Nach süßen Früchtchen und schwedischem Sylt gehts heute um die fernöstliche Umami-Bombe Miso! Die meisten kennen die mal hell-, mal dunkelbraune Paste aus fermentierten Sojabohnen vor allem als Zutat für leckere und bekömmliche Misosuppe und die empfehlen manche Ernährungsexperten sogar als gesundes leichtes Frühstück am Morgen.
Mir persönlich ist es eher später am Tag nach Miso, aber dann gerne zu vielem: zu Pellkartoffeln, aufs Brot, ins Risotto oder in den Salat. Wie vielseitig, gesund und besonders Miso ist, habe ich erst durch Claudia Zaltenbach entdeckt: ihr Buch heißt zwar schlicht „miso“, ist aber fast ein kleines, feines Kompendium in Sachen Ferment-Paste.
Auch wenn Miso in der Japanischen Küche den gleichen Stellenwert hat wie Olivenöl in Italien, war die herzhaft schmeckende Paste hierzulande lange unbekannt. Mitte der 70er-Jahre entdeckten ein paar Makrobiotiker Miso für ihre Ernährung, doch erst mit der kürzlich einsetzenden Fermentationswelle war Miso verstärkt in Gourmetküchen und Bioläden zu finden.
Woher Miso ursprünglich kommt, was Sojabohnen überhaupt zu Miso macht, welche Sorten es gibt, wie sie auf Miso kam und weshalb sie so fasziniert von Miso ist, erklärt Claudia Zaltenbach gleich zu Anfang.
Den Hauptanteil des Buches machen die Rezepte aus – von Basics wie Suppen und Salaten bis zur Pastinaken-Goldrüben-Quiche ist alles dabei! Doch selbst regionale Klassiker wie Badische Bubespitzle, Mexikanische Taccos, Pizza oder Galettes aber auch Süßes wie Eis, Brownies, Pralinen und Soufflés bekommen mit Miso eine ganz besondere Note.
Die schön in Szene gesetzten Kreationen regen zum Experimentieren an, der Phantasie sind im Grunde keine Grenzen gesetzt! Schon die Recherche zum Miso-Buch war geprägt von jeder Menge „Grenzerfahrungen“:
die Autorin und Foodbloggerin reiste in die Heimat der Misopaste, besuchte Manufakturen in Japan und Korea, interviewte Miso-Missionare und Crossover-Köche wie Kudo Chiori, der am Tegernsee Kaiseki-Dinner mit Sake serviert oder Tohru Nakamura, der es doch tatsächlich wagt, den Münchnern Leberkäse mit Miso anzubieten. Mit Erfolg! Einige von ihnen haben das Buch mit ihren Rezepten bereichert.
Fest steht: außerhalb Japans entstehen – ausgehend von einem heimischen Grundprodukt – mit Miso völlig neue Produkt- und Geschmacksdimensionen. Wie eben Leberkäse mit Miso oder Miso-Soufflé.
Auch im Schwarzwald hat einer seine Leidenschaft für Miso entdeckt: unterm Label Schwarzwald-Miso entwickelt und verkauft Peter Koch Miso-Kreationen wie Curry-Miso, Miso mediterran oder Lupinen-Miso.
Ich hab mir gleich zwei Sorten bestellt, doch ich bleibe lieber bei den klassischen Misopasten: das Schwarzwald-Miso hat eine auffallend cremige Konsistenz. Laut Peter Koch ein echtes Verkaufsargument. Bei mir allerdings das Gegenteil:
durch die Cremigkeit löst sich das Miso zum einen nur schwer auf, zum anderen wird dadurch auch der Geschmack verfälscht. Meldeten zumindest meine Geschmacksknospen. Sorry, Herr Koch, nehmen Sie’s nicht persönlich, Geschmäcker sind halt unterschiedlich.
Zurück zum Klassiker: Miso gibt es von weiß über gelb und hellbraun bis zu Bitterschokoladenbraun. Das entscheiden die Zutaten bzw. der Reisanteil. Zum Miso-Machen braucht es augenscheinlich nicht viel:
Sojabohnen, Koji-Reis, Salz und Wasser genügen laut Anleitung auf Seite 200, um eigenes Miso herstellen zu können. Die Gewichtung der Zutaten und der eigentliche Reife- und Fermentationsprozess sind allerdings eine Philosophie für sich – wie wir Leser an vielen Stellen im Buch erfahren.
Hitze, Kälte und viele andere Faktoren bestimmen den Geschmack von Miso, vor allem braucht Miso-Herstellung Zeit. Und ich glaube zudem: jede Menge Erfahrung! Da ich bisher noch keinen vertrauenswürdigen Koji-Lieferanten außerhalb Japans ausfindig gemacht habe, steht mir die eigene Miso-Premiere noch bevor…
Miso ist übrigens nicht nur eine Geschmacksfrage: durch den Fermentationsprozess werden die Zutaten veredelt, entwickeln wertvolle Nährstoffe und fertiges Miso ist schlielich mehr als die Summe seiner Teile. Wie gesund Miso wirklich ist, erklärt Claudia Zaltenbach anhand von Studien und Literaturhinweisen.
Bezugsquellen, ein Glossar, praktische Tipps zur Aufbewahrung und Infos zu speziellen Zutaten runden das schön gestaltete, umfassende und innovative „Miso-Werk“ ab. Ich freu mich jedenfalls sehr, ganz neu auf den Miso-Geschmack gekommen zu sein und werde mich sicher auch mal an die süßen Kreationen wagen.
Claudia Zaltenbach „miso. Rezepte. Kultur. Menschen“, 216 Seiten mit 198 Farbfotos, Hardcover, 29 Euro, Hädecke Verlag