preislich wettbewerbsfähiger Optiker den Interessenten, den Sie aus dem Netz in die Filiale geschickt haben, noch vor Ort konvertiert?

BS: Da das Partnermodell ein Vertrauensmodell ist, sind diese Befürchtungen auf unserer Seite nicht vorhanden. Dennoch steht die Kundenzufriedenheit an oberster Stelle und eine Konvertierung vor Ort können wir natürlich nicht verhindern. Wir gehen aber davon aus, dass sich ein Kunde, der einen Mister Spex Partneroptiker aufsucht, schon vorher für den Online-Kauf bei uns im Shop entschieden hat und uns demnach auch nach erbrachter Serviceleistung des Partneroptikers treu bleiben wird.

S: Welche strategischen Vorteile bietet Ihr Multi-Channel-Konzept gegenüber Wettbewerbern wie brillen.de, die schon seit einigen Jahren mit einem eigenen Filialnetz aktiv sind?

BS: Die Vorteile des Multi-Channel-Konzepts liegen in der Verschmelzung der Expertisen des On-und Offline-Geschäfts. Der stationäre Optiker kennt die Gepflogenheiten des Offline-Handels und wir von Mister Spex verstehen die Gewohnheiten der Online-Käufer. Die Zusammenarbeit der beiden Kanäle macht dieses Konzept so fruchtbar. Wir haben uns außerdem für diesen Weg entschieden, da so eine schnelle Ausweitung des Projekts gewährleistet werden konnte. Mittlerweile sind wir bei über 200 Partneroptikern angelangt, was mit einem herkömmlichen Filialsystem in dieser Größenordnung und in dieser kurzen Zeit auf keinen Fall möglich gewesen wäre.

Mister-Spex-Kunde beim Sehtest in einer stationären Partner-Filiale, Bildquelle: Mister Spex

S: Die stationären Platzhirsche Fielmann und Apollo Optik halten sich in Sachen E-Commerce bzw. Multi-Channel bislang noch zurück. Rechnen Sie mit Reaktionen der beiden auf Ihr Partnermodell?

BS: Wir haben das Multi-Channel-Konzept bereits vor einem Jahr gestartet und bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass etwas Ähnliches geplant ist. Falls doch, wäre das für uns zunächst eine weitere Bestätigung, dass der Vertriebskanal Internet für die Optik immer relevanter wird. Ein Eintritt der großen Player würde den Markt sicher zusätzlich beleben. Unsere Position als Marktführer in der deutschen Online-Optik haben wir uns in den letzten Jahren erarbeitet. Wir wissen, worauf es bei einem Online-Shop ankommt und wie man Kunden beim Online-Kauf von Brillen, Sonnenbrillen und Kontaktlinsen ansprechen muss, wir können also selbstbewusst in die Zukunft sehen.

S: Auch, wenn die Großen noch warten: Vermutlich bringen sich schon die ersten Copy-Cats anderer Online-Pure-Player in Stellung – wie wollen Sie die auf Distanz halten?

BS: Wir entwickeln das Projekt gemeinsam mit den Partnern weiter.  Durch die so gewonnenen Erfahrungswerte können wir einen Innovationsvorsprung bewahren.

S: Mit 200 Filialen ist der Aufbau Ihres Partnernetzwerks sicherlich noch nicht abgeschlossen. Welche Marke peilen Sie als nächstes Ziel an und wann folgt die internationale Expansion?

BS: Mit dem weiteren Ausbau des Partnernetzwerkes ist es zukünftig das Ziel, unsere Kunden deutschlandweit flächendeckend zu erreichen. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf einer nachfragebezogenen Expansion. Aktuell sind wir mit den Entwicklungen sehr zufrieden. So kann es gern weitergehen!

S: Herr Sykora, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

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*Das Gespräch führte Philipp Spreer.