Wurden die Ausländervereine der 60er Jahre noch mißtrauisch beobachtet, gelten MSOs (Migranten-Selbst-Organisationen) jetzt für die Politik als Hort von sozialem Kapital mit Brückenfunktion zur Mehrheitsgesellschaft, so Patricia Latorre bei der heutigen Vorstellung der Studie Migrantinnenorganisationen in Deutschland im Frankfurter Römer.
Der Vortrag an diesem sonnigen Samstagvormittag im Saal Haus Silberberg zum Thema Frauen-MSOs drohte aber zunächst daran zu scheitern, dass der Beamer den Frauen hartnäckig den Dienst verweigerte. “So typisch!” stöhnte meine Nachbarin, die mir auch verriet, dass wir uns im Fraktionssaal der SPD befanden, schmucke Leuchten aus den 60er Jahren an der Decke, schwere rote Samtvorhänge vor den Fenstern, Schwarzweiß-Portraits von SPD-Männern an den Wänden: Willy!!
Mit erheblicher Verspätung ging’s dann ohne Beamer los. Sehnaz Gülegen eröffnete die 2. Mitgliederversammlung des IFH Interkulturellen Frauennetzwerkes Hessen e.V. i.G., zu der rund 20 Frauen erschienen waren, und Patricia Latorre, eine der Verfasserinnen der quantitativen Studie und derzeit Integrationsbeauftragte der Stadt Darmstadt, berichtete vom Erhebungsrahmen, den Kriterien, den Ergebnisse und den daraus abgeleiteten Empfehlungen an den Auftraggeber der Studie, das Frauenministerium. Im wesentlichen: Gründung eines Dachverbandes der diversen Frauen-MSOs und Öffnung der staatlichen Institutionen für sie. Ob der Plan, der auf dem letzten Integrationsgipfel gefasst wurde – die verstärkte Öffnung des Öffentlichen Dienstes für MitbürgerInnen mit Migrationshintergrund – eine Ableitung daraus war?
Die Studie jedenfalls wurde unter von der Leyen beauftragt, von Schröder im Rahmen eines handverlesenen Kreises am 19./20. November 2011 in Frankfurt vorgestellt und medial nicht weiter beachtet. Dies verdeutlicht auch eine der großen Schwierigkeiten für MSOs, ihre Arbeit zu verstetigen: Mit jedem politischen Wechsel werden politische Prioritäten verändert und alte Netzwerke gekappt: Ständig neue Ansprechpartner!, so berichteten gleich mehrere der anwesenden Frauen aus unterschiedlichen Zusammenhängen.
Für die Probleme, mit denen Frauen-MSOs sonst noch zu kämpfen haben, könnte das gastgebende Interkulturellen Frauennetzwerkes Hessen e.V. i.G. stehen: Gründung im Juni 2010, bisher nur ein Veranstaltung zu Thema Migrantinnen und Gesundheit, trotz des ausgreifenden Namens Interkulturelles Frauennetzwerk Hessen eine Frankfurt-Connection mit wahrscheinlich enger Verbindung zum örtlichen KAV. Über das Vereinsziel scheint bisher noch keine Klarheit zu bestehen, die Auskünfte dazu waren jedenfalls recht breitgefächert. Dazu noch die üblichen Probleme der überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeit, kein Raum, kaum Mittel. Da besteht noch erheblicher Investitionsbedarf, bis dieser Verein sein soziales Potential entfalten kann. Eine der Ideen dazu: Das AMKA solle ein Projektbüro eröffnen, in dem Know-how zur Mittelschaffung für MSOs auf nationaler und europäischer Ebene vorgehalten wird, nebst Beratung zur Vereinsgründung.