Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon ist bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt und keinem Streit um die besseren Argumente aus dem Weg geht. Da ist es nur konsequent, dass er nun mit Keine Macht den Doofen! Eine Streitschrift vorlegt, die in ihrer Radikalität einzigartig ist.
von Frank Welker
Die Ausgangsthese der Streitschrift ist prägnant und einprägsam: „Die größte Bedrohung der Menschheit geht nicht von Erdbeben und Tsunamis aus, auch nicht von skrupellosen Politikern, raffgiereigen Managern oder finsteren Verschwörern, sondern von einer einzigartigen weltumspannenden, alle Dimensionen sprengenden Riesenblödheit.“ Um diese These zu untermauern, fährt der Autor schwere Geschütze auf. Bereits im ersten Kapitel macht er klar, dass der Mensch sich zwar selbstherrlich Homo sapiens, der weise Mensch getauft hat, aber wohl doch eher ein Homo demens (der irre Mensch) ist. Und tatsächlich, betrachtet man die Geschichte der Menschheit, die, wie der Philosoph schreibt, vor allem eine Geschichte der Unmenschlichkeit und die blutgetränkt war, dann kann man kaum behaupten, dass unsere Spezies sich durch Weisheit hervorgetan hätte.
Allen voran hatten natürlich die Vertreter der Religionen daran einen großen Anteil. Diesen Religioten widmet der Autor folglich ein eigenes Kapitel. Da Schmidt-Salomon als Religionskritiker seine Brillianz bereits mehrfach unter Beweis gestellt hat, gelingt es ihm spielend zu zeigen, dass religiöse Dummheit keine Grenzen kennt. Aber nicht nur die Religionsvertreter bekommen ihr Fett weg. Intensiv hat sich der Autor auch mit jenen speziellen Menschen beschäftigt, die sich selbst Ökonomen nennen, die aber Schmidt-Salomon sehr viel realistischer als Ökonomioten bezeichnet und deren Disziplin, wie schnell bei der Lektüre klar wird, sehr viel mehr mit Religion als mit Wissenschaft zu tun hat. Die Kritik an diesen ist kompakt, verständlich und vernichtend. Mit soviel Schwung und zudem mit viel Sachverstand ist bislang nur selten der allgemeine ökonomische Irrsinn, der unsere Welt in den Abgrund zu reißen droht kritisiert worden.
Wo Religioten und Ökonomioten am Werk sind, da können natürlich auch die Politioten nicht fern sein. Auch an der Politikerkaste hat der Autor einiges auszusetzen. Schmidt-Salomon schreibt: „Denn alle Formen des Schwachsinns, die wir bisher untersucht haben, Religiotie, Ökologiotie und Ökonomiotie, vereinigen sich auf politischer Ebene zu einer allumfassenden Mega-Blödheit der Politiotie.“ Der Autor belegt in der Folge, dass tatsächlich Religion und ökonomischer Irrsinn einen allzu großen Einfluss auf die Politik haben. So hatte etwa die Diskussion um die Präimplantationsdiagnostik, sehr deutlich offenbart, wie sehr auch bei den nicht-konservativen Parteien religiöse Vorstellungen maßgeblichen Einfluss auf Entscheidungen haben. Und am Beispiel der Einführung der Riesterrente macht er klar, dass es eine reichlich absurde Entscheidung war, die Altersversorgung der Bürger ausgerechnet an fiktiven Kapitalvermehrungen der Finanzmärkte zu koppeln.
Nachdem der Autor also eine Menge Dampf abgelassen hat und es dabei versteht auch den Leser mitzunehmen, endet die Streitschrift schließlich in einem Aufruf zum Widerstand. Denn es gelte zu verhindern, dass Homo sapiens dem Homo demens das Feld überlasse. In der Tat, das ist wahrhaft zu hoffen und, dass es hier erste positive Entwicklungen des Widerstands gibt, lobt der Trierer Philosoph ausdrücklich.
Fazit: Es ist Schmidt-Salomon zu wünschen, dass sein Werk eine möglichst weite Verbreitung findet und noch mehr ist zu wünschen, dass über dessen Inhalte auch wirklich gestritten wird. Denn wenn eines klar sein dürfte, dann, dass die Menschheit so nicht weiter machen kann und dass sich viel ändern muss. Dabei ist es höchste Zeit nach neuen Lösungen und neuen Wegen zu suchen. Keine Macht den Doofen! enthält hierzu viele wichtigen Anregungen.
[Übernahme vom Evo-Magazin]