Das seit 2010 mit nur geringen Unterbrechungen andauernde Ungarn-Bashing ist an einem neuen Thema wieder aufgeflammt, diesmal unter Zuhilfenahme des Migrations- und Flüchtlingsproblems. Wiewohl Ungarn der einzige Staat in Europa ist, der versucht, das Migrationsproblem unter Beachtung aller Vorschriften in den Griff zu bekommen, wird es von der Europäischen Union und allen der Ungarnschelte verpflichteten Regierungen und Medien gerügt.
Gastkommentar von Rechtsanwältin Dr. Eva Maria Barki
Als Angela Merkel bekannt gab, dass Deutschland Dublin III aussetzen und allen aus Syrien kommenden Personen gestatten werde, einen Asylantrag in Deutschland zu stellen, wurde den Migranten, die bereits tagelang den Ostbahnhof in Budapest belagert und sich dadurch einer Registrierung entzogen hatten, die Ausreise aus Ungarn gestattet. Auch in Österreich wurden die Züge nach Deutschland weiter durchgelassen, ohne eine Kontrolle, geschweige denn eine Registrierung durchzuführen. Der Wiener Polizeichef Gerhard Pürstl erklärte, man könne nicht alle Menschen in Zügen kontrollieren, „wenn sich keine gröberen Ungereimtheiten ergeben und Polizei nicht notwendig ist um einzuschreiten, warum sollen wir es dann tun?“.
Als Angela Merkel ihre Aussage wieder zurücknahm, wurde Ungarn gerügt, dass es den Migranten die Ausreise ohne Reisedokumente gestatte und damit EU-Recht verletze. Nicht gerügt wurde Österreich und nicht gerügt wurde Griechenland, das ja als erstes EU-Land primär verpflichtet war die Registrierung von Migranten vorzunehmen, seiner Verpflichtung bisher jedoch in keinem einzigen Fall nachgekommen ist. Brüssel verschickte „letzte Warnungen“ bevor ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird, CDU-Abgeordneter Gunther Kirchbaum (CDU) erklärte: „Es ist skandalös, dass Flüchtlinge ungeprüft und ohne Ausweiskontrolle nach Deutschland kommen“.
Unwahre Behauptungen
Ungarn hingegen hielt sich danach sofort wieder an alle EU- und internationalen Regeln, forderte die Migranten auf, sich der Registrierung in den dafür vorgesehenen Stützpunkten zu unterziehen und schloss den Bahnhof für alle internationalen Züge, um zu verhindern, dass diese wie schon davor von den Migranten gestürmt und okkupiert werden.
Nunmehr wird Ungarn jedoch deshalb gerügt, dass es den Migranten die Ausreise nicht gestattet. Diese Rüge wird noch dazu mit unwahren Behauptungen über angebliches brutales Vorgehen der Polizei gegen Migranten unterstützt. Das empörendste Beispiel ist die Veröffentlichung eines Videoausschnittes und Fotos, welches einen Polizeieinsatz gegen einen Mann und eine Frau mit Kleinkind, welche auf den Eisenbahnschienen in Bicske liegen, zeigt. Nicht gezeigt und nicht erwähnt wird das gesamte Video, auf welchem zu sehen ist, dass der Mann die Frau mit Kleinkind in brutalster Weise auf die Schienen wirft, die Frau schlägt, auch sich selbst mit einem Stein auf den Kopf und ins Gesicht schlägt, worauf mehrere Polizisten mit großer Mühe den Mann von der um Hilfe rufenden Frau wegziehen und ihr dann helfend zur Seite stehen. Der Einsatz erfolgte zum Schutze der Frau vor dem gewalttätigen Mann. Bemerkenswert ist, dass kein Medium trotz Zusendung des Videos die Berichterstattung korrigiert hat, und noch bemerkenswerter ist, dass das Video in der Zwischenzeit im Internet nicht mehr aufgerufen werden kann. Offenbar soll verhindert werden, dass die konzertierten Angriffe gegen Ungarn durch Veröffentlichung der Wahrheit gestört werden.
Um die chaotischen Zustände auf dem Bahnhof in Budapest zu beenden, wurden die Migranten aufgefordert, sich der erforderlichen Registrierung zu unterziehen. Da sie die Registrierung verweigern und nur „Merkel“ und „Germany“ rufen, ist das durch die Aussage von Angela Merkel hervorgerufene Chaos noch lange nicht beseitigt. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann hat als Ausdruck des Protestes den ungarischen Botschafter einberufen, um ihm klar zu machen, dass „die Genfer Menschenrechtskonvention (sic!) von allen Staaten der EU zu respektieren sei“. „Asyl ist ein Menschenrecht, das in allen Staaten der Europäischen Union gilt“. Auch Außenminister Sebastian Kurz bemerkte, er wolle dem ungarischen Außenminister ausrichten: „Die Genfer Konvention gilt für alle“.
Genfer Konvention wird von Ungarn genau eingehalten
Da das Migrationsproblem nicht erst seit gestern aufgetreten ist, wäre es angebracht, dass die zuständigen Politiker nunmehr endlich die Genfer Flüchtlingskonvention in die Hand nehmen und nachlesen, wer denn tatsächlich als Flüchtling im Sinne der Konvention anzuerkennen ist. Dann würde man nämlich erkennen, dass Krieg oder Bürgerkrieg kein asylrelevanter Grund ist. Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft ist nämlich eine konkrete, individuelle Verfolgung durch staatliche Organe. Eine solche Flüchtlingseigenschaft ist wohl bei einem nur sehr geringen Prozentsatz der Migranten gegeben, die meisten sind Kriegs- oder Wirtschaftsflüchtlinge, welchen kein Asyl- und damit Bleiberecht nach der Genfer Konvention zukommt. Allerdings haben diese Personen einen Anspruch auf subsidiären, das heißt temporären Schutz vor einer Zurückschiebung in einen Staat, in welchem ihr Leben bedroht ist oder in welchem sie eine unmenschliche Behandlung erleiden würden. Dieser subsidiäre Schutz ist derzeit in keiner internationalen Konvention geregelt, er wird nur in der Europäischen Union den Mitgliedern (und auch nicht allen) zur Respektierung aufgetragen.
