[MINI-REZENSION] "Der Märchenerzähler"


Cover

[MINI-REZENSION]

Quelle: Oetinger

Die Autorin
Antonia Michaelis wurde in Kiel geboren und ist in Augsburg aufgewachsen. Sie hat in Greifswald Medizin studiert und unter anderem in Indien, Nepal und Peru gearbeitet. Heute lebt sie mit Mann und zwei Töchtern gegenüber der Insel Usedom im Nichts, wo sie zwischen Seeadlern, Reet und Brennnesseln in einem alten Haus lauter abstruse Geschichten schreibt.
*Produktinformation*
Broschiert: 448 Seiten
Verlag: Oetinger Taschenbuch; Auflage: 1 (1. September 2013)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3841502474
ISBN-13: 978-3841502476
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
Größe und/oder Gewicht: 12,6 x 3,6 x 19,2 cm

Leseprobe
Quelle: blickinsbuch.de  *lies mich*
  

Die Geschichte...
Anna kennt Abel nur von der Schule, doch irgendetwas fasziniert sie an dem schweigsamen Jungen, der als Außenseiter und Drogendealer abgestempelt wird. Die 17-jährige Schülerin folgt Abel und entdeckt, dass er eine kleine Schwester hat, um die er sich liebevoll kümmert und der er ein Märchen erzählt. Und die Geschichte über die kleine Klippenkönigin und deren Abenteuer ist so fesselnd, dass die lauschende Anna sogar darüber die Zeit vergisst, sich allmählich mit dem ungleichen Geschwisterpaar anfreundet und sich sogar in den zurückhaltenden Jungen verliebt. Abel spinnt das Märchen, in dem auch reale Personen und Gegebenheiten vorkommen, bei jeder Gelegenheit weiter, doch das wahre Leben ist leider alles andere als ein traumhaftes Märchen, wie Anna bald schmerzhaft erkennen muss...
Meine Meinung in Kurzfassung:
Kauf-/Lesegrund: Da mich "Der Märchenerzähler" vor einigen Jahren umgehauen hat (*hier* geht es zur "alten" Rezension aus dem Jahr 2011), wollte ich wissen, ob das Buch bei mir noch punkten kann. Allerdings ist die Altersgrenze ab 14 Jahren für meinen Geschmack noch immer zu niedrig angesetzt, da hier doch einige Szenen mit Gewalt, Drogen etc. vorkommen.

Reihe: Nein, Einzelbuch Handlungsschauplätze: In der realen Welt spielt sich die Geschichte in der  deutschen Stadt Greifswald ab, in der Märchenwelt entführt uns Abel an traumhafte und lebendig gezeichnete Schauplätze, so dass man sich alles wunderbar vorstellen kann.

Handlungsdauer: Die Story beginnt im Februar und dauert bis Ende März.

Besonderheit: Neben dem Märchen über die kleine Klippenkönigin nehmen auch die Songtexte von Leonard Cohen wie z.B. "Suzanne", "If it be your will", "Sisters of Mercy" und "Hallelujah" einen hohen Stellenwert in Abels Leben ein, die in die Geschichte eingeflochten wurden.

Hauptpersonen: Die 17-jährige Anna Leemann nimmt ihr bevorstehendes Abitur sehr ernst, ebenso wie den Querflöten-Unterricht. Die hübsche Schülerin liebt Schneeballschlachten, Gespräche mit ihrer besten Freundin Gitta und Spaziergänge über das gefrorene Eis. Anna lebt behütet mit ihren liebevollen Eltern Linda und Magnus in einem schönen Haus und führt ein sorgenfreies Leben. Als die Musterschülerin eines Tages in der Schule eine Stoffpuppe findet, die der Schwester von Abel Tannatek gehört und sie dem gutaussehenden Jungen mit den eisblauen Augen folgt, ändert dies ihr Leben... Der gleichaltrige Schulschwänzer wird in der Schule nur "polnischer Kurzwarenhändler" genannt, weil er in den Pausen Drogen an Schüler verkauft bzw. alles besorgen kann. Abel wohnt mit seiner Familie in einer Plattenbausiedlung im Ostseeviertel und passt auf seine 6-jährige Schwester auf, solange ihre Mutter Michelle unterwegs ist...

