Zwei amerikanische Feiertage habe ich während meines Praktikums in Washington DC mit erlebt: den Independence Day und den Memorial Day. Letzteren feierte man wieder vorgestern – wie jedes Jahr, am jeweils letzten Montag im Mai – überall in den Staaten. Heute folgen einmal ein paar Eindrücke wie ich den Memorial Day damals erlebt habe.
Zu der Zeit war mir der Feiertag, an dem es um das Erinnern und Gedenken der in den Kriegen gefallenen US-Soldaten/innen geht und der zeitgleich auch den offiziellen Beginn der Sommersaison markiert, relativ unbekannt. Dabei ist es einer der bedeutendsten Feiertage für die Amerikaner, die an diesem Tag mit zahlreichen Veranstaltungen, Paraden und mit dem Besuch von den offiziellen Gedenkstätten ihrer toten Soldaten und die Kriegsveteranen ehren. Und vor allem in der Hauptstadt wird es am Memorial Day Wochenende so richtig voll, schließlich befinden sich hier die wichtigsten Grab- und Gedenkstätten. An besagtem Wochenende habe ich 2011, zusammen mit meinen Mädels vom Praktikum, drei Events besucht:
1. Rolling Thunder
Los ging‘ s mit der Rolling Thunder Motorcycle Parade: Jedes Jahr kommen dafür tausende Biker in die Hauptstadt, um mit ihrem “Ride for freedom” den Veteranen, Kriegsgefangenen und Gefallenen zu gedenken, aber auch um Protest zu zeigen. Die Organisation setzt sich nämlich für die Unterstützung der Kriegsveteranen und die Aufklärung der immer noch vermissten Soldaten aus den vergangenen Kriegen ein. Die Rallye beginnt immer am Pentagon und führt die Rocker durch die Stadt bis zum Vietnams Veteran Memorial. Wir sahen uns das Ganze von der National Mall an der Pennsylvania Ave an. Da es unheimlich heiß war an dem Tag, suchten wir uns einen Platz im Schatten und warteten auf die ersten Motorradfahrer, die dann auch in einer perfekten Formation angedonnert kamen.
Wohin man auch blickte, sah man die amerikanische Nationalflagge, Zuschauer, die die Biker jubelnd oder mit Schildern am Straßenrand erwarteten. An dem Tag soll sogar Sarah Palin mitgefahren sein, was wir aber erst später erfahren haben…
Vietnam Women‘s Memorial
Vietnam Veterans Memorial
2. National Memorial Day Concert
Das (kostenlose) Konzert war eigentlich eher eine Art Gedenk-Veranