Burgenländischer Coffeeshop-Anbieter Schärf (ca. 200 Standorte in Österreich, ca. 70 in Deutschland) zeigte Präsenz auf der "Gast Wien"
In der österreichischen Metropole Wien fand vom 25. bis 28. April 2010 die „Gast Wien“ (Alles für den Gast 2010) statt. Die Fachmesse gilt für rund 12.000 Fachbesucher als Treffpunkt für die Gastronomie- und Hotelbranche Ost-Österreichs und der Nachbarländer. In der Halle B präsentierten rund 200 Aussteller, davon ca. 15 % aus dem benachbartem Ausland, aktuelle und neue Produkte und Dienstleistungen. Von A wie Abfallpresse bis Z wie Zahnstocher.
Meinl-Espresso extrahiert mit dem neu kreiierten Blend »Julius Meinl 1862 PREMIUM« (8-10 Provenienzen), präsentiert in der roten Tasse des italienischen Designers Matteo Thun.
Ein besonderes Highlight zum Thema Kaffee war eine Sondershow unter dem Motto „Melange meets Cappuccino“. Hier wurde die besonders vielfältige Wiener Kaffeehauskultur (knapp 50 Kaffeespezialitäten) der international bekannteren italienischen gegenübergestellt. Baristas aus der Kaffeehausszene inszenierten mit feinen Zubereitungen den Kaffeegenuss dieser beiden Kulturen.
Anlässlich der italienischen Erfindung der Espressomaschine im Jahre 1900 wurde außerdem die Geschichte dieser Heißgetränkeautomaten am Beispiel von rund 30 historischen Espressemaschinen gezeigt (Fotos waren nicht erlaubt).
Auf der kleinen Ausstellung konnten zahlreiche wertvolle Modelle besichtigt werden, die heutzutage fast unauffindbar sind. Erste Maschinen mit dem „Säulenbetrieb“. Das erste „Hebelmodell“ ab 1948, welches die Zubereitungsart des Espresso faktisch auf den Kopf gestellt hat. Erst dadurch wurde die geschmackvolle „crema caffè“ entwickelt.
Die Modelle reichen bis Ende des zwanzigsten Jahrhunderts zurück, die von namhaften italienischen Designern entwickelt wurden, wie Gio Ponti, Enzo Mari, di Gebrüder Castiglioni, Marco Zanuso, Bruno Munari und Pininfarina.
Alle gezeigten Maschinen wurden schlussendlich in einem reich bebilderten Buch zusammengefasst, die man nicht nur auf dieser Messe, sondern auf der danach folgenden Wanderausstellung „Collezione Enrico Maltoni“ durch Österreich käuflich erwerben kann.
Barista inszenierte Kaffeezubereitung anlässlich des 5. Kaffeehaustages
Auch die „Wirtschaftskammer Wien“ mit der „Fachgruppe Wien“ (eine Art Berufsverband der Kaffeebranche) war auf der Messe präsent. Unter der Schirmherrschaft der „Fachgruppe Wien“ fand heuer der „5. Wiener Kaffeehaustag“ statt. Mitglieder der Wirtschaftskammer Wien informierten sich über die Leistungen und aktuellen Angebote und konnten sich persönlich beraten lassen.
Türkischer Röstmaschinen-hersteller Toper
Parallel zur „Gast Wien 2010″ fand die „Tea & Coffee World Cup Europe 2010„ statt. Erstmals parallel zur „Gast Wien“, aber bereits das dritte Mal in Wien (1994 und 1997), seit ihrer Gründung. Die Messe wird übrigens im Zweijahresrhytmus in Europa durchgeführt: bisher in Amsterdam, Rom, Hamburg, Genf und in Sevilla. Dazwischen werden Fachmessen in Asien abgehalten.
Veranstalter ist daher nicht etwa die Messe Wien, sondern die US-Fachmediengruppe Lockwood Trade Journals aus New York, USA. Dieses Event gilt nach eigenen Angaben als Europas größte und umfassendste Veranstaltung für die Kaffee- und Teebranche. Sie soll die gesamte Versorgungskette rund um den Kaffee- und Teegenuss – von der Ernte bis zur Tasse – zeigen. Mit praktischen Workshops zum Kaffeerösten, Kaffeegeschmackswettbewerben und Teeverkostungen.