Anna erscheint für ihre knapp 18 Jahre oftmals blauäugig und naiv und verteidigt Abel sogar noch, als er sie zutiefst verletzt und ausnutzt, was ich nicht nachvollziehen konnte. Abel, dem im Leben bisher nichts geschenkt wurde und der mit Existenzängsten zu kämpfen hat, wirkt wiederum sehr abgeklärt und verhält sich oftmals widersprüchlich. Dennoch sind die Hauptpersonen facettenreiche und interessante Charaktere mit Problemen, Macken und Ecken.

Nebenfiguren: Eine wichtige Rolle spielt Abels süße und altkluge 6-jährige Schwester Micha, die mir im Handlungsverlauf sehr ans Herz gewachsen ist. Auch die übrigen Nebencharaktere wie ihr hilfsbereiter Deutschlehrer Knaake (der ebenfalls im Märchen auftaucht), Annas Eltern, ihre beste Freundin Gitta (die sich in Annas Augen stark verändert hat) sowie die Mitschüler Bertil und Hennes wurden gut ausgearbeitet und fügen sich ansprechend ins Geschehen ein.
Romanidee: Großartige Grundidee, die in eine interessante Geschichte verpackt wurde. In "Der Märchenerzähler" spielen neben Familie, Zusammenhalt, Freundschaft und Liebe auch Hoffnung, Verlust und Tod eine Rolle.
Erzählperspektiven: Die temporeichen Geschehnisse werden vorwiegend aus der Sicht von Anna erzählt, zwischendurch schildern einige Nebenfiguren die Ereignisse aus ihrer Sicht. Anna gewährt dem Leser einen tiefen Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt, wodurch man sich gut in die Protagonistin einfühlen kann, obwohl ich nicht alle Taten und Handlungen ganz verstehe.
Handlung:  "Der Märchenerzähler" ist eine traurig-schöne Geschichte voller Höhen & Tiefen mit ungeahnten Wendungen, Turbulenzen und einem wundervollen Märchen, das uns auf eine emotionsgeladene Reise mitnimmt. Um der Trostlosigkeit zu entfliehen, erzählt Abel seiner Schwester häppchenweise das Märchen von der kleinen Klippenkönigin, das er sich selbst ausgedacht hat. Als Märchenerzähler sprüht er nur so vor Einfallsreichtum und lässt in seine Geschichte die kleine Königin mit dem diamantenen Herzen, den roten Jäger, das Rosenmädchen,  den Leuchtturmwärter, die Insel der Fragenden und der Antwortenden einfließen und bald schon kann Anna Parallelen zur Realität erkennen, die nicht nur Gutes verheißen... Die Märchen-Sequenzen haben mir besonders gut gefallen und mich an das Buch gefesselt, so dass die 448 Seiten nur so dahin geflogen sind. Leider muss ich gestehen, dass ich mit einigen Szenen leichte Probleme hatte und das Ende (an das ich mich nicht mehr genau erinnern konnte) wirklich harter Tobak ist, weshalb ich die Altersfreigabe nicht ganz verstehe.
Schreibstil & Co:  Die ausdrucksstarke und gefühlvolle Schreibweise von Antonia Michaelis, eine malerische Sprache und eine leicht düstere, manchmal etwas beklemmende Atmosphäre runden dieses Jugendbuch ab. FAZIT:
"Der Märchenerzähler" ist auch nach fast 5 Jahren noch immer ein außergewöhnliches und lesenswertes Jugendbuch, das die Geschichte von Anna und Abel erzählt. Hier gibt es nicht nur schöne Passagen, sondern auch ernste Untertöne und Schattenseiten. Auch wenn ich einige Szenen inzwischen kritischer sehe und mich nicht ganz mit den Handlungen von Anna anfreunden konnte, so hat mir dieser bittersüße Roman eine emotionale Achterbahnfahrt beschert. Dafür erhält diese beeindruckende Story von mir fantastische 4 1/2 (von 5) Punkte.
[MINI-REZENSION]


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