Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 – 10 AZR 191/14) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der tarifliche Mindestlohn für das pädagogische Personal auch an Feiertagen und bei Krankheit (Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) gilt.
Die Arbeitnehmerin und spätere Klägerin war bei der Beklagten als pädagogische Mitarbeiterin tätig. Diese betreute Teilnehmer in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach dem SGB II und SGB III. Für das Arbeitsverhältnis galt kraft “Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen” der Tarifvertrag zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal (TV-Mindestlohn). Der Tarifvertrag sah eine Mindeststundenvergütung von € 12,60 brutto vor.
Der Arbeitgeber zahlte nur für die tatsächlich geleistete Arbeit den tariflichen Mindestlohn in Höhe von € 12,60 brutto die Stunde. Für die durch Feiertage und Krankheit (Lohnfortzahlung) angefallenen Arbeitsstunden zahlte der Arbeitgeber eine geringere Vergütung (war im Arbeitsvertrag geregelt). Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmer mittels Klage zum Arbeitsgericht.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben der Arbeitnehmerin Recht. Die Revision des Arbeitsgebers gegen das Urteil des LAG hatte vor dem BAG keinen Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht führt dazu in seiner Pressemitteilung (Nr 30/15) aus:
Nach den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (§ 2 Abs. 1, § 3 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG) hat der Arbeitgeber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags oder wegen Arbeitsunfähigkeit ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Die Höhe des Urlaubsentgelts und einer Urlaubsabgeltung bestimmt sich gemäß § 11 BUrlG nach der durchschnittlichen Vergütung der letzten dreizehn Wochen (Referenzprinzip). Diese Regelungen finden auch dann Anwendung, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach einer Mindestlohnregelung richtet, die – wie hier die MindestlohnVO – keine Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung und zum Urlaubsentgelt enthält. Ein Rückgriff des Arbeitsgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung ist in diesen Fällen deshalb unzulässig.
Anmerkung: Auch wenn der Fall einen tariflich anwendbaren Mindestlohn betrifft und nicht den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz, so dürften die obigen Grundsätze auch hier gelten. Auch im Mindestlohngesetz ist nich ausdrücklich geregelt, dass der gesetzliche Mindestlohn auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und an Feiertagen gilt. Nach dem BAG gilt trotzdem der Anspruch des Arbeitnehmers auf Mindestlohn, da sowohl die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als auch Urlaubsansprüche daran anknüpfen.