Mercedes baut wieder Reihensechszylinder Benzinmotoren.
Der M256
Manchmal ist es von Vorteil, schon ein gewisses Alter erreicht zu haben. Denn als begeisterter Anhänger der Mercedes Produktpalette aus den Jahren 1970 bis 1993 kennt man die legendären Mercedes Sechszylinder Reihenmotoren, die mit
Ottokraftstoff befeuert wurden, noch aus dem täglichen Straßenbild. Die Zylinderanordnung in Reihe war für Mercedes Benz Fahrzeuge – jedenfalls bis zur Zylinderzahl 6 – so heilig und selbstverständlich wie das Rechtsfahrgebot oder die Tatsache, das der Stuhl Petris in Rom steht. War die Krönung der Graugussmotoren der Doppelnocker M110, steigerte der legendäre M103, jetzt mit leichterem Aluminiumkopf und nur noch einer Nockenwelle, die Motorenbaukunst der Schwäbischen Motorenwerke in der Art, das Leistung, rationale Fertigung und Sparsamkeit kein Ausschluss mehr waren. Wären die M104
Nachfolger nicht durch ihre bröselnden Motorkabelbäume so negativ aufgefallen, wären diese R6er, für alle Ewigkeit auf dem Thron der Ingenieurskunst geblieben. Doch dann war Schluss in Stuttgart mit dem Reihen Sechser. Das V hielt Einzug und die Mercedes Jünger weinten über den Preislisten und Prospekten Rotz und Wasser, wie eine Scheibenwaschanlage nach Frostbruch.
Und nun ? Im Jahre 2017 soll es wieder vom V zum R wechseln ? Hat man uns im Jahre des Herrn Schremp 1997 irgendetwas falsches erzählt, als wir den ungeliebten M112 in unsere, jetzt schneller rostenden W210er eingebaut hat ? War da nicht von Brennraumoptimierung, Ausgleichswellen, kompaktere Bauart und thermischer Verbesserung die Rede ?
Eher war es die kostengünstigere Fertigung mit den V8 Brüdern der Motorenreihe M113 die das Aus der Reihensechser besiegelten. Schließlich konnten beide Motoren auf einer Fertigungsstraße montiert werden und beinhalteten viele Gleichteile. Offenbar sind es heute die gleichen Gründe wie damals, die Mercedes dazu veranlassen, quasi back to the roots, die Zylinder wieder hübsch in einer Reihe anzuordnen. Nur ist diesmal der kleinere Vierzylinder ausschlaggebend, denn mit ihm wird es die Verwandtschaft der Gleichteiler geben. Als M264 mir Vier – und als M 256 mit Sechszylindern.
Welche technischen Vorteile uns diesmal genannt werden ? Laufkultur kannten wir ja schon vor zwanzig Jahren in Vollendung und wäre die Gemischaufbereitung mit heutiger Rechenleistung schon vorhanden gewesen, dann wäre auch die Energiebilanz besser gewesen. Nun werden wir darüber aufgeklärt, dass Motoren eine heiße – die Abgasseite haben – und eine kalte, eben die Ansaugseite. Wie schon bei den neuen Dieselagregaten der OM 654 Familie, werden auch die künftigen Ottomotoren, direkt auf der heißen Seite ihre Abgase reinigen müssen. In der Tat ist das bei V Motoren sehr schwierig, denn sie haben ja bauartbedingt zwei heiße Seiten. Die wirkliche Neuerung steckt aber in einem elektrisch betriebenen Verdichter, der mit einer unglaublich kurzen Reaktionszeit das Turboloch, praktisch aus der Leerlaufdrehzahl eliminiert und somit eine direkte Nutzung der Aufladung ermöglicht. Aber das alleine erklärt auch nicht, die auf dem Papier realisierte Kraftstoffeinsparung von 25% ! Und jetzt wird es wirklich spannend, weil es fast ein Dutzend Jahre gebraucht hat um eine bereits vorhandene Technik zu reanimieren: Der Integrierte Starter-Generator (ISG) kommt aus der Versenkung des Jahres 2005 zurück. Also ein Mildhyprid, gespeist aus dem 48 Volt Bordnetz, unterstützt er den Antrieb, was speziell beim Beschleunigen und Anfahren aus dem Stand, Kraftstoff einspart. Weil diese Technologie 2005 im S350 zu teuer war und in der Versenkung verschwunden war, dürfen wir Kunden uns auf entsprechend saftige, aber durchaus auch gewohnte Mercedespreise einstellen.
An diesem Punkt erinnere ich mich an meine Kaufentscheidung für einen S211 als E200 Kompressor. Aus nur 1,8 Litern Hubraum entwickelt dieses Triebwerk 163 bis 184 PS und sollte ein Sparwunder sein. Nu ja – erfreulich lebendig ist das Motörchen, aber ein echtes Sparwunder ist er nicht, jedenfalls nicht zu seinem Vorgänger, dem legendären M102, der als 230E auch nicht mehr verbrauchte.
Bleibt mir ja noch der M116 im 420SE. Ein Motorklang wie ein Konzert der der London Philharmoniker und der Gelassenheit von Helmut Kohl, der ja bekanntlich in seinen Dienst S Klassen alle Problem aussitzen konnte. Ob er auch dem Klang der M117 oder später dem M119 gelauscht hat. Ich wünschte ich dürfte ihn dazu persönlich befragen…