Meinen Einstieg in ein minimalistischeres Leben fand ich urspünglich durch das Buch Magic Cleaning von Marie Kondo. Denn damals hörte und las ich immer wieder, dass Ausmisten für Klarheit sorge. Sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens zu besinnen mehr Zufriedenheit mit sich zieht. Schlicht, das Leben leichter macht. Und mal so ganz nebenbei einem dabei hilft mehr Ordnung in Haushalt und Co. zu bringen.
In Sachen Organisation hat es mir das Weniger im Alltag durchaus sehr geholfen.
Wenn ich früher mit heute vergleiche, dann ist das für mich oftmals ein Unterschied wie
Das ist das Eine. Doch beim Thema Minimalismus geht es um weitaus mehr als nur um Ausmisten. Es geht vor allen Dingen darum sich darauf zu besinnen was wirklich wichtig ist im Leben, finde ich.
Daher frage ich mich manchmal, ob ein Mehr an Dingen auch tatsächlich mehr ist? Mehr Inhalt? Mehr Fülle sozusagen? Mehr Wohlbefinden? Oder ob es hierbei nicht auch gewisse Grenzen gibt?
Mehr ist mehr?
Der heutige Kapitalismus macht es möglich, dass wir uns alles Mögliche leisten können. So kann manches auch ganz hilfreich sein. Für mich ist es das, wenn es einen Nutzen erfüllt und mir Freude bereitet.
Gewiss bin auch ich noch nicht ganz perfekt, wenn es darum geht Fehlkäufe zu vermeiden. Denn immer mal wieder denke ich mir, dieses oder jenes könnte ich sicherlich gebrauchen. Und dann landet jeweiliger Gebrauchsgegenstand doch unbenutzt in irgendeinem Regal.
Schade eigentlich. Und irgendwo auch vermeidbar.
Doch in vielerlei Hinsicht sieht das wiederum anders aus. Gerade in unserer Gesellschaft wird uns verkauft, dass wir bestimmte Dinge unbedingt für unser Wohlbefinden benötigen. Sicher mag es ein jeder von uns, wenn ein gewisser Standard gegeben ist.
Doch ist mehr wirklich mehr?
Wenn uns die Werbung erzählt wir sollten uns eine bestimmte Bodylotion kaufen. Sie würde uns auch ganz sicher eine glatte Haut bescheren, uns Frauen von Cellulite befreien. Oder wenn man uns erzählt, dass ein bestimmter Shake (statt einer vollwertigen Mahlzeit) uns ganz ohne Sport und viel Aufwand dauerhaft schlank machen würde?
Wenn ich eine Gesichtscreme habe, benötige ich dann wirklich noch zehn weitere?
Wenn ich bereits zweihundert Handtaschen habe, muss es dann wirklich noch eine weitere sein?
Ab wann ist dieses Mehr wirklich ein Zugewinn? Und ab wann nicht vielleicht eher eine Belastung?
Darüber hinaus geht es ja nicht nur um Kosmetik oder Mode. Im Grunde genommen geht es um alles. Schon allein der Gang in den Supermarkt demonstriert unseren Überfluss.
Obst und Gemüse, das perfekt aussehen soll, damit es für den Kunden optisch ansprechend genug ist. Ganze Regale mit 30 verschiedenen Produkten für ein und dasselbe. So finden sich beispielsweise grüne Oliven nicht selten von zehn verschiedenen Firmen. Oder Kokosmilch. Oder aber auch weiter in die Wurst- und Käseabteilung.
Studien wie diese hier zum Beispiel besagen daher nicht selten, dass uns dieses Mehr an Auswahl bei unseren Kaufentscheidungen eher hinderlich, als förderlich ist. Sondern, dass wir im Grunde lieber ein übersichtliches Angebot bevorzugen.
Sich glücklich kaufen?
Kann man sich wirklich glücklich kaufen?
Gewiss, wenn wir uns neue Dinge leisten, schüttet unser Gehirn zu gewissen Teilen Dopamin aus. Ein Neurotransmitter, der für unser Glücksempfinden zuständig ist. So ist der Kauf einer neuen Sache meist wie eine Art Belohnung für uns. Etwas Neues. Etwas Besonderes. Etwas, das uns mit Begeisterung und Spaß erfüllt.
Nur hält dieses Gefühl nicht lange an. Meist flacht eben dieses Glücksempfinden über die neue Errungenschaft schon nach zwei bis vier Tagen wieder ab.
Insofern, wenn wir durch das Kaufen externer Dinge dauerglücklich sein wollten, müssten wir spätestens alle drei Tage etwas Neues dazu kaufen.
Der Krux an der Sache ist dann aber auch wieder der sogenannte Gewöhnungseffekt. Denn je öfter das Gehirn Dopamin ausschüttet, umso weniger werden wir das Eintreten eines Glücks-Kicks spüren. Daher muss folglich irgendwann die Dosis erhöht werden.
