Merle Wuttke: «Man muss sich auch mal zum Sex zwingen»

Frau Wuttke, sie haben einen Sexratgeber für Eltern geschrieben, Neue Verkehrsregeln. Warum brauchen Eltern sowas?

Merle Wuttke: Damit sie überhaupt mal wieder darüber sprechen, dass sie noch Sex haben können, wollen und dürfen. Damit sie sich darin wiederfinden und feststellen, dass sie nicht alleine sind, weil das viele denken. Aber mein Buch ist kein klassischer Ratgeber. Ich finde, man sollte darüber schmunzeln können, wie sich die Partnerschaft mit Kindern verändert hat, deshalb soll es helfen, auch über sich selbst zu lachen und die Überhöhung von Sex ein bisschen runterzubrechen. Es ist etwas Normales, das man einfach machen sollte.

Aber genau da liegt ja das Problem. «Einfach machen» ist eben nicht mehr. Was schlagen Sie vor?

Merle Wuttke: Es ist für Eltern wichtig, wieder als Paar aufzutreten und nicht immer nur zu gucken, ob die Kinder das richtige Essen und die beste Frühförderung bekommen. Einmal in der Woche sollte man einen Babysitter nehmen und zum Beispiel gemeinsam Essen gehen. Man muss sich da nicht immer tiefgründig unterhalten, es geht einfach darum, Zeit zusammen zu verbringen.

Das hilft jetzt aber noch nicht beim Sex.

Wuttke: Es hat damit zu tun, denn es mangelt bei Eltern ja an Gelegenheiten, Zeit und Lust. Man ist müde und erschöpft, weil entweder beide arbeiten und die Doppelbelastung spüren oder nur er arbeitet und sie für Kinder und Hausarbeit zuständig ist, und dann ist jeder in seinem Bereich besonders unter Druck. Kinder schlafen nicht durch und kommen ständig, und durch die permanente Fremdbestimmung haben viele keine Lust, sich dann auch noch um Sex zu kümmern. Wer den ganzen Tag sein Kind umgeschnallt hat, will dann abends nicht auch noch angefasst werden. Deshalb ist es wichtig, darüber zu reden als Paar.

Und wie lauten Ihre Sex-Tipps?

Wuttke: Sex passiert nicht von alleine, Eltern müssen da ran. Vielleicht, indem sie einen Tag pro Woche festlegen, so, als ginge man zum Sport. Und wenn sie keine Lust haben, müssen sie sich trotzdem aufraffen. Auch mal zum Sex zwingen, damit man wieder welchen hat.

Aber macht Sex auf Knopfdruck denn Sinn?

Wuttke: Auch Therapeuten sagen, dass die Lust oft erst dabei kommt. Andererseits ist es auch eine Wunschvorstellung, dass Sex immer toll sein muss. Er muss einfach mal passieren, es geht vor allem darum, sich nah zu sein und den anderen nicht aus den Augen zu verlieren.

Ist Sex denn nötig, um sich nah zu sein?

Wuttke: Ich glaube schon. Sicher ist es manchmal auch egoistisch, aber es hält trotzdem ein Paar zusammen. Sonst könnten wir ja einfach eine Wohngemeinschaft führen und Kinder großziehen, dann müsste ich keine Ehe führen.

Sie haben gesagt, die meisten Eltern sprechen nicht über ihr Sexproblem, weil es ihnen unangenehm ist. Sie sind selbst Mutter und haben das Gegenteil getan, sind an die Öffentlichkeit gegangen. Ihnen ist es wohl gar nicht peinlich?

Wuttke: Ich habe damit überhaupt kein Problem, ich bin ja auch Journalistin und schreibe oft über Partnerschaftsthemen für diverse Frauenmagazine. Deshalb finde ich es albern, dass keiner drüber spricht, obwohl es allen so geht.

Sind sie eigentlich mal erwischt worden von Ihren Kindern?

Wuttke: Nee.

Und wenn es passierte, was würden Sie machen?

Wuttke: Meine Kinder sind noch nicht so alt, die Älteste ist sieben, ich denke, sie würde das noch gar nicht wirklich verstehen. Am besten ist, wenn man relativ entspannt damit umgeht. Dann liegen Mama und Papa eben nackt im Bett, das finden sie vermutlich nicht einmal besonders aufregend. Und wenn sie nachfragen, kann man ihnen sagen, dass es etwas ist, was Erwachsene machen. Und so entstehen ja auch Kinder.

Quelle:
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Reisen & Leben Nachrichten -
Eltern-Verkehr – «Man muss sich auch mal zum Sex zwingen»


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