Hamburger Kaffee-Importeur & Großhändler D&B
Im Unterschied zur „Gast Wien“ richtete sich dieses Event, laut Frank B. Schütze (Exhibition Director des „Tea & Coffee World Cup“) an etwa 3.500 Produzenten, Importeure und Exporteure sowie Großhändler für Tee und Kaffeeprodukte aus aller Welt. Ziel war es aber, die beiden Fachmessen einander zu öffnen.
Rund 100 Aussteller mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Tee (Maschinen, Ausstattung, Produkte und Services) präsentierten sich in der Halle C.
Unerwartet dünn war die Kaffeebranche repräsentiert. Einige wenige wahrnehmbare „Kaffeeanbieter“ in der Halle C waren zum Beispiel der Röstmaschinenhersteller Toper aus der Türkei und der Kaffeeimporteur und Großhändler Dethlefsen & Balk aus Hamburg sowie ein paar Nebenprodukte wie Monin, ISI oder Torani.
Vortrag Decaf Coffee Trends & Technology, 26. April 2010
Aus zeitlichen Gründen (1 Tag), aber erwartungsvoll, nahm ich am Nachmittag noch zwei der angekündigten Vorträge wahr. Erstens: „Decaf Kaffee – Trends & Technologien“. Hier sollten Trends zu entkoffeinierten Kaffee durch Vertreter von DEMUS Lab, Mountain Water Decaf, Coffee Chemistry und der European Decaffeinnators Association vorgetragen werden. Das Interesse an diesem englischsprachigen Vortrag war leider nicht sehr groß. 4 Zuhörer saßen 5 Podiumsmitgliedern gegenüber.
Und der Hauptstreitpunkt zwischen Podium und Publikum ging um das altbekannte
Wiener Melange entkoffeiniert
Thema: „Warum schmeckt entkoffeinierter Kaffee nicht?!“ Antwort: „Das liegt an den Röstern.“ Begründung: „Sie kaufen kaum hochwertigen Grünkaffee ein, sondern bestätigen lieber das landläufige Vorurteil: entkoffeinierter Kaffee schmeckt nun mal nicht so gut.“
Dazu stagniert das Geschäft in diesem Kaffeesegment seit Jahren bei ca. 10 % am Gesamtkaffeeabsatz in Europa. In den USA (15 %) liegt der Anteil etwas höher, vor allem an der Westküste (20 bis 25 %).
Technologisch ist man dagegen heute längst soweit, dass man sehr selektiv bei der Entkoffeinierung vorgehen kann, so dass die Aromen erhalten bleiben: man merkt keinen Unterschied im Geschmack mehr, sofern man ein gut behandeltes hochwertiges Ausgangsprodukt verwendet. Dazu bietet der Abnehmermarkt nach Ansicht des Podiums ein Potenzial, das noch nicht wirklich genutzt wird. Zum Beispiel würden ältere Menschen gerne auch am Abend eine gut schmeckende Tasse Kaffee – entkoffeiniert – genießen wollen. Aber das funktioniert eben nur mit einem qualitativ guten Produkt.
Gleich im Anschluss folgte ein englischsprachiger Report zum globalen Teemarkt. Die Resonanz war deutlich höher, was ja auch der Struktur dieses Events, aber auch der Thematik entsprach. Es heißt ja auch „Tea & Coffee“ und nicht „Coffee & Tea“.
Die »Gast Wien« war interessant und wichtig für die regionale Gastronomie und Hotelerie
Mein Fazit: Die „Gast Wien“ ist für den regionalen Gastronomie- und Hotelerie-Markt wichtig und interessant, schon alleine, um sich auf dem Laufenden zu halten. Dennoch, neue Trends oder wirkliche Innovationen im Kaffeebereich habe ich nicht entdeckt.
Etwas enttäuschend war die „Tea & Coffee World Cup“, vor allem wenn man auf Kaffee eingestellt ist. Ein Wiener Cafétier eines renommierten Wiener Kaffeehauses im 6. Wiener Gemeindebezirk ging da deutlich weiter und kommentierte den Besuch mit „GANZ FÜRCHTERLICH“ und empfahl einem Kollegen: „Geh nicht hin!“. Soweit würde ich nicht gehen. Aber jetzt bin ich sehr gespannt auf die COTECA vom 4. bis 6. Juni 2010 in Hamburg.
© 2010 by Axel R. Bollmann
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