Midsommar in Schweden

Von Markgraeflerin @markgraeflerin

Unser diesjähriger Urlaub hat uns nach 11 Jahren wieder mal nach Schweden geführt.
Im Jahr 2007 waren schon einmal Ende Juli/Anfang August für zwei Wochen im Värmland, das im Westen von Schweden liegt. Unser Urlaubsort ist etwa 170 km von Oslo entfernt.
Die Grenze Norwegens ist also nicht weit entfernt und weil wir nicht die ganze lange Strecke vom Markgräflerland bis Schweden im Auto zurücklegen wollten, haben wir Flüge vom Euroairport Basel-Mulhouse-Freiburg über Frankfurt nach Oslo Gardermoen gebucht und dazu ab Oslo einen Mietwagen, der uns zwei Wochen lang begleiten sollte.

Frühmorgens ging es am Mittsommertag - der ist immer an dem Samstag, welcher auf den längsten Tag des Jahres (21. Juni) folgt - los.
Alles verlief reibungslos, nur in Frankfurt mussten wir etwa 20 Minuten warten, bis der Flieger endlich Starterlaubnis bekam. Es war an diesem Morgen jede Menge los im Frankfurter Luftraum.

Und dann konnte es losgehen - Schweden, wir kommen, oder besser: wir fahren!
170 km hört sich erstmal nicht viel an, wenn man aber anmerkt, dass auf den meisten Strecken nur 70 km/h (maximal 90-100 km/h) gefahren werden darf, kann das schon einige Zeit dauern und es ist auch ratsam, sich unbedingt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten, die Bußgelder für Überschreitungen sind laut ADAC außerordentlich hoch.

Gegen 16 Uhr kamen wir an unserem Ziel an. Eine liebe Arbeitskollegin des Markgräflers hatte uns freundlicherweise wieder ihr abgelegenes Häuschen am Waldrand als Unterkunft zur Verfügung gestellt.
Das Wichtigste in Kürze: Ohne Strom und fließendes Wasser und mit WC-Häuschen im Wald - die Reinigung desselben erledigt die Natur.
Frisches Wasser muss täglich aus einer Zisterne geschöpft werden.
Gekocht wird auf einem robusten Camping-Gasherd und für wohlige Wärme sorgt - falls nötig - ein Schwedenofen, der mit Holz aus dem hauseigenen Wäldchen angeheizt wird.

Aber das ist ja gar nicht im typisch schwedischen Rot (Falunrot) gestrichen??? Ja, es sind eben nicht alle schwedischen Häuschen in Rot und Weiß, es gibt auch diese dunkelbraun bis schwarzen Holzhäuser, die eher den Hütten der Waldfinnen, die in diesem Gebiet gelebt haben gleichen. Die großen Guts- und Herrenhäuser sind oft hellgelb mit weiß gestrichen und modernere Häuser sind in hellem Grau gehalten. Wir haben aber auch schon hellblaue Häuser gesehen.

Es gibt außerdem noch eine Sauna - die ist übrigens in Rot gestrichen und das WC-Häuschen ist auch rot. Also doch Schwedenfeeling!

Wir wurden freudig von unseren Patenkindern begrüßt, die mit ihren Eltern samt Hund schon eine Woche zuvor mit dem Auto aus Deutschland angereist waren.
Für die offiziellen Midsommar-Feste waren wir einen Tag zu spät dran - gefeiert wird nämlich schon am Nachmittag und Abend zuvor, dem Mittsommerabend ( midsommarafton):

Neben Weihnachten - vielleicht sogar davor - ist Mittsommer der wichtigste Tag im Kalender der Schweden. Frauen und Männer, Kinder und Großeltern feiern zusammen den längsten Tag des Jahres. Der Mittsommertag ist der Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni. Der Freitag davor heißt Mittsommerabend, und obwohl er kein offizieller Feiertag ist, ziehen die Städter in Scharen zum Feiern auf's Land.
Ursprünglich wurde Mittsommer, das Fest der Sommersonnenwende, am 24. Juni (Johannistag) gefeiert. Heute wird immer zwischen dem 20. und 26. Juni gefeiert.
Offizieller Feiertag ist der Samstag.

In der Region Dalarna, welche nördlich ans Värmland grenzt, kann man das Mittsommarfest besonders authentisch erleben.
Schon die Kulisse wirkt wie aus einem Bilderbuch: rote Holzhäuser, weiße Zäune und bunt bemalte Dala-Pferde in den Fenstern.
Wo schwedische Traditionen gepflegt werden, passt auch eine Mittsommerstange ins Bild.

Majstång
Am Mittsommerabend wird ein geschmückter Baumstamm aufgerichtet, der Mittsommerstange ( midsommarstång) oder Maistange ( majstång) genannt wird. Maj hat hier nichts mit dem Monat Mai zu tun, sondern geht auf das altertümliche Verb maja („mit Blumen schmücken") zurück.
Die Stange sieht in den verschiedenen Regionen des Landes jeweils etwas anders aus, auch einzelne Orte haben oft ihre eigene Tradition. Der Stamm wird mit Blättern und Blumen geschmückt und aufgerichtet, danach wird im Kreis um ihn herumgetanzt, wobei verschiedene Spieltänze üblich sind. Eines dieser Tanzlieder ist Små grodorna: Es handelt von Fröschen und man imitiert beim Tanzen deren Bewegungen.

Zum Fest zieht man sich fein an, die Mädchen und Frauen haben meist weiße oder blumige Kleider an. Viele tragen zu dieser besonderen Gelegenheit auch ihre Trachten.
Einige binden Kränze aus Blumen oder Birkenzweigen und setzen sie sich oder ihren Kindern auf.

