Das mit dem Seelenbrechen scheint bei Krimiautoren hoch im Kurs zu stehen. Ist ja auch eine faszinierende Sache: Mord aus der Ferne und ohne schmutzige Hilfsmittel wie Messer, Kanonen oder auch, jawohl, Äxte. Das Mordopfer gibt sich von selbst den Rest, wie angenehm für den Mörder.
So ist das auch bei Michael Robotham. Joe McLoughlin, Kriminalpsychologe, wird zu einer Selbstmordsituation gerufen: Eine nackte Frau in roten Pumps steht auf einer Brücke, sie telefoniert mit einem Handy. Joe zieht die ganze Psychologennummer durch – aber die Frau scheint isoliert von der Welt, nicht ansprechbar. Sie springt.
Kurz darauf findet man ihre Geschäftsparterin tot im Park – auch sie hat vor ihrem Tod telefoniert. Joe ruft seinen alten Bullenkumpel Ruiz aus dem Ruhestand zurück, denn dem ermittelnden Polizeiteam will es erstmal nicht in den Kopf, dass da ein Frauenmörder unterwegs ist. Blöd nur, dass der Psychologe durch seine Ermittlungstätigkeit selbst ins Fadenkreuz des Sadisten gerät.
Dein Wille geschehe ist vor allem: ein sehr, sehr spannendes Buch. Man möchte es nicht mehr zuklappen und verpasst dabei diverse Bahn- oder Busstationen. Sprachlich geht Michael Robotham um einiges feinfühliger vor als Sebastian Fitzek, dessen sympathisch polternde Plots wir hier besprachen.
Dein Wille geschehe präsentiert sich im Vergleich vielschichtiger, detailreicher und eleganter als der Fitzek’sche Seelenbrecher, schrammt allerdings stellenweise knapp am Pathos vorbei – was auch an der Übersetzung liegen kann. Das schmälert den Lesespaß nicht, denn die oben gepriesene Spannung reißt kleine Mankos (Manki? Manken?) ganz locker wieder raus. Zum Cover schüttele ich nur wortlos den Kopf.
Ein wunderbares Buch für verregnete Wochenenden, wenn man gerade aus dem stürmischen Park kommt und sich einen Tee mit Scotchgeschmack aufsetzt. Das englische Landhaus wäre die perfekte Kulisse, aber wer hat das schon.