[Mindful Monday] – Thema Hochsensibilität.


In letzter Zeit stoße ich immer häufiger auf den Begriff der Hochsensibilität. Sehe Menschen, die sich mit diesem Konzept identifizieren und sich als hochsensibel bezeichnen. Sei es auf Youtube oder u.a. Pinterest. Das Konzept scheint immer mehr Anklang zu finden. Immer mehr Menschen anzusprechen, die für sich in diesem Konzept eine Erklärung für bestimmte Vorgänge ihres Empfindens und Handelns sehen.

Doch was bedeutet der Begriff genau? Und was steckt hinter dem Konzept?

Ich muss ehrlich gestehen, dass es für mich zu diesem Konzept zu gewissen Teilen auch so manchen Kritikpunkt gibt. Auf der anderen Seite finde ich es sehr interessant und denke, dass es für viele eine Erklärung sein kann. Eine Art Aha-Effekt mit sich ziehen und damit hefen kann sich selbst besser anzunehmen und damit auch besser zu verstehen.
Denn wir alle sind nicht gleich sensititv in unserer Empfindung. Manche reagieren empfindsamer, andere wieder kühler. So gibt es sicher den einen oder anderen unter uns, der des Öfteren Zeit seines Lebens Aussagen wie: „Jetzt sei mal nicht so empfindlich“ oder vielleicht: „Stell dich nicht immer so an“ zu hören bekam. Schnell denkt man von sich dann so wie man ist nicht richtig zu sein. Dass ein sensibleres Empfinden eine Schwäche wäre, die es zu „beseitigen“ gelte. Vielleicht bekam man auch nicht selten Aussagen zu hören wie man sei zu introviertiert und solle mehr aus sich heraus gehen, sich mehr mitteilen. Das introvertierter zu sein als andere falsch wäre. Gar auch wieder eine schlechte Eigenschaft.

Doch warum?
Manche von uns sind eben in sich gekehrter, andere wiederum extrovertierter. Das macht schließlich die Vielfalt unserer Charaktere aus. So kann ein ruhigerer Charakter auch viele positive Eigenschaften mit sich bringen.

„In der Ruhe liegt die Kraft“

Meine introvertierte Art beschert mir beispielsweise die Eigenschaft anderen gut zuhören zu können, ihnen damit verbunden auch helfen zu können. Zu gewissen Teilen auch Ruhe auszustrahlen und damit gewissen Situationen die Hecktick heraus zu nehmen. Und es zu genießen mit mir selbst zu sein und in dieser Zeit Themen genauer auf den Grund zu gehen und damit meinen Wissenschatz zu erweitern. Aber auch mich kreativ auszuleben und damit meine Innenwelt, auf gewisse Weise extrovertiert, nach außen zu tragen.

So kommt es stets auf die Betrachtungsweise an. Denn nicht selten entsteht Kraft oder Mut gerade aus der Ruhe.

„Never assume that loud is strong and quiet is weak.“

So ist Introversion mitunter ein Aspekt des Konzepts der Hochsensibilität. Doch was bedeutet es nun genau?

Was ist Hochsensibilität?

In erster Linie handelt es sich bei Hochsensibilität, oder auch Hochsesitivität, um ein psychologisches und neurophysiologisches Phänomen. Eine besondere Art der Reizverarbeitung sozusagen.
Betroffene nehmen Sinnesreize viel intensiver wahr, verarbeiten diese tiefer und reagieren somit auch stärker auf diese als der Bevölkerungsdurchschnitt.

Wichtig zu erwähnen ist, dass es hierzu bislang keine eindeutigen wissenschaftlichen Nachweise in Form aussagekräftiger Studien gibt. So gibt es auch noch keine anerkannte neurowissenschaftliche Definition des Phänomens, da die sogenannte High-Sensitivity-Forschung bislang noch am Anfang steht.

Es ist keine psychische Störung

Ein weiterer entscheidender Faktor ist auch, dass es sich bei Hochsensibilität nicht um eine psychische Störung im Sinne einer Erkrankung handelt. Sondern um eine psychologische und neurophysiologische Ausprägung, welche bei 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung vorkommen soll.
Bislang wurde das Phänomen der Hochsensibilität noch nicht neurowissenschaftlich bestätigt, es wird jedoch davon ausgegangen, dass erbliche sowie entwicklungspsychologische Einflüsse für die Ausprägung des Phänomens verantwortlich sind.

