Von Stefan Sasse
Ich hatte 2010 prophezeit, dass Schwarz-Gelb innerhalb ihrer Legislaturperiode mit dem Abzug aus Afghanistan und der Einführung des Mindestlohns zwei genuin linke Themen umsetzen würden, einerseits aus einer "Nixon goes to China"-Logik heraus, andererseits auch um dem Gegner das Wahlkampfthema zu nehmen und die Umsetzung zu eigenen Konditionen durchzuführen. Zwar ist Guttenberg mittlerweile weg, aber er war trotzdem derjenige der einen Abzugstermin in die Debatte einführte (auch wenn das mittlerweile wieder untergegangen ist). Und nun kündigt Merkel an, die Einführung des Mindestlohns prüfen zu lassen. Sie geht dabei wie üblich ziemlich clever vor. Zum Einen hat sie Vertreter beider Parteiflügel beauftragt, jeweils ein Konzept zu entwickeln, und zum anderen will sie keinen "politischen" Mindestlohn, sondern eine Festsetzung durch ein "Komittee von Tarifpartnern", was auch immer das heißen soll. Da der Koalitionsvertrag die Einführung von Mindestlöhnen ausschließt, ist dieser Schritt vermutlich der cleverste.
Einerseits ist so die Einführung vergleichsweise unternehmerfreundlicher Mindestlöhne garantiert, denn die christlichen Gewerkschaften, die derzeit mit der Umsetzung betraut sein sollen sind nicht gerade Aushängeschilder des Kampfs für Arbeitnehmerrechte und fielen in der Vergangenheit vor allem durch das gezielte Unterlaufen von Tarifen auf. Die Berufung auf Tarifpartner sollte also alle Alarmglocken schrillen lassen, denn obwohl der DGB sich sicher nicht wird ausschließen lassen dürfte Merkels Intention sein, den christlichen Gewerkschaften so viel Einfluss wie möglich in dem Komittee zu geben. Meine Prognose wäre das scheinbar günstige Angebot, das Komittee 50:50 aus Arbeitgebern und Gewerkschaften zu besetzen und die christlichen Gewerkschaften mit einer letztlich beliebigen Zahl von Sitzen auf die Gewerkschaftsseite einzubinden. Auf die Art wär eine strukturelle Mehrheit der Arbeitgeber gegeben, und der DGB hätte es sehr schwer in Opposition zu gehen, da er dann die Einführung eines Mindestlohns obstruieren würde.
Diese Vorgehensweise ist aber auch mit Blick auf die FDP interessant. Meine Intuition ist, dass die FDP von dem Vorschlag Merkels mehr oder minder überrascht wird. Damit zwingt Merkel sie, entweder mitzuspielen oder erneut eine richtig unpopuläre Stellung zu beziehen. Gleichzeitig können Sozialdemokraten und Grüne genausowenig wie der DGB ernsthafte Opposition gegen das Vorhaben betreiben und sind praktisch zum Mitspielen gezwungen. Die LINKE wird erneut kategorisch Nein sagen, dazu die richtigen Gründe anführen, während im Bild der Öffentlichkeit das "Nein" ohne Angabe von Gründen bestehen bleiben wird. Damit zementiert sich weiter die Bedeutungslosigkeit der LINKEn.
Der Plan ist insgesamt so clever wie vorhersehbar. Das einzig wirklich überraschende ist der Zeitpunkt. Vermutlich will Merkel die aktuelle Schwäche der FDP ausnutzen, vielleicht sogar eine Sollbruchstelle schaffen. Spekulationen, dass sie die Koalition gerne zugunsten einer neuen Großen Koalition beenden würde, sind derzeit im Überfluss zu haben, etwa bei Michael Spreng. In diesem Fall würde die Initiative Merkel ein hevorragendes Sprungbrett schaffen. So oder so, die Initiative beweist den politischen Sachverstand dieser Frau. Sie hat ein Händchen dafür, solche Stimmungen zu wittern und zielstrebig auszunutzen, das hat sie immer wieder bewiesen. Und genau diese Fähigkeit geht der SPD praktisch völlig ab, weswegen sie hier wahrscheinlich wieder im Regen stehen gelassen werden. Aber daran sind die Sozialdemokraten wahrhaftig selber schuld.