Ein Blick in die Genfer Flüchtlingskonvention würde auch die Erkenntnis bringen, dass es sich um eine Verfolgungshandlung im Heimatstaat handeln muss, wobei dieser als jener Staat definiert wird, dessen Staatsbürgerschaft der Asylwerber besitzt. Da die überwiegende Mehrzahl der Migranten beim Eintreffen in Europa keine Ausweise mehr besitzt, weil sie diese wegwerfen, kann die Flüchtlingseigenschaft schon aus diesem Grunde nicht festgestellt werden.
In diesem Sinne würde ein Blick in die Konvention auch die Erkenntnis bewirken, dass gemäß Art. 2 jeder Flüchtling in dem Land wo er sich aufhält auch Pflichten hat, „die insbesondere darin bestehen, dass er sich dessen Gesetzen und Verordnungen sowie den Maßnahmen, die zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung getroffen werden, unterwirft.“
Ein Blick in die Konvention würde weiters die Erkenntnis bringen, dass eine illegale Einreise nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Flüchtling direkt aus dem Gebiet kommt, wo er bedroht war, und als ausdrückliche Voraussetzung normiert ist, dass sich Flüchtlinge „unverzüglich bei den Behörden melden und gute Gründe für ihre illegale Einreise oder Anwesenheit vorbringen.“
Ein Blick in die Konvention würde weiters die Erkenntnis bringen, dass gemäß Artikel 32 nur jene Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht haben, die sich erlaubter Weise aufhalten und gemäß Artikel 33 Flüchtlinge sogar in ihren Herkunftsstaat zurückgewiesen werden können, wenn sie „aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes darstellen“. Die Genfer-Flüchtlingskonvention wird in diesem Sinne von Ungarn genau eingehalten, von zahlreichen anderen europäischen Staaten jedoch verletzt.
Ukrainischer Grenzwall gegen Russland kein Problem
Ebenso absurd ist der Vorwurf, dass Ungarn einen Grenzzaun zu Serbien errichtet, um die illegale Einreise an der grünen Grenze zu verhindern und um eine geordnete Einreise an den Grenzkontrollstellen zu unterstützen. Auch hierfür wird Ungarn gerügt, nicht aber andere Staaten wie Spanien, Frankreich, England oder Bulgarien, die ebenfalls illegale Einwanderung durch Sperrvorrichtungen zu verhindern versuchen. Dass es sich um provokative und gezielte Angriffe gegen Ungarn handelt zeigt sich nicht nur daran, dass diese Staaten niemals gerügt wurden, sondern insbesondere auch daran, dass der in der Ukraine in Bau befindliche Grenzwall gegen Russland volle Zustimmung findet und von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union sogar finanziell gefördert wird. Wenn auch die ursprünglich vorgesehene Betonmauer in der Länge von 2.000 Kilometer nunmehr durch einen Stacheldrahtzaun ersetzt wird, so ist auch dieser von einer Dimension und Ausstattung, welche den früheren Eisernen Vorhang und die Berliner Mauer noch bei weitem übertrifft. Ein zwei Meter tiefer Panzergraben, ein zwei Meter hoher Sandwall, ein sechs Meter breiter Kontrollstreifen, Sperrzaun mit Stacheldraht und Wachtürme mit Sensoren und Überwachungskameras sowie Geschütztürme aus Stahl mit Selbstschussanlagen sollen Russen von Russen und Europäer von Europäern trennen. Der ukrainische Premier Arsenij Jazenjuk verteidigte die Schutzmauer als zur Verteidigung Europas gegen Russland notwendig. Dieses Argument stört offenbar niemanden. Die Verteidigung Europas gegen unkontrollierte Masseneinwanderung, Chaos und Destabilisierung, die Gefahr des Zusammenbruches der Sozialsysteme und gegen die Gefahr importierter Gewalt, erscheint offenbar nicht gerechtfertigt.
Während Ungarn jene Aufgaben erfüllt, die eigentlich von der Europäischen Union bzw. der Agentur FRONTEX wahrgenommen werden sollten, wird Ungarn gerügt, die martialische in Bau befindliche Grenzbefestigung in der Ukraine aber nicht einmal erwähnt.
Soll Ungarn destabilisiert werden?
All dies macht besorgt, weil die Frage nach dem „Warum“ berechtigt ist. Soll mit der Migrationswaffe bewirkt werden, was bisher nicht gelungen ist, nämlich der Sturz der ungeliebten Regierung, welche das Gemeinwohl der ungarischen Bevölkerung und nicht raumfremde Interessen unterstützt? Soll Ungarn destabilisiert und ein ungarischer Frühling vorbereitet werden?
Es bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass dies nicht gelingt, weil eine Destabilisierung Ungarns sich auf ganze Europa auswirken würde. Europa sollte Ungarn dankbar sein, dass es seiner Jahrhunderte alten Tradition entsprechend Europa schützt und hilft, seine Eigenständigkeit, Identität, Tradition und Kultur zu bewahren.
Quelle: Dr. Barki, Wien