Meteora

Von Thessalonikisandra
Kaum im neuen Zuhause angekommen, haben Noemie und ich unser Nest auch schon verlassen: Mit dem Rest der Truppe ging es am Wochenende zu den Meteora Klöstern. Um 7:30 Uhr war Abfahrt. Die vier Stunden im Bus wollten wir mit geruhsamen Schlaf verbringen, aber da hatten wir den Plan ohne unseren Tour-Guide gemacht. Eine kleine, runde und gemütliche Dame, die fröhlich schmatzend durchs überlaute Mikrofon Weisheiten aus dem kleinen Atlas der griechischen Geografie preis gab. Selbst der Einsatz meines MP3-Players konnte das Übel nicht abwenden. Die nächsten Stunden folgten mehr oder weniger spannende Informationen über das griechische Umland. Das sah dann in etwa so aus: "On the right side there is a river. Actually, it is not important, but we have a lot of rivers here in Greece". Erst als wir nach einer wilden Bergfahrt endlich die Klöster erreichten, konnte unser Reiseführer mit wahrem Fachwissen punkten. Dann hatte aber auch keiner mehr Lust zu zuhören. Der Anblick der Klöster auf den Felsen sprach aber auch für sich. Leider ist es unmöglich, das Panorma auf Bildern festzuhalten (ich hab es natürlich dennoch versucht). Um das ganze dann optisch aufzuwerten, habe ich mich noch selber ins Bild geschmissen. Viel gerettet hat das nicht. Es beweist allerdings, dass ich wirklich da war. Voilá.
1981 hat auch James Bond höchstpersönlich hier Schabernack getrieben. "For Your Eyes Only" hieß der schmucke Streifen, und wenn ich es richtig verstanden habe, wird in dem Film ein Schatz geklaut, der schließlich tatsächlich aus den Klöstern entwendet wurde. Inspiriert durch den Bond-Streifen. Ironie des Schicksals. Aber vielleicht erzähl ich auch Schmuh. Klingt auf jeden Fall spannend.
Nach ein paar Stunden Aufenthalt führte uns der Weg zum Hotel dann an einer Taverne vorbei. Eigentlich eher eine schlechte Mensa. Wir waren alle ratlos, warum wir ausgerechnet an diesem Restaurant halten mussten. Ein Klecks Zatziki für 3 Euro ist kein wahres Schnäppchen. Und kalt war das Essen auch noch. Es gab nur eine Lösung: Ein Zwischenstopp bei LIDL. Man glaubt gar nicht, wie verbreitet der deutsche Supermarkt hier ist. Ich war also wieder völlig aus dem Häuschen. Und alle anderen auch. Die nächste Viertelstunde sah man fröhliche ERASMUS-Studenten mit vollen LIDL-Tüten auf dem Parkplatz rumtoben. Das war besser als Disney-Land.
Viel besser als Disney-Land war übrigens auch unsere Unterkunft. Erstmal ging es zwei Stunden durch die griechischen Berge. Wir waren so hoch, wir sind tatsächlich durch die Wolken durchgefahren. Das war aber auch keine Kunst, weil das Wetter verdammt bescheiden war. Es war kalt und regnerisch. Und mit zunehmender Höhe wurde das nicht besser. Zwei Stunden lang fuhren wir weg von jeglicher Zivilisation, in die tiefen Wälder des griechischen Festlands.
Das Hotel hat mal wieder alles getoppt. Ich schätze eine n
ormale Übernachtung muss hier um die trölftausend Euro kosten. Keine Ahnung, wie sich die griechische Uni das leisten konnte. Also, erste gute Nachricht: Die Wirtschaftskrise ist gar nicht so schlimm. Und wie es dem ERASMUS-Studenten gebührt, bekamen wir alle eine Honeymoon-Suite. Oder direkt ein eigenes Haus. Inklusive Jacuzzi. Was soll ich sagen? Schade, dass es so kalt war - der Pool sah einladend aus. Ich hatte ein 2er-Zimmer. Unser Bett war gold und hing unter der Decke. Wir hatten sogar einen Kamin. Das Studentenleben ist hart.

Nachts wurde im Haus am Pool (Noemie hat u.a. dort gewohnt) das Inventar auf Haltbarkeit getestet. Der Pool und auch der Jacuzzi kamen zu später Stunde noch zum Einsatz.
Am nächsten Morgen hatten wir ein wenig Freizeit. Wir sind im Wald spazieren gegangen. Interessiert aber auch keinen, glaub ich. Das Bild ist aber schön.



Auf der Rückfahrt haben wir dann noch in einem Dorf Halt gemacht. Es weiß mal wieder niemand, wie es heißt, aber der Ausblick war schön. Hier sieht man die zweitlängste Brücke Griechenlands.

Spät abends sind wir dann zuhause angekommen. Mario war sehr einsam das Wochenende. Er hat den Kurs ja schon letztes Jahr gemacht. Glücklicherweise kam Babbis, der Security Mann aus dem Wohnheim, auf einen Besuch vorbei. Leider könnt ihr das nicht so witzig finden, wie ich, weil ihr den guten Herrn nicht kennt, aber vielleicht freut es euch trotzdem, dass er uns frisch gepflückte Äpfel und jede Menge anderes Obst vorbei gebracht hat. Er vermisst Mario irgendwie sehr. Als ich am Freitag meinen Kram im Wohnheim abgegeben hab war er mit väterlichem Stolz erfüllt, als er hörte, dass Mario mit zwei Frauen zusammen zieht. Ich hoffe, er kommt bald wieder vorbei.
Dafür dass ich Noemie und Mario vorher kaum kannte, entpuppt sich die WG als echter Glücksgriff. Mario studiert Medizin und ist ein sehr guter Hausmann. Er ist außerdem sehr um seine (und glücklicherweise auch um meine Gesundheit) besorgt und lehrt mir alle Feinheiten der griechischen Küche. Okay, das ist Quatsch. Wir beschränken unser Essen nur auf Salat und Obst. Ich werde unfassbar gesund sein. Außerdem weiß er medizinischen Rat in allen Lebenslagen. Ich werde jetzt ein Öko.
Um mein neues Image zu perfektionieren, melde ich mich diese Woche bei der griechisch-deutschen Volkshochschule zu einem Näh-Kurs an. Ich hatte ein paar interessante Diskussionen über die Ökonomie von Kleiderherstellern. Ich werd jetzt mein eigener Kleidermacher. Das könnte böse enden, aber keine indonesischen Frauen müssen mehr meine H&M-Klamotten nähen. Ich bin ein Gutmensch nämlich.
Noemie ist auch sehr talentiert. Sie will sich die nächsten Tagen eine Gitarre kaufen und dann für uns singen. Zuhause ist sie auch Sängerin und Schauspielerin. :)
Ich weiß noch nicht genau, was mein Job hier ist, aber ich mache ihn gut.
Bevor jemand fragt: Mario und ich werden nicht heiraten. Als er am ersten Tag gesehen hat, dass ich auf Socken durch die Wohnung gelaufen bin, hat er entsetzt gebrüllt: "I will never ever marry a German!". Ich war nicht traurig. Er hat mir versichert, dass man in Italien niemals ohne Schuhe durchs Haus gehen würde. Das ist ein guter Grund, nicht nach Italien zu ziehen.
Heute Abend hatte ich Culture Class: Die Ethymologie griechischer Worte. Gymnasium ist so ein Wort. Und jetzt wirds spannend: Gym heißt tatsächlich "nackt". Weil die Männer damals nackt Sport getrieben haben und dass im antiken Griechenland die Vorstellung von Bildung war. Denkt mal drüber nach.
Kalinichta.