12.3.2012 - Bundeskanzlerin Merkel hat dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy am 6. Februar in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Paris bedingungslose Unterstützung zugesichert. Wörtlich sagte sie vor der versammelten französischen und deutschen Presse, sie unterstütze ihn, „egal was er tut“.
Hierbei dürfte Angela Merkel auch den aktuellen Ultra-Rechts-Ruck des wackligen Kandidaten ins Kalkül gezogen haben. Der war nämlich bereits vor einem Monat deutlich absehbar, wenngleich Sarkozy erst jetzt massiv um Anhänger des rechtsextremistischen Front National wirbt.
Merkel gegen Hollande
In Frankreich sieht es ganz danach aus, dass Nicola Sarkozy in der Wahl um die Präsidentschaft seinem Herausforderer François Hollande deutlich unterliegen wird. Für die deutsche Kanzlerin ist die Vorstellung, in Europa künftig auf die mühevoll aufgebaute Marke „Merkozy“ verzichten zu müssen, alles andere als lustig. Hollande hatte angekündigt, er wolle im Falle eines Wahlsieges unter anderem eine Nachverhandlung zum Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in Europa verlangen und war Merkel damit deutlich in die Parade gefahren.
So beschloss die Kanzlerin, Nicolas Sarkozy nach Kräften zu unterstützen. Sie beteiligte sich an Wahlkampfveranstaltungen, machte in Frankreich und in Deutschland deutlich, dass sie sich eine weitere Amtszeit des konservativen Staatschefs wünscht und sicherte ihm ihre volle Unterstützung zu, „egal was er tut“.
Dem Herausforderer Hollande verweigert Merkel bislang, entgegen üblicher Konventionen, ein Treffen im Bundeskanzleramt. Der Spiegel berichtete zudem über eine geheime Absprache zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs von Italien, Spanien und Großbritannien, wonach man François Hollande im Wahlkampf nicht empfangen wolle.
In der Vergangenheit hatte sich Merkel bereits einmal deutlich verrechnet, als es um die Ablehnung eines vermeintlichen politischen Gegners ging. Im Juli 2008 hatte sich die Kanzlerin dagegen eingesetzt, dass Barack Obama vor dem Brandenburger Tor in Berlin eine Rede hält. Nach dem Wahlsieg Obamas hatte es vieler diplomatischer Anstrengungen bedurft, um das angeknackste Verhältnis zwischen der Bundesregierung und dem amerikanischen Präsidenten wieder zu kitten.
Angela Merkel hat aus ihrer damaligen Schlappe scheinbar nichts gelernt und wiederholt nun in Bezug auf den französischen Wahlkampf die deutliche Parteinahme für den konservativen Kandidaten. Der ist sich seiner schlechten Aussichten auf eine Wiederwahl allerdings längst bewusst und hat nun den Kampf um die Stimmen der französischen Rechtsextremisten aufgenommen.
Marine Le Pen und der Front National
Die rechtsextreme französische Partei Front National (FN) wird seit Januar von Marine Le Pen, der Tochter des bisherigen Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen, geleitet. Die Partei hat sie als Kandidatin in den Präsidentschaftswahlkampf geschickt, wo sie nach Umfragen zwischen 15 und 23 Prozent der Stimmen erreichen könnte.
Die Partei wendet sich strikt gegen Einwanderung, pflegt eine ausgeprägte Islamkritik, spricht sich gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen aus, lehnt „anormale“ moderne Kunst ab und will stattdessen lokale, traditionelle Kultur fördern. Darüber hinaus steht Front National für eine größere Unabhängigkeit von der Europäischen Union und plädiert für die Einführung von Zollabgaben, zum Schutz einheimischer Landwirtschaft und Industrie.
Marine Le Pen belegt in den aktuellen Umfragen den Platz drei unter den möglichen Präsidentschaftskandidaten. Allerdings gilt es bislang noch als zweifelhaft, ob sie überhaupt zur Wahl antreten kann, da ihr einige zur Zulassung erforderliche Bürgschaften von Volksvertretern fehlen.
Auf diesen Umstand ist jetzt Nicolas Sarkozy aufmerksam geworden, der sich Gedanken darüber gemacht hat, wie er, bei einem Ausfall von Marine Le Pen, deren Stimmen für sich vereinnahmen könnte.
Zu viele Ausländer, zu offene Grenzen
In der vergangenen Woche sagte Nicolas Sarkozy in einer TV-Sendung im französischen Fernsehen, er wolle, im Falle eines Wahlsieges, die Zahl von Einwanderern nahezu halbieren. Es gebe einfach „zu viele Ausländer“ in Frankreich und es sei nicht länger möglich, für alle Immigranten Unterkünfte, Arbeit und Schulen bereitzustellen.
Am gestrigen Sonntag setzte der französische Staatspräsident seinen rechtspopulistischen Kurs vor rund 30.000 Anhängern in Villepinte bei Paris fort. Gäbe es in den kommenden zwölf Monaten keine deutlichen Fortschritte bei der Bekämpfung der illegalen Migration, dann wolle er Frankreichs Teilnahme am Schengener Abkommen bis auf weiteres ruhen lassen. Die Folge wäre unter anderem eine Schließung innereuropäischer Grenzen und eine Rückkehr zu den längst abgeschafften Grenzstationen und Zöllnern.
Weiterhin forderte Sarkozy Privilegien für den französischen Mittelstand. Nach dem amerikanischen Vorbild des „Buy American Act“ soll dementsprechend ein bestimmter Anteil öffentlicher Aufträge für französische Unternehmen reserviert werden.
Angela Merkel, die ja noch vor wenigen Wochen ihre bedingungslose Unterstützung für Nicolas Sarkozy betont hatte, bleibt angesichts der rechten Vorstöße ihres Favoriten eigenartig still. Aus dem Bundeskanzleramt hieß es nun auf einmal, man wolle sich zu Diskussionen im französischen Wahlkampf nicht äußern.
Unbekannt sind der Kanzlerin solche Versuche, eigene Wahlverluste mit den Stimmen Ultrarechter auszugleichen, nicht. Allerdings bietet die Konstruktion der christlichen Union die vorteilhafte Möglichkeit, solche „Jobs“ von der bayerischen Schwesternpartei erledigen zu lassen. So kann Angela Merkel sich ungestört im Licht von Toleranz, Freiheit und Gerechtigkeit sonnen und muss trotzdem nicht auf die Zustimmung durch bräunliche Bevölkerungsschichten verzichten.
Vielleicht sollte die Bundeskanzlerin ihrem französischen Freund eine vergleichbare Konstruktion vorschlagen. Immerhin fährt die Union damit bereits seit Jahrzehnten überaus erfolgreich.