Merkel muss "Staatsfernsehen" im Netz machen dürfen

Von Jan Falk
Jörg Wellbrock kritisiert beim Spiegelfechter Merkels Pläne, sich in einem Google-Hangout (möglicherweise vorab ausgewählter) Bürgerfragen zu stellen:
Journalisten können nerven. Längst nicht alle, aber es gibt sie eben doch, diejenigen, die unangenehme Fragen stellen, sich nicht mit ausweichenden Antworten zufriedengeben und womöglich sogar peinliche Wahrheiten ans Licht bringen. Wie lässt sich das in aller Ruhe umgehen? Ganz einfach, indem Journalisten gar nicht erst beteiligt werden. Genau das plant Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Hangout auf Google+, das am 19. April 2013 um 17 Uhr starten soll. Bürgernah gibt die Kanzlerin an, dass sie den Bürgern die Möglichkeit einräume, mit ihr zu diskutieren. [...] Letztlich läuft es darauf hinaus, Staatsfernsehen zu betreiben. Merkel wird so antworten, wie es ihr gefällt. Und die einzige Zwischenbemerkung wird die des Regisseurs sein, wenn er „Gut so, weiter Frau Merkel“ ruft.
Jörg Wellbrock zeigt hier doch ein etwas merkwürdiges Verständnis von politischer Kommunikation im Internetzeitalter. Da wird von der Politik jahrelang gefordert, netzaffiner zu werden - und nun das. Genauso wie eigentlich alle anderen politischen und privaten Institutionen und allem dazwischen muss sich doch auch das Kanzleramt um eine moderne Kommunikationsstrategie im Netz bemühen dürfen.
Sicher, solche Chats, Hangouts und ähnliche Formate gleichen immer nur einer simulierten, symbolischen Bürgernähe. Dürfte das Format relativ unkritisch ausfallen? Gut möglich, liegt aber in der Natur der Sache im Feld der Öffentlichkeitsarbeit. Doch die Zuschauer merken das in der Regel, und je unkritischer das Format rüberkommt, desto weniger überzeugend und spannend wird es auch. 
Übrigens hat Barack Obama vor einigen Wochen ebenfalls ein Google-Hangout veranstaltet, und viele Kommentatoren waren sich hinterher einig, dass er dort kritischere Fragen beantworten musste als bei so mancher Pressekonferenz. Und nur deshalb dürfte es auch einen gewissen Anreiz zum Zuschauen gehabt haben.
Ist eine Debatte über die Konsequenzen immer größerer Möglichkeiten direkter Kommunikation der politischen Institutionen nötig? Sicher. Letztlich, so meine ich, muss schon der Journalismus weiterhin die vierte Gewalt ausüben. Und das unabhängig davon, ob die Kanzlerin hin und wieder mit dem Volk chattet. Aber das ist eben erstmal auch völlig legitim und sollte von der Medienanstalt Berlin Brandenburg schleunigst durchgewunken werden.


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