[Mindful Monday] – Thema Hochsensibilität.
Unterschiedliche Ausprägungen und Symptome

Erstmals aufgegriffen wurde der  Terminus der Hochsensibilität von der amerikanischen Psycholgin Elaine Aron im Jahr 1997. So beschreibt sie in ihrer Annahme zu diesem Phänomen unterschiedliche Erscheinungsformen, sodass nicht jeder Betroffene seine Hochsensibilität gleich wahrnimmt und lebt.

Oftmals wird jedoch davon berichtet, dass Betroffene die Stimmungen und Emotionen anderer Menschen deutlicher wahrnehmen. Bei manchen sollen u.a. auch die Grenzen zwischen eigenem Empfinden und dem des anderen verschwimmen, sodass Betroffenen nicht selten unklar ist was genau ihre eigene Empfindung ist.
Auch gibt es Annahmen, dass Hochsensibilität mit Hochbegabung einher geht. So soll u.a. auch das intelektuelle Empfinden intensiver analysieren.

Wie gesagt, bislang handelt es sich bei all diesen Dingen um mögliche Annahmen, die bislang wissenschaftlich weder widerlegt, noch bestätigt wurden.

Auch beschreibt Aron eine Bandbreite verschiedener Symptome des Phänomens:

  • Intensives Empfinden und Erleben der Außenwelt. So sollen Sinneseindrücke intensiver wahrgenommen werden, was sich nicht selten in Nervosität oder innerer Unruhe äußert.
  • Eine detailreiche Wahrnehmung, welche sich u.a. in einer stärker ausgeprägten Fantasie oder vielschichtigen Gedankengängen äußert.
  • Eine hohe Empathie und psychosoziale Feinwahrnehmung in Bezug auf die Stimmungen und Emotionen anderer Menschen.
  • Schnelle Begeisterungsfähigkeit und damit vielseitige Interessen
  • langer emotionaler Nachklang des Erlebten
  • ausgeprägtes Langzeitgedächtnis
  • Neigung zu Selbstkritik und Perfektionismus
  • Denken in größeren Zusammenhängen
  • Ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und Wertesystem
  • Ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis
  • stärkere Reaktion auf Medikamente, Alkohol und Kaffee
  • Intensive Beschäftigung mit Details einer Sache oder Situation, im Sinne von Gewissenhaftigkeit
  • Hohe Eigenverantwortung
  • erhöhte Schmerzempfindlichkeit
  • Meist vielschichtige, komplece Persönlichkeit. (So wird angenommen, dass emotionale Instabilitäten wie beispielsweise Borderline oder bipolare Störung als psychische Erkrankung als Folge von Hochsensibilität entstehen können)
  • Denken in großen Zusammenhängen
  • Starke Beeinflussbarkeit durch die Stimmungen anderer Menschen
  • Stärke Anfälligkeit für Stress und Leistungsdruck

Durch die intensivere Verarbeitung von Sinnesreizen wird Hochsensibilität nicht selten mit Introversion in Verbindung gebracht. So sollen nach Annahmen 70 Prozent der Hochsensiblen introvertiert sein.

Ein paar Gedankengänge

Wenn man sich die Liste der Symptome ansieht, so werden sich darin bestimmt viele wieder finden. Und zugegeben, auch ich finde mich in vielem wieder. So zum Beispiel in den Aspekten des ausgeprägten Gerechtigkeitssinns, in Sachen Harmoniebedürfnis sowie, dass manche Situationen für mich einen längeren emotionalen Nachklang haben. So auch manchmal Kleinigkeiten. Oder vielseitige Interessen.
Dennoch würde ich mich selbst nicht als hochsensibel bezeichnen. Denn, ein für mich bislang entscheidender Faktor ist, dass die Forschung zu diesem Thema noch am Anfang steht.

Mitunter denke ich auch, dass unsere heutige Gesellschaftsstruktur zunehmend dafür sorgt, dass man wohl sensibler auf so manches reagiert. Denn wir sind heute so vielen Reizen ausgesetzt. Allein die ständige Verfügbarkeit, Nachrichten, Leuchtreklamen, der Lärm innerhalb von Großstädten, der Leistungsdruck im Beruf uvm.
Wir sind heute definitiv mehr Reizen ausgesetzt als früher, welche unser Gehirn alle erst einmal verarbeiten muss.

