Manchmal nehme ich mir etwas vor. Und manchmal halte ich mich gar selbst daran. Wie bei diesem Buch, das ich zu lesen ich vorhatte.
Das Buch beginnt spektakulär: mit der Beschreibung einer Marter- und Folterszene.
Wer das hinter sich gebracht hat kann einsteigen in die Welt des Michel Foucault.
Wir hören jeden zweiten Tag, wie frei (in Relativität zu wem?) wir sind; wie selbstbestimmt wir leben können in diesem Land. Und – ja – es geht uns gut.
Aber zu welchem Preis?
M. Foucault zeigt auf, wie Machtstrukturen entstanden sind, sich verfestigt haben und noch immer wirken. Die Entwicklung, der Fortschritt (wenn man so sagen kann) besteht darin, dass wir heute nicht mehr bemerken, wie grundsätzlich und umfassend wir manipuliert werden. Und dies als gegeben und unabänderlich hinnehmen.
Wie Lemminge fühlen wir uns wohl auf auf dem Weg. Egal, wohin der führt.
Die Untersuchungen zur “Geburt des Gefängnisses” (so der Untertitel des Buches) macht Foucault am Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts. Und er führt aber auch aus, dass sich die Strukturen in den letzten 150 Jahren nicht verändert haben; nur differenzierter wurden.
Worum es letztlich geht, ist der Versuch, nachzuweisen, dass wir in einer völlig überwachten Gesellschaft leben – Teil davon sind und selbst überwachen. (Ich rege mich immer auf, wenn Autos falsch parken; selbst wenn ich davon überhaupt nicht betroffen bin. Ich bin Teil des Überwachungsstaates: das ist so sehr verinnerlicht, dass es mir in diesen Momenten pervers richtig erscheint, mich aufzuregen.)
An Gefängnis-Krankenhaus-Werkstatt-Schule (alles Orte und Institutionen, an denen der Einzelne der Macht uneingeschränkt ausgesetzt ist) zeigt er, wie der Be-Mächtigte unmerklich dressiert, angepasst und (dies scheint mir jedoch neueren Datums) verdummt wird. Um in einer Gesellschaft zu funktionieren, die nur auf den Profit einiger Weniger ausgerichtet ist und ansonsten sich zwar den Nimbus der Freiheit gibt aber im Innersten jedem Mitglied der Gesellschaft (Gemeinschaft) Zwänge auferlegt. Die Jener aber nach Möglichkeit nicht spüren sollte. (Lass uns “Big Brother” auf RTL II sehen…)Was mich persönlich beim Lesen sehr betroffen machte: Was Michel Foucault über die zwingende Notwendigkeit der Entwicklung eines staatlichen Überwachungsinstrumentariums beschreibt, hat mich fatal an die (nicht immer so unauffällige) Überwachung in der DDR erinnert. Es war ja – meiner Meinung nach – nicht nur die Stasi, die im Privatleben schnüffelte; es war der Nachbar, es war der Freund… es war eine systemimmanente, weil bequeme – und Vorteile versprechende – Machtausübung.
Vielleicht sind “wir Deutschen” besonders empfänglich dafür… Nach oben buckeln, nach unten treten.
Auch wenn Foucault das französische Strafsystem betrachtet: auch er geht davon aus, dass das Vorbild für die Armeen des beginnenden 19. Jahrhunderts die der Preußen war.
Alles in Allem ein sehr lesenswertes (wenn auch nicht leicht lesbares) Buch, dass Jedem zu empfehlen ist, der Interesse daran hat, hinter die Kulissen zu sehen. (Und vielleicht versteht man so auch besser, das es zwingend und logisch ist, dass im sog. “schwarzen Block” bei den Demos in Heiligendamm auch Polizisten in Zivil als Provokateure dabei sind.)
Nic