Michael Winkler zum Tag der Wiedervereinigung

Michael Winkler zum Tag der Wiedervereinigung

Bild: Wikipedia

Wieder wurde groß gefeiert und die Leute, denen die “Wiedervereinigung” auf die Füße gefallen ist, wurden als große, unermüdliche Kämpfer hochgejubelt. Dabei sind natürlich Kohl und oder gar Merkel keinerlei persönliches Risiko eingegangen. Am Abend, als die Mauer fiel, war Kohl auf Staatsbesuch in Polen und Merkel vergnügte sich in der Sauna. Immerhin, als sie erfahren hatte, daß es völlig ungefährlich ist, ging die heutige Hosenanzug-Kanzlerin mal den Westen gucken. Wie oft sie sich dabei Begrüßungsgeld abgeholt hat, ist nicht überliefert.

Die große Feier wurde in Bonn abgehalten, weit weg von Leipzig, weit weg von der Stadt, in der die Menschen tatsächlich die Köpfe hingehalten haben, in der sie trotz der übermächtigen Staatssicherheit auf die Straße gegangen sind. Ich habe damals zu denen gehört, die aus der Sicherheit des Fernsehsessels heraus den Kopf geschüttelt haben. Ich habe mit Panzern gerechnet, mit einer Neuauflage dessen, was ein paar Monate zuvor in Peking auf dem Platz des himmlischen Friedens geschehen ist. Ich habe die Bilder vom 17. Juni 1953 in den Schulbüchern gesehen, und sie wurden im Fernsehen gezeigt, bei passender und unpassender Gelegenheit. Nicht das unbedingte Eintreten der Bonzen im Westen wie im Osten, sondern der Mut der kleinen Leute hat über den 9. November 1989 zu jenem 3. Oktober 1990 geführt.

Heute hingegen feiern die Großen sich selbst, heute sind es ihre Namen, die in fetten Buchstaben in den Geschichtsbüchern stehen. Vor ein paar Tagen, am 30. September, hat sich ein anderes Ereignis gejährt, ein Ereignis, mit dem sich die Namen der Großen nicht so gerne verbinden: unser Platz des himmlischen Friedens, der Schloßplatz von Stuttgart. Dort waren es die Demokraten, die eine entfesselte Staatsmacht auf die kleinen Leute losgelassen haben. Jene kleinen Leute, deren Wille heute ignoriert wird, hin- und hergestoßen durch jene Demokraten, die sich damit brüsten, den Willen des Volkes zu vertreten.

Der Goldpreis ist bis in die Endphase des 30jährigen Krieges vorgestoßen, dafür ist der Eurokurs auf Talfahrt gegangen. Dabei soll doch gerade wieder Griechenland gerettet worden sein, oder der Euro, oder wenigstens die Bonuszahlungen der Bank-Manager. Andererseits, außer zu protestieren, haben die Griechen nicht viel zustande gebracht. Das Staatsdefizit steigt, die Wirtschaft schrumpft, das Geld der europäischen Steuerzahler rinnt in die tiefen Taschen der Damen und Herren Bankiers. Der EFSF wird jetzt schon als zu gering geachtet, die Kommissare im Politbüro der EUdSSR beabsichtigen, mit diesen Mitteln zu “hebeln”, also über halblegale Bankbetrügereien die Mittel zu verdrei- bis verfünffachen. Wenn das daneben geht, haften natürlich keine Kommissare, es haften auch nicht die Bankster, die sich auf diese Gaunereien eingelassen haben, sondern die Steuerzahler. Die sitzen bei diesem Geschäft übrigens auf beiden Seiten, denn es ist ihr Geld, das die Banker unter die Politiker verteilen, mit dem Hinweis, daß die Steuerzahler für die Rückzahlung bürgen. Sie als simpler Bankkunde können bestenfalls darauf wetten, ob Ihnen das Geld aus der linken Hosentasche (dem Sparkonto) oder aus der rechten (per Steuerforderung) gezogen wird. Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, daß dies kein Nullsummenspiel ist, weil in der geschlossenen Kette Sparer – Banker – Politiker – Steuerzahler die Banker prächtig verdienen und die Politiker ihr Schweigegeld einstecken.

Die Lage in Sirte sei katastrophal, verkünden die Medien. Gaddafis vorletzte Hochburg wird von den Rebellen belagert und beschossen, die Zivilisten sind zum großen Teil geflohen. Wer geblieben ist, schwebt in Gottes Hand. Den Krankenhäusern der 100.000-Einwohner-Stadt fehlt der Strom – besonders effektiv, wenn der Ausfall mitten in einer Operation stattfindet -, es gibt keine Medikamente, wie es um Verbandmaterial bestellt ist, ist ungewiß, zudem ist auch schon die Wasserversorgung beschädigt. Wenigstens sind unsere Freunde von der NATO vor Ort und bombardieren. Gelegentlich werfen sie auch Flugblätter ab, daß die Bewohner die Stadt verlassen sollen. Das ist auch recht lustig, weil die Flüchtlinge von Verteidigern und Rebellen beschossen werden. Aber immerhin, die Verursacher Sarkozy und Cameron haben sich als Helden und Befreier feiern lassen.

Quelle: michaelwinkler.de


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