Egal ob Aktien, Verträge oder Bonuskarten: Der Minimalismus sollte auch nicht vor solchen Dingen halt machen. Genauso wie der Kleiderschrank, die Küchenschränke oder das Spielzeug regelmäßig in Frage gestellt werden, so muss es meiner Meinung nach auch mit Verträgen, Kundenkarten oder gar Aktien erfolgen.
Aktien und Emotionen
Letzte Woche war es soweit: Mein Freund hat mich dazu gebracht, Aktien und Zertifikate abzustoßen, die nur mein Depot belastet haben. Und ich muss sagen, dass das Drücken des “Verkaufen” Button sehr hart ist.
Ich habe mal das Buch “Animal Spirits” gelesen, in dem es darum geht, dass wir Menschen nicht rational handeln, sondern auch im emotionslosen Finanzgeschäft von Trieben gesteuert werden. Und jeder, der schon mal im Aktiengeschäft tätig war, weiß wie schwer es fällt, sich von Aktien zu trennen.
Sind es schlechte Aktien, dann denkt man sich: Oh, wenn ich sie jetzt verkaufe mache ich Verlust. Vielleicht steigen sie ja nochmal. Sind es gute Aktien, will man sie nicht verkaufen, weil sie ja noch steigen könnten.
Es ist eine Endlosschleife, die sich leider bei mir über Jahre hingezogen hat. Doch nachdem wir überall so konsequent “entmüllt” haben, war es nun auch an der Zeit das Depot anzufassen.
Ich bin so froh, dass wir das gemacht haben und uns von dem Ballast getrennt haben. Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn wenige Tage später ist eine der Aktien komplett in den Keller gerauscht.
Zwar haben wir wieder das Geld investiert, aber in wenige, langfristigere Sachen als Aktien.
Kündigen von Verträgen und Kundenkarten
Schon sehr viel früher als das Verkaufen der Aktien habe ich etliche Verträge gekündigt. In den ganzen Jahren hat sich so viel angesammelt, dass ich so hohe Fixkosten hatte, die ich jetzt, im zweiten Jahr der Elternzeit so gar nicht gebrauchen konnte.
Da war zum einen der viel zu teure Telekomtarif, den ich schon letztes Jahr von 89 EUR im Monat auf 39 EUR im Monat gedrückt habe. Die Bahncard, die ADAC-Mitgliedschaft und meinen Solariumsvertrag (habe ich seit 2 Jahren nicht mehr betreten) habe ich gekündigt. Daneben gab es noch viele kleine Dinge, die ich einfach nicht mehr benötigt habe. Ich muss zugeben, dass es wirklich eine ätzende Arbeit ist. Aber wenn dann die Kündigungsbestätigungen eintrudeln, dann ist es ein tolles Gefühl, dass nur noch getoppt wird, wenn man keine Abbuchungen mehr auf dem Konto sieht.
Da ich früher mal Social Media Manager bei der Spar Community Sparacuda war, wusste ich noch, dass es für Kündigungsmüde die Plattform Aboalarm gibt. Gerade bei so nervigen Sachen wie Bahncard oder ADAC war die Plattform mit ihren vorgefertigten Formularen eine wirkliche Hilfe.
Abbestellen von Newslettern
Auf SWR 3 gab es mal eine Comedyserie, in der ein Mann immer gesagt hat: “Bin ich billisch rangekommen. Hör ma, wenn du nie was kaufst, dann kannst du auch nie was sparen.”. Diese Aussage ist so passend und Newsletter, besonders solche von der Zalando Lounge locken mich einfach immer wieder. Ich kaufe zwar nur ganz, ganz selten, aber es kommt vor. Wer will sich schon Nike Sneaker oder tolle Handtaschen für so einen günstigen Preis entgehen lassen. Ich bin noch nicht minimalistisch genug, um solchen Versuchungen zu widerstehen, darum halte ich mich wie der trockene Alkoholiker fern von solchen Newslettern. Es war eine Heidenarbeit die ganzen Dinger abzubestellen. Teilweise wurde die Kündigung einfach ignoriert und ich musste sie zweimal kündigen. Aber jetzt ist Ruhe in meiner Mailbox.
Ach ja, weil wir gerade bei Mailbox sind. Mein Freund hat mir Google Inbox empfohlen. Ziel ist es dort keine Mails mehr zu haben, als Belohnung scheint dann immer die Sonne. Und was soll ich sagen: Fast jeden Tag scheint bei mir die Sonne, denn ich hake jetzt Mails ab und die verschwinden dann einfach. Früher hatte ich auf meinem iPhone bei Mails manchmal die Anzeige “2.387” oder bei Telefonaten “23”. Das gibt es nun nicht mehr. Alles hake ich sofort ab oder lösche es. Wenn es weg ist, bewegt es mich nicht mehr. Und auf shoppen habe ich aktuell nur wenig Lust und wenn, dann entscheide ich, was ich kaufe und nicht irgendein Newsletter.
Was mir durch den Minimalismus aber erst bewusst geworden ist: Es geht mir hier überhaupt nicht ums Geld. Natürlich könnte ich die Klamotten oder Möbel auch bei ebay einstellen, aber das will ich nicht. Ich fühle mich besser, wenn ich weiß, dass die Babysachen von Nepomuk von anderen – aktuell Flüchtlingskindern – getragen werden. Oder wenn Leute im Sozialkaufhaus meine teils qualitativ sehr hochwertige Kleidung kaufen können. Ich will einfach, dass Dinge, die einmal produziert wurden weitergenutzt werden und das sie einen Sinn erfüllen, nämlich den Leuten, die sie nutzen zu helfen. Und deswegen regt es mich so auf, dass wir unser Schlafzimmer entsorgen müssen, weil keine Hilfsorganisation die Sachen haben will. Aber das können wir nicht ändern und nun ist es einfach mal so.