Michael Angele – Der letzte Zeitungsleser

Es gibt tausend gute Gründe, um eine Zeitung zu lesen

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„Es fühlt sich einfach gut an, eine Zeitung in der Hand zu halten, und wie schön das Papier raschelt.“

Wenn ein Zeitungsmacher ein Buch über den vermeintlich letzten Zeitungsleser schreibt, dann kann man vor allen Dingen eines erwarten: ein Plädoyer für das Zeitungslesen und die Zeitung selbst. Ein solches schrieb jetzt Michael Angele, bekannt als Redakteur der Wochenzeitung „der Freitag“ und ehemaliger Chefredakteur der „Netzzeitung“.

Michael Angele ist leidenschaftlicher Zeitungsleser. Das sollte nach der Lektüre seines neuen Buches feststehen. Gemeinsam hat er jene Leidenschaft mit Thomas Bernhard, der einmal 350 Kilometer zurückgelegt haben soll, nur um eine Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung zu kaufen.

„Heute kann man die NZZ praktisch überall bekommen, zur Not digital. Heißt das, dass ein Geistesmensch heute praktisch überall existieren kann? Oder heißt es gerade umgekehrt, dass es keine Geistesmenschen mehr gibt, weil sich Geist nur dort bilden kann, wo Mangel, Abwesenheit und Aufschub ist?“

Natürlich ist nicht jeder Zeitungsleser so fanatisch wie Bernhard, und doch ist das Lesen einer Zeitung, einer gedruckten wohlgemerkt, für viele weitaus mehr als bloße Informationsaufnahme. Da gibt es den Leser, der seine Zeitung nur im Kaffeehaus liest und daraus eine Art Ritual macht, oder gar den Zeitungssammler, der entweder ganze Ausgaben oder ausgeschnittene Artikel, die ihm besonders gefielen, daheim hortet. Außerdem ist da noch der kosmopolitische Aspekt des Zeitungslesens. So greift der Zeitungsleser etwa in New York zum New Yorker, in Spanien zu El País oder in Italien zum Corriere della Sera. In Zeiten der Digitalisierung geht dieses Weltmännische verloren, denn heute kann man auf dem Tablet an jedem Ort der Welt seinen Spiegel Online oder seine FAZ lesen.

Das Zeitungslesen gehört zu den aussterbenden Kulturtechniken. Mit der weitaus höheren Aktualität der Onlinemedien haben Zeitungen, zumindest Tageszeitungen, auf kurz oder lang ausgedient.

„Wer die Zeitung retten will, jedenfalls für eine gewisse Zeit, betont das Sinnliche an ihr. Das reicht von der zutreffenden Beobachtung, dass eine gut gemachte Zeitung nicht einfach eine Ansammlung von Artikeln ist, sondern eine Komposition darstellt, sowohl in der Zusammenstellung der Artikel als auch in ihrer optischen Aufbereitung, bis hin zur Haptik.“

Angeles kluger Essay ist nicht einfach ein melancholischer Abgesang auf eine verschwindende Kulturtechnik oder gar Lebensform. Vielmehr ist „Der letzte Zeitungsleser“ eine mit autobiographischen Episoden gespickte, durchaus unterhaltsame Liebeserklärung an ein geschichtsreiches Medium, an Papier und Druckerschwärze.

9783869711287Michael Angele
Der letzte Zeitungsleser
Galiani-Berlin
160 Seiten
EUR 16,00

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