Es fröstelt mich leicht in meinem schulterfreien Abendkleid. Ich nippe nervös am Martini und gehe näher zum Kamin. Das Feuer prasselt behaglich und jagt mir einen Schauer über den Rücken. Ich lasse mich kurz auf einem fellbedeckten Loungesessel nieder, um mich gleich wieder zu erheben und am Panoramafenster flüchtig das Lichtermeer unter mir wahrzunehmen. Vielmehr betrachte ich mein Spiegelbild und überprüfe den Sitz meiner Hochsteckfrisur.
Da, endlich! Im Augenwinkel sehe ich ihn auf mich zugehen. Geschwind die Lippen aufeinander pressen, um das Lippenrot zu verteilen und zu intensivieren. Dann den leicht gelangweilten Blick aufsetzen … Er kommt süffisant lächelnd auf mich zu, streift mich kurz am Arm und streckt mir die Hand entgegen „Hallo, mein Name ist Klaus, Klaus Alber“, seids guad angekommen?
Äh, was? Aufwachen! „Ja, danke, ich bin Eva“ und nicht Barbara Bach in „Der Spion, der mich liebte“, und mein Gegenüber nicht Roger Moore, sondern der Inhaber des Miramonti Boutique Hotels in Hafling bei Meran im schönen Südtirol. Nun ja, schade, ähnlich charmant ist der Herr aber.
Offensichtlich hat mich das berauschende Panorama der Südtiroler Bergwelt, der Begrüßungs-Champagner und das Wissen um die Historie der Gegend gleich zum tagträumen verleitet.
Rund um das Miramonti wurden einige Filmszenen von “Der Spion, der mich liebte” aufgenommen. Deshalb gibt es im Haus auch ein paar 007 Devotionalien und regelmäßige James-Bond-Events – für eingefleischte Fans des Agenten ist dieses Hotel daher schon fast ein Muss.
Wir sind nicht deswegen herkommen, sondern um eine Woche bei herrlichem Herbst Wetter in Südtirol zu verbringen.
Dumm nur, das Miramonti ist kein absoluter Geheimtipp mehr und die 36 Zimmer schnell ausgebucht. Wir, wie immer viel zu Kurzentschlossenen, können daher nur zwei Tage bleiben und müssen dann umziehen – auch weil Freunde zu uns stoßen und wir nicht alle mit Kind und Kegel im Hotel Platz finden.
Diese beiden Tage kosten wir jedoch aufs Äußerste aus. Im Miramonti thronen wir hoch über Meran, wunderschön auf dem sonnigen Hochplateau Tschöggelberg. Eingebettet in unberührt wirkende Natur, direkt am Waldesrand, aber nur wenige Autominuten von Meran entfernt. Und wenn man zum Dinner (köstlich übrigens!) im komplett verglasten Panorama Restaurant in 1230 m, auf ein Lichtermeer im nächtlichen Meran blickt, fühlt man sich auch ein bisschen wie im Bond Film.
Das Miramonti gehört nicht umsonst zu den Whiteline Hotels, einer meiner bevorzugten Hotel Inspirationsquellen, denn es ist wirklich ein geschmackvolles Hotel mit Seele. Diese spürt man nicht nur, sie ist auch in Form der beiden Inhaber Carmen und Klaus Alber allgegenwärtig. Man wird persönlich begrüßt, verabschiedet, mit Tipps versorgt und das leibliche Wohl kommt schon aufgrund der kleinen Nettigkeiten und süßen Schweinereien, die sich das Team ausgedacht hat nie zu kurz.
Auch im ganzen Haus spürt man viel Liebe zum Detail und eine sichere Hand für eine gemütliche Atmosphäre. Schön ausgesuchte Möbel, zurückhaltendes Design, kein Prunk und dennoch edel ist das Hotel eingerichtet. Ich mag besonders die Sessel mit dem orangefarbenen Gestell aus Metall und die schwarzen Stehlampen im Restaurant. Auf der Dachterrasse mit dem sagenhaften Blick entdecke ich auch zwei meiner Terrassenstühle. Ich muss schon sagen, die Inhaber beweisen hervorragenden Geschmack
Nur die Zimmer sind für meinen Gusto etwas zu dunkel geraten. Leider hatten wir auch eine Suite mit altem (aber gepimten Bad). Aber das ist wirklich auch schon alles was ich zu bemängeln habe. Und der eigene Whirlpool auf dem Balkon entschädigt sowieso für alles. Das Tochterkind war nur unter lautstarkem Protest und der Vorhersagung, dass die runzlige, aufgeweichte Haut bis zum Lebensende nicht mehr weichen werde, daraus zu vertreiben.
Das Miramonti ist ein Platz für Individualisten und Genießer, für Entdecker und Entspanner. Auch Kinder und Hunde sind willkommen und langweilig wird es bei den Möglichkeiten hier definitiv niemanden.