Trotz all dieser Torturen, die viele ArbeiterInnen in den Entwicklungsländern erleiden müssen, reicht das damit verdiente Geld oft nicht zum Leben aus. Mindestlöhne gelten als ungefähre Richtlinien und nicht als strenges Gesetz. Entweder werden Verstöße nicht geahndet oder Arbeitgeber suchen ganz offiziell bei den Regierungen um Ausnahmegenehmigungen an (vgl. Klein 2001, S. 223).
In Geschäftsberichten der europäischen und nordamerikanischen Auftraggeber ist von Umsatz- und Gewinnsteigerungen zu lesen. Gleichzeitig sind Schlagzeilen von Demonstrationen der ArbeiterInnen in Billiglohnländern in den Medien, die trotz festgelegter Verhaltenskodizes, aber aus Gründen einer harten Einkaufspolitik, nicht genug verdienen, um davon leben zu können. So liegt beispielsweise der Mindestlohn in Bangladesch bei 939 Taka d.s. ca. 10 EUR pro Monat. Die Anpassung an den Lebenskostenindex kann schon mal über 10 Jahre dauern. Eine Helferin verdient in der T&B-Industrie in Bangladesch so um die 930 Taka (10 EUR), eine erfahrene Näherin liegt bei 1.710 Taka (ca. 19 EUR) und eine Senior Näherin liegt bei etwa 2.100 Taka (ca. 23 EUR) Monatslohn. Im Vergleich dazu – ein kleines Zimmer kostet um die 800 Taka (ca. 9 EUR) an Miete. Gewerkschaften fordern bereits seit Jahren eine Anpassung um die miserablen Lebensumstände zu verbessern. Nicht nur in Bangladesch. Und auch wenn im Verhaltenskodex Mindestlöhne oder Bedürfnislöhne angeführt werden – so nützen diese nichts, wenn die Einkaufspolitik den Zulieferern einen hohen Kostendruck auferlegt (vgl. Burckhardt 2006, S. 4-7).
Die Zahlung von Bedürfnislöhnen stellt, sowohl in Hochlohnländern, als auch in Billiglohnländern ein großes Spannungsfeld zwischen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen sowie ihren Vertretungen dar. Gesetzlich definierte Mindest- bzw. Tariflöhne entsprechen meist nicht den benötigten finanziellen Mitteln, die für einen Lebensunterhalt notwendig sind. Die Schwierigkeit liegt oftmals in der Komplexität der Festlegung von Bedürfnislöhnen. Für welchen Lebensstandard und für wie viele Personen soll ein solcher Lohn ausreichen? Die Kosten für Grundbedürfnisse wie Essen, Wohnen und gesundheitliche Versorgung pro Person könnten leicht – auch mit Hilfe von Statistiken fest gelegt werden. Doch viele der gezahlten Löhne reichen immer weniger für die Grundbedürfnisse einer Einzelperson aus. ArbeitnehmerInnen in Hochlohnländern, vor allem jene, die in Ländern leben, welche nicht das Modell der sozialen Marktwirtschaft praktizieren, können somit genauso zu den Armen gezählt werden, wie Menschen in Niedrig- bzw. Billiglohnländern, deren Einkommen ebenfalls nicht für ihre Grundbedürfnisse ausreicht.
Hier liegt es an den Arbeitgebern einen fairen Lohn für ihre ArbeitnehmerInnen fest zu legen und sich nicht rein an Mindest- bzw. Tariflöhnen zu orientieren, da diese oft nicht der Realität entsprechen.