Inzwischen gibt es auch viele Selbsthilfebücher, u.a. auch von der Begründerin des Konzeptes Elaine Aron. Und diese können eine gute Hilfestellung für so manch einen unter uns sein, mit gewissen Aspekten besser umzugehen. Doch fundiert, im Sinne wissenschaftlicher Untermauerung, sind diese Bücher und das Thema bislang nicht.
So gibt es auch noch keine einheitlichen Messinstrumente zum Nachweis einer Hochsensibilität, sowie keine Diagnose nach DSM und ICD-10. Desweiteren sind die angebenen Symptome auch sehr breit gefächert, was das Ganze noch etwas unspezifisch macht.
Insgesamt bedarf es hierzu noch weiterer Nachforschungen.

Dennoch ist das Thema auch wiederum sehr interessant. Und kann mitunter helfen sich selbst und seine inneren Prozesse besser zu verstehen und sich selbst mehr anzunehmen. Zu verstehen, dass man in Ordnung ist, so wie man ist.
So sehe ich in dem Konzept für viele einen Anhaltspunkt sich nicht länger misverstanden und „anders“ zu fühlen. Sondern die Erkenntnis zu gewinnen, dass es auch andere gibt, die gleichwertig empfinden wie man selbst.

Daher, wenn man sich manchmal überfordert fühlt, kann es auch hilfreich sein für sich Strategien zu finden besser damit umzugehen…

[Mindful Monday] – Thema Hochsensibilität.

Ein paar Strategien, die helfen können besser damit umzugehen

#1 Schaffe dir Rückzugsorte und gönne dir Pausen

Gerade wenn dir alles zu viel wird und du merkst an deine persönlichen Grenzen zu kommen, kann es nicht schaden sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Sei es Zuhause oder vielleicht in der Natur. Ein kurzer Spaziergang um auf andere Gedanken zu kommen, vielleicht auch Zuhause bei einem guten Buch. Oder vielleicht mal ein paar ruhige Minuten bei einem Kaffee im Büro.
Pausen sind wichtig und werden viel zu oft vernachlässigt. Doch gerade aus der Ruhe lässt sich wieder neue Kraft tanken.

#2 Meditation

Schon seit Jahrtausenden in der buddhistischen Lehre verankert und inzwischen auch Bestandteil einiger psycholgischer Therapieverfahren, kann Meditation dabei helfen zur Ruhe zu kommen. Auch zu lernen den Fokus nicht auf so stark auf die Außenwelt zu richten, sondern mehr bei sich zu bleiben.
Das kann helfen sich nicht gleich in äußere Mechanismen zu verstricken, aber auch sich nicht gleich von äußeren Reizen mitreißen zu lassen.

#3 Erkenne deine Belastungsgenzen

Manchmal gibt es Situationen, in welchen man merkt, dass man an sein körperliches, vielleicht auch geistiges Limit gerät. Hierbei kann es hilfreich sein für sich selbst zu erkennen wo die eigenen Belastungsgrenzen liegen. Wann man in der Lage ist zu handeln, und wann nicht.
Manchmal kann es hierbei auch helfen Dinge nicht sofort erledigen zu müssen. Vielleicht auch erst einmal eine Nacht über etwas zu schlafen. Oder einem anderen zu sagen, dass man sich erst einmal Gedanken machen möchte, bevor man eine Antwort gibt.

#4 Mute dir nicht zu viel zu

Selbst wenn du die Stimmung anderer vielleicht intensiver wahrnimmst und dich vielleicht nach Harmonie sehnst, kann es manchmal ganz hilfeich sein zu verstehen, dass nicht alles, was auf dich von außen einströmt mit dir zu tun hat. Dass du es auch gleichbedeutend nicht immer lösen musst.

#5 Manage dein Zeitkontingent

Gerade das kann dir dabei helfen dir nicht zu viel auf einmal zuzumuten. Denn man muss nicht jedes Projekt annehmen oder alle To dos sofort erledigen. Zu lernen wann man wie viel schaffen kann, sich vielleicht auch kleine, statt gleich große Ziele zu setzen, kann für eine Entlastung im Alltag sorgen. Wenn du dir genug Zeit für Pausen einplanst, vielleicht auch für das ein oder andere Hobbie, ganz individuell zu deinen Bedürfnissen.

#6 Erlerne Entspannungsmethoden

Gerade wenn du merkst, dass du an deine Grenzen kommst oder dass Reize dich überfordern, kann es hilfreich sein auf Entspannungstechniken zurückgreifen zu können. Das kann beispielsweise das Erlernen von Achtsamkeit sein oder eine entsprechende Atemtechnik. Vielleicht auch eine Form meditativen Sports wie Yin Yoga zum Beispiel.

Was denkst du eigentlich über das Thema?
Welche Strategien wendest du an? Und kannst du dich mit dem Begriff identifizieren?


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