Laut unserem Dumont-Reise-Handbuch liegt der Ursprung dieses Brauchs in unseren deutschen Maibräuchen:

Am Nachmittag des midsommarafton sammelt sich alles zum feierlichen Aufrichten des Mittsommerbaums, der mit grünem Birkenlaub und von Kindern gewundenen Blumenkränzen geschmückt ist.
Erst wird er von starken Männern in einem feierlichen Zug mit Muikbegleitung durch das Dorf getragen, um am späteren Standort mit dramatischem Hauruck aufgerichtet zu werden.
Dort mach der Baum mit der langsam verwelkenden Blumenpracht den Rest des Jahres das Dahinschwinden der kurzen Sommerzeit augenfällig.
Wenn der Baum sicher steht und alles Volk versammelt ist, beginnen zu traditioneller Spielmannsmusik die Ringeltänze, eine Angelegenheit der blumenbekränzten Kinder.
Anschließend zieht man sich zu privaten Festlichkeiten zurück.

Fast jeder größere Ort in Schweden verfügt über ein Hembygdsgården - ein Heimatmuseum, oft ein Freilichtmuseum, wo alte traditionelle Häuser wieder aufgebaut wurden.
In den Wochen nach der Mittsommarfeier haben wir dort überall einen geschmückten Midsommarstång sehen können.

Für die Blumen an der Stange gibt es Regeln: Sie sollten blau, weiß und gelb sein.
Ein weiterer Brauch ist folgender:
Am Mittsommerabend gehen die Mädchen auf's Feld und sammeln schweigend sieben verschiedene Blumen. Den Strauß legen sie sich unter das Kopfkissen, damit sie im Schlaf von ihrem zukünftigen Ehemann träumen.

Und dann gibt es natürlich noch die Blumenkränze....
Auf jeden Fall musste die Markgräflerin doch mit einem Blumenkranz im Haar abgelichtet werden.
Und so hat der Markgräfler Birkenzweige abgeschnitten, es wurden daraus Kränze geflochten und von der Markgräflerin und den Patenkindern mit Blumen geschmückt und aufgesetzt....

Im folgenden Beitrag „Mittsommer in Schweden" der Deutschen Welle wird erklärt, wie der Haarkranz geflochten wird:

Am besten fängt man mit einer dünnen Astgabel an und legt einen weiteren Zweig in die Mitte. Dann flechtet man die Zweige wie einen Haarzopf.
Der Zopf sollte etwa 1½ mal so lang sein wie der Kopfumfang, dann lässt sich der Kranz leichter schließen. Dann macht man eine Schlaufe - ruhig etwas länger, denn der Kranz dehnt sich noch. Die Losen enden klemmt man am Kranz fest. Dann steckt man zur Dekoration in die Zwischenräume nach Belieben Blumen.
Wer nicht so geschickt ist, kann sich in Modegeschäften einen wiederverwendbaren Kranz aus Kunststoffblumen kaufen, oder lässt sich vom Floristen einen festlichen Kranz binden.

Und was gibt es bei den Feierlichkeiten zum Essen und Trinken?
Mittags gibt es traditionell eingelegten Hering mit Dillkartoffeln und gebackenen Lachs. Und zum Dessert oder Nachmittagskaffee gibt es Erdbeertorte!
Während in Süddeutschland die Erdbeersaison schon zuende ist, gibt es hier in Schweden noch Erdbeeren - Wir haben vor den Supermärkten noch einige Stände mit Erdbeeren gesehen.

Das Essen wird von Bier, Wodka und vielen Trinkliedern begleitet.
Am späten Nachmittag wird dann die Mittsommerstange aufgestellt und danach geht die Party richtig los: Tanz, Spiele, Gesang und oft spielen regionale Bands traditionelle Musik."

Die Schäreninsel Sandhamn ist für ihre ausschweifenden Mittsommer-Partys bekannt, wo der Alkohol in Strömen fliessen soll...
Wir haben uns vor unserem Urlaub die Verfilmungen der Krimis „Midsommar auf Sandham" von Vivenca Sten angesehen. Sehr empfehlenswert.
Von Vivenca Sten gibt es auch ein Buch mit Sommerrezepten von den Schäreninseln, welches seit kurzem in meinem Bücherregal steht. Ich komme demnächst in einem weiteren Beitrag hier im Blog darauf zurück.

Das Erfolgsrezept für die nicht enden wollende Mittsommerparty ist das gleiche, ob privat oder im Freilichtmuseum:
Blumen im Haar, der Tanz um die Mittsommerstange, das Singen von Trinkliedern beim Konsumieren herber Kräuterschnäpse und der Verzehr von Hering. Alles in allem? Ein toller Tag im Freien.

Midsommar heißt auch, dass es kaum dunkel wird. In Sunne, Schweden war am 23.06. und 24.06. Sonnenaufgang um 03:47 Uhr und Sonnenuntergang um 22:32 Uhr.
Der Tag dauerte also fast 19 Stunden!
Dabei wird es zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang nie richtig dunkel, sondern es herrscht ein Dämmerlicht.
Nördlich des Polarkreises, in Kiruna, der nördlichsten Stadt in Schweden, geht die Sonne überhaupt nicht unter, sie scheint 24 Stunden lang.
Die Mitternachtssonne scheint dort von Juni bis Juli 50 Tage ununterbrochen. Im Gegensatz dazu herrscht im Winter 20 Tage Polarnacht: vom 12. bis einschließlich 31. Dezember steigt die Sonne nie vollständig über den Horizont.