So werden manche Dinge irgendwann nur noch gewöhnlich, sind nicht mehr besonders. Nicht mehr ausreichend, um das angestrebte Glücksgefühl zu befriedigen.
Wenn ich mich also nicht mehr über so simple Dinge freuen kann wie der Anblick einer schönen Blume, wie will ich mich dann noch über große Dinge freuen können?
So konditionieren wir uns langfristig nur in Richtung Langeweile und innere Leere. Stets auf das Außen fokussiert. Oder etwa nicht?
„Geld kann nicht kaufen was das Herz begehrt.“
Liebe kann Geld nicht kaufen zum Beispiel. Doch gerade das ist es was wir doch suchen, wenn wir durch das Kaufen externer Dinge meinen uns dauerhaftes Glück zu erkaufen.
So kann Konsum in gewisser Weise glücklich machen. Ist aber kein dauerhafter Ersatz für die Dinge, die uns in unserem Inneren fehlen.
Der Versuch glücklich zu sein
So werden wir dadurch geprägt, dass wir Geld verdienen, um damit wieder die Wirtschaft anzukurbeln. Schließlich lebt diese davon, dass wir ihre Produkte konsumieren. Denn alles steht in steter Verbindung.
Irgendwo in China hat ein Mensch einen Gegenstand zusammen gesetzt. Vorher haben andere Menschen die dafür notwendigen Materialien beschafft. Dann wurde der Gegenstand, womöglich mit vielen anderen tausend gleichwertigen Gegenständen, zu uns nach Europa transportiert. Auch hier waren wieder andere Menschen involviert.
Und irgendwann landete der Gegenstand in einem Regal. Vielleicht auch präsentiert auf einer Internetplattform. Stets zum schnellen Kauf bereit.
Dort hinterlegt von Mitarbeitern eines Konzerns, die wieder andere Menschen hinter einem Mausklick, vor einem Bildschirm bedienen. Auch wenn wir diese direkte Verbindung nicht physisch spüren, so ist sie doch da.
So lebt unsere Welt vom Konsum.
Jemand produziert und wir kaufen. Und wieder jemand produziert noch mehr und wir kaufen noch mehr. Und so weiter.
So kaufen wir nicht selten Unmengen an Dingen, die wir eigentlich nicht benötigen. Weil wir vielleicht auf der Suche nach glücklichsein sind.
Im schlimmsten Fall kann unser Konsumverhalten auch wieder zur Sucht werden.
Kaufsucht nennt sich das dann.
So versteht man unter Kaufsucht den inneren Zwang kaufen zu müssen. Eine sich ständig wiederholende Kaufhandlung.
Was dahinter steckt, ist dann meistens eine Sehnsucht nach Anerkennung. Die Sehnsucht nach positiven Gefühlen. Und damit nicht selten die Betäubung negativer Gefühle.
Was sich darunter verbirgt, meistens Minderwertigkeitsgefühle. Oder auch ein Mangel an Zuwendung in Form von Anerkennung und Liebe durch die Eltern in der Kindheit. So wurde man vielleicht mit materiellen Gegenständen belohnt und hat dieses Verhalten mit in sein Erwachsenenleben mitgenommen.
Doch das ist eher der Extremfall.
Vielleicht doch lieber weniger?
Ich mag es die Freiheit zu haben mir ab und an Dinge leisten zu können, die ich schön finde. Das kann auch mal ein Dekogegenstand sein. Einfach weil er mir gefällt und ich mir denke, dass er unsere vier Wände wohnlicher gestalten würde.
Und gewiss, solche Käufe machen mich dann auch wieder glücklich. Auch wenn der Gegenstand nicht in die Kategorie sinnvoll fallen mag.
Doch an anderer Stelle frage ich mich dann doch manchmal ob gewisse Dinge von Nutzen für unser Wohlbefinden sind?
Wenn man nicht mehr weiß wohin mit all seinen Sachen? Wenn man zig Mal dasselbe Objekt hat? Wenn man kaum mehr Ordnung halten kann vor lauter Zeug? Wenn man so manches, das man sucht nicht mehr findet, weil man den Überblick verloren hat wo es denn sein könnte? Wenn man zweihundert Paar Schuhe hat und nicht jedes trägt, manches davon in irgendwelchen Kisten auf dem Dachboden lagert? Wenn man meint nichts anzuziehen zu haben, obwohl der Schrank schon überquillt?
Und noch so vieles mehr.
Ist das wirklich sinnvoll für unser Wohlbefinden?
Es ist schön sich etwas zu leisten. Und man muss auch nicht gleich zum Anti-Konsumenten mutieren und jeglichen Konsum boykottieren.
Ich denke hierbei muss jeder für sich selbst heraus finden was einem gut tut. Und dabei ist der Begriff Minimalismus auch wieder breit gefächert und richtet sich nicht nach Zahlen, Nummern oder Messwerten.