Ich hatte 2010 prophezeit, dass Schwarz-Gelb innerhalb ihrer Legislaturperiode mit dem Abzug aus Afghanistan und der Einführung des Mindestlohns zwei genuin linke Themen umsetzen würden, einerseits aus einer "Nixon goes to China"-Logik heraus, andererseits auch um dem Gegner das Wahlkampfthema zu nehmen und die Umsetzung zu eigenen Konditionen durchzuführen. Zwar ist Guttenberg mittlerweile weg, aber er war trotzdem derjenige der einen Abzugstermin in die Debatte einführte (auch wenn das mittlerweile wieder untergegangen ist). Und nun kündigt Merkel an, die Einführung des Mindestlohns prüfen zu lassen. Sie geht dabei wie üblich ziemlich clever vor. Zum Einen hat sie Vertreter beider Parteiflügel beauftragt, jeweils ein Konzept zu entwickeln, und zum anderen will sie keinen "politischen" Mindestlohn, sondern eine Festsetzung durch ein "Komittee von Tarifpartnern", was auch immer das heißen soll. Da der Koalitionsvertrag die Einführung von Mindestlöhnen ausschließt, ist dieser Schritt vermutlich der cleverste.
Einerseits ist so die Einführung vergleichsweise unternehmerfreundlicher Mindestlöhne garantiert, denn die christlichen Gewerkschaften, die derzeit mit der Umsetzung betraut sein sollen sind nicht gerade Aushängeschilder des Kampfs für Arbeitnehmerrechte und fielen in der Vergangenheit vor allem durch das gezielte Unterlaufen von Tarifen auf. Die Berufung auf Tarifpartner sollte also alle Alarmglocken schrillen lassen, denn obwohl der DGB sich sicher nicht wird ausschließen lassen dürfte Merkels Intention sein, den christlichen Gewerkschaften so viel Einfluss wie möglich in dem Komittee zu geben. Meine Prognose wäre das scheinbar günstige Angebot, das Komittee 50:50 aus Arbeitgebern und Gewerkschaften zu besetzen und die christlichen Gewerkschaften mit einer letztlich beliebigen Zahl von Sitzen auf die Gewerkschaftsseite einzubinden. Auf die Art wär eine strukturelle Mehrheit der Arbeitgeber gegeben, und der DGB hätte es sehr schwer in Opposition zu gehen, da er dann die Einführung eines Mindestlohns obstruieren würde.
Diese Vorgehensweise ist aber auch mit Blick auf die FDP interessant. Meine Intuition ist, dass die FDP von dem Vorschlag Merkels mehr oder minder überrascht wird. Damit zwingt Merkel sie, entweder mitzuspielen oder erneut eine richtig unpopuläre Stellung zu beziehen. Gleichzeitig können Sozialdemokraten und Grüne genausowenig wie der DGB ernsthafte Opposition gegen das Vorhaben betreiben und sind praktisch zum Mitspielen gezwungen. Die LINKE wird erneut kategorisch Nein sagen, dazu die richtigen Gründe anführen, während im Bild der Öffentlichkeit das "Nein" ohne Angabe von Gründen bestehen bleiben wird. Damit zementiert sich weiter die Bedeutungslosigkeit der LINKEn.
Der Plan ist insgesamt so clever wie vorhersehbar. Das einzig wirklich überraschende ist der Zeitpunkt. Vermutlich will Merkel die aktuelle Schwäche der FDP ausnutzen, vielleicht sogar eine Sollbruchstelle schaffen. Spekulationen, dass sie die Koalition gerne zugunsten einer neuen Großen Koalition beenden würde, sind derzeit im Überfluss zu haben, etwa bei Michael Spreng. In diesem Fall würde die Initiative Merkel ein hevorragendes Sprungbrett schaffen. So oder so, die Initiative beweist den politischen Sachverstand dieser Frau. Sie hat ein Händchen dafür, solche Stimmungen zu wittern und zielstrebig auszunutzen, das hat sie immer wieder bewiesen. Und genau diese Fähigkeit geht der SPD praktisch völlig ab, weswegen sie hier wahrscheinlich wieder im Regen stehen gelassen werden. Aber daran sind die Sozialdemokraten wahrhaftig selber schuld.