Merkelgelaber I: Prism und NSA


Es geht doch nicht um die Inhalte, Dummerchen

“Keine Stadt mehr ohne tägliche Massendemonstrationen gegen die neuesten Entscheidungen der Politik: Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf mindestens 50 Stunden, Abschaffung des Jahresurlaubs, Ersatz der Rente durch die Sozialhilfe, bedingungslose Konzessionsvergabe von Abbau- und Verwertungslizenzen für Bodenschätze einschließlich des Wassers an in- und ausländische Konzerne. Proteste allenthalben, bis hinunter in die Mittelzentren. Die Einkommensmillionäre beginnen das Land zu verlassen. Die Regierung wankt. Die Bundeswehr macht zum Inlandseinsatz mobil. Die Geheimdienste arbeiten fieberhaft an der strukturellen Zerschlagung der Bürgerproteste. Ein fiktives, aber nicht unrealistisches Szenario.

Um die Proteste zu enthaupten, d.h. um der Organisatoren und Koordinatoren habhaft zu werden mussten Polizei und Geheimdienste bis vor nicht allzu langer Zeit, etwa bis in die 1990er Jahre hinein, physisch aktiv werden: Demonstrationen beobachten und fotografieren, mutmaßliche »Rädelsführer« verfolgen, um deren Identität und Kontakte festzustellen, Telefone anzapfen und Räume verwanzen, um über den Inhalt der abgehörten Gespräche Hinweise auf die Organisatoren zu erhalten. Die gesammelten Daten mussten mit Datensätzen bereits bestehender Datenbanken abgeglichen werden. Und so weiter und so fort. Auf diese Weise arbeiteten sich auch Gestapo und Stasi langsam voran, schnell hingegen sammelten sich hunderte personenbezogener Akten an, die alle abgearbeitet werden mussten. Die Schlüsse, die Polizei und Geheimdienste daraus zogen waren dennoch oft fehlerhaft und gaben nicht die Realität wieder.

Diese unbefriedigenden Spitzelmethoden haben jetzt ein Ende – die Schlapphüte werden nicht mehr benötigt und können zu Hause bleiben oder entlassen werden. Denn jetzt genügen die Identität eines Demonstranten mit Mobiltelefon oder E-Mail-Adresse, ferner Immersion – so heißt das Programm, das die Aufklärungsarbeit selbstständig erledigt, – und einige Klicks am Polizei- bzw. Geheimdienstcomputer, um nach wenigen Augenblicken digital einen detaillierten Überblick über die Organisationsstruktur der Demonstrationen zu erhalten.

Abgelöst wurde die frühere physische Observation nämlich durch die automatische digitale Verarbeitung gespeicherter Verbindungsdaten, auch »Verkehrs-« oder »Metadaten« genannt.  Hier soll nicht von den Inhalten der Telefonate und E-Mails die Rede sein, denn die sind, anders als bisher vermutet, für die Behörden relativ uninteressant weil interpretationsbedürftig, zu ungenau und folglich zu wenig effizient: Reden kann man schließlich viel, und es ist keineswegs sicher, dass die Äußerungen die Realität adäquat abbilden. Viel aussagekräftiger sind in Wirklichkeit – wer hätte das gedacht – die Verbindungsdaten, die »nur« wiedergeben, wer beispielsweise mit wem, wann, wie lange, mit welchem Telefon und von wo aus telefoniert hat. Es handelt sich im Gegensatz zu den Inhaltsdaten um hieb- und stichfeste Befunde, die unwiderlegbar der Realität entsprechen. Und damit können geeignete Algorithmen eine Menge machen.

Auf den ersten Blick ist zu erkennen, welche Personen tunlichst zu verhaften sind oder einen Verkehrsunfall nicht überleben sollten. Oder wem gar der Nationalsozialistische Untergrund einen Besuch abstatten sollte.

Wohlgemerkt, es handelt sich genau um die Daten, deren Bedeutung von den zuständigen Politikern stets heruntergespielt wurde und wird. »Es geht doch gar nicht um die Inhalte – was regt ihr euch auf.« Mit gespieltem Kopfschütteln begegnen die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung deren Kritiker.

Und vor allem eines kann nicht oft genug wiederholt werden: Es geht nicht um Schutz vor islamistischem oder nationalsozialistischem Terrorismus, denn der wird von Einzeltätern bzw. Kleingruppen betrieben, die im übrigen sehr wohl wissen, wie sie sich vor elektronischer Ausspähung schützen können. Doch, es geht schon um bedrohte Sicherheit, aber um eine ganz andere: Es geht um den Schutz der Mächtigen, der Reichen, der Banken und Konzerne und um den ihrer Politikerschranzen, es geht um deren Schutz vor dem Zorn des ausgeplünderten und auszuplündernden Volkes.

Vor dem Europäischen Gerichtshof räumte denn auch der Vertreter des Landes Österreich Anfang Juli dieses Jahres auf Nachfrage ein, “er habe keine Nachweise, dass die Vorratsdatenspeicherung im vergangenen Jahr zu Ermittlungen gegen Terrorverdächtige oder organisierte Kriminalität genutzt worden sei.”

Quelle und Schaubild: http://www.nachdenken-in-duesseldorf.de/?p=3918


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