Cleverer Titel, wer will schon zu den Doofen gehören? Wahrscheinlich gibt es die gar nicht. Allenthalben wird über Geld-, Freizeit-, Echtewertemangel geklagt, über mangelnde Intelligenz klagt niemand.
Also wer oder was ist denn doof? Die Gläubigen, das ist aber auch Schmidt-Salomons beste Disziplin. Wenn in irgend einer Talkshow das Thema “wasmitreligion” angesagt ist, muss … ein Bischof ran, ein wiedererweckter Christ, eine akzentfreie Muslima mit Kopftuch und Abitur … und …. Herr Schmidt-Salomon, als Berufsatheist. Macht er aber auch klasse – sozusagen glaubwürdig. Er muss gar nicht angreifen, im Grunde sind die monotheistischen Religionen eine alberne Angelegenheit. Gott in seiner Allmacht hat die Erde, die Dinosaurier (Bug – ausgestorben), die Menschen (Bug – Sintflut, Neustart) geschaffen? Und vor allem, wir Menschen sind die Krönung der Schöpfung? Seid nicht albern, schaut in den Spiegel. Schmidt-Salomon wählt einen vorstellbaren Zeitvergleich: Wäre die Erdgeschichte ein Jahr, dann reden wir über die paar Minuten am 31.Dezember und wahrscheinlich auch nur um ein paar Minuten, um mehr geht es nicht – eine Religion zu gründen lohnt quasi gar nicht.
Doch Schmidt-Salomon will mehr – denn die Metaphysik herrscht überall: In Politik, Ökonomie, Ökologie. Am Beispiel der allgemeinen Ablehnung von Gentechnik verweist er auf Dummheit die mit Nichtwissen, also mit Glauben zu hat. Eine Unlust auf Diskussion und Forschen, Fortschritt – geistiges Rasten.
Unglaublich; die Gläubigen beherrschten die Diskussion über Präimplantationsdiagnostik? Gott haucht den Zellformationen im Zeitpunkt der Verschmelzung von Samen und Eizelle eine unsterbliche Seele ein (und überlegt sich das in der Hälfte der Fälle gleich wieder)?
Die Streitschrift regt die Fantasie an, es fallen einem viele Beispiele ein in man in jeder Diskussion auf Moralin-Junkies trifft; wer probieren mag wähle die Themen: Kernfusionsreaktoren, unterirdische Bahnhöfe, Einheitsschule für Einheitskinder? usw.
Eines der bleibenden Verdienste des Philosophen Schmidt-Salomon ist sowieso seine Differenzierung von Moral und Ethik, die umgangssprachlich synonym verwendet werden.
Dazu siehe auch in “Manifest des evolutionären Humanismus” und “Jenseits von Gut und Böse. Warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind”. Kurz gesagt Moral basiert auf Listen was zu tun sei und was nicht zu tun sei – aus religiösen oder anderen deduktiven Systemen. Ethik ist in der rationalen Welt angesiedelt und stellt Fragen; ist das sinnvoll, wem nutzt es, ist es fair, nützt es mir?
Schade nur, dass die Schrift mit 123 Seiten so dünn geraten ist, wo das Reich der Doofen so groß ist, dass darin niemals die Sonne untergeht.
[Erstveröffentlichung: lakontesteo.de - Mit freundlicher Genehmigung des Autors]