Das neue Buch von Michael Schmidt-Salomon versammelt seine ältesten Texte. Der Sammelband “Anleitung zum Seligsein” zieht einen Strich unter zwanzig Jahre Religionskritik. Schmidt-Salomon hat erkannt, dass es heute nicht mehr allein genügt, gegen etwas zu sein. Sondern dass es in einer Gesellschaft, in der es ein Drittel Konfessionsfreie gibt, darauf ankommt, Perspektiven anzubieten. Das betrifft die philosophische und ethische Ausrichtung einer religionsfreien Gesellschaft. Hier hat Schmidt-Salomon mit dem “Manifest des evolutionären Humanismus” und seinem Buch “Jenseits von Gut und Böse” bereits Grundlegendes geleistet.
Doch jetzt wird es Zeit, sich mit Fragen nach einer “humanistischen Wirtschaftsordnung” zu befassen. Es wird für Michael Schmidt-Salomon künftig mehr um humanistische Ideen zur Bekämpfung der weltweiten Armut gehen; um den Schutz und Erhalt von Leben (auch nichtmenschlichen Lebens) und damit um eine nachhaltige Ökonomie.
Damit ist der vorliegende Band – wie er selbst schreibt – eine Zäsur. Obwohl die Artikel als Rückblick zu lesen sind; sie haben nichts an Aktualität verloren.
Interessant ist, wie lange Schmidt-Salomon schon um das Thema kreist. Es ist erstaunlich, wie früh er Thesen aufstellt, die er dann später in seinen Büchern ausführlicher behandelt. Die Frage nach dem Sinn der Einteilung in “Gut und Böse” ist mitnichten so alt wie das gleichnamige Buch. Sie findet sich bereits in einem seiner frühen Texte. Das trifft auch auf Schlagworte zu – “Heidenspaß statt Höllenqual” entstand bereits 2007 bei der Arbeit am Buch “Kirche im Kopf”, das er mit Carsten Frerk schrieb. Lange, bevor es die erste “religionsfreihe Zone” gab.
Die versammelten Texte sind – mit einer (?) Ausnahme bereits veröffentlicht worden. Die überwiegende Mehrheit davon findet sich auf der Webseite des Autors. Für die Veröffentlichung wurden sie aber teilweise stark überarbeitet. So dass sich der Kauf des Buches auch für den lohnt, der – wie ich – die Artikel bereits kennt.
Im ersten Teil – “Die Lust am Lästern” – versammelt der Band satirische, manchmal ein wenig boshafte Artikel, in denen sich Schmidt-Salomon mit dem “Gotteswahn” (er verteidigt den Titel des Dawkinschen Buches auch) auseinandersetzt. Da gibt es den titelgebenden Text “Anleitung zum Seligsein”, die bisher unveröffentlichte Rede zur Verleihung des frechen Mario 2009. Darin heißt es übrigens: “Auf …’Schluss mit Lustig’ kann es nur eine aufklärerische Antwort geben – und die heißt: ‘Schluss mit blöde!” – womit bereits dort der Bogen zu seinem im Frühjahr 2012 erwartetem Buch “Keine Macht den Blöden!” geschlagen wird. Ein Text zum Marienkult in Deutschland, die Gefahr, die von den Scientologen und Opus Dei ausgeht und Schmidt-Salomons boshafte Analyse des Wojtyla’schen Papsttums runden den ersten Teil ab.
Der relativ aktuelle Artikel zur Wulffschen Rede leitet den zweiten Teil des Buches und die Texte, mit denen Schmidt-Salomon in aktuelle politische Debatten eingriff, ein. Erstaunlich wenig hat sich an der Einschätzung, die Schmidt-Salomon “die geistige Entgleisung” der Ursula von der Leyen nennt, geändert. Auch wenn von der Leyen inzwischen ein anderes Ministerium leitet; an dem, was Schmidt-Salomon kritisiert, hat sich wenig verändert. Er schreibt über die “Neuen Atheisten” und das Minarettverbot in der Schweiz. Der Teil wird durch einen längeren Text zur Kampagne “Wir haben abgeschworen” der Ex-Muslime abgeschlossen.
Im dritten und letzten Teil des Buches sind fünf eher theoretische Texte versammelt. Hier wird dann auch der Ton etwas strenger und wissenschaftlicher; die Lockerheit, die die vorherigen Artikel auszeichnet, geht hier etwas verloren. Andererseits sind diese Texte auch um einiges tiefgreifender als Erstere. Ich möchte hier vor allem “Darwins brisantes Erbe” aus dem letzten Jahr herausgreifen. In diesem Vortrag, den Schmidt-Salomon mehrfach hielt und der gedruckt hier wohl erstmalig vorliegt, setzt er sich mit den “Irrungen und Wirrungen” der Evolutionsbiologie auseinander. Sehr empfehlenswerte Lektüre, wenn man wieder einmal sich mit denen herumschlagen muss, die Sozialdarwinismus für die Evolutionstheorie halten.
Daraus folgend fragt Schmidt-Salomon natürlich auch, ob Atheisten die besseren Menschen sind (was er relativiert) und definiert Grenzen zwischen einem “weichgespülten” und dem evolutionären Humanismus.
Alles in Allem eine Sammlung von wichtigen Texten des Autors aus den vergangenen zwei Dekaden. Es ist sozusagen die Quintessenz Schmidt-Salomonschen Denkens und Schreibens. Und somit selbst für den lesenswert, der auch alle anderen Bücher des Autors kennt.
Es ist selten genug, dass jemand mit Humor diese Themen beschreibt; gerade Religionskritik kommt oft knochentrocken daher. Da macht es einfach nur Spaß, solch ein Buch in der Hand zu haben und mal richtig laut zu lachen. Ein Heidenspaß also.
Nic
Das Buch ist bei Alibri erschienen und zu bestellen.
Eine Rezension von Gerfried Pongratz sowie ein Interview mit Schmidt-Salomon finden sich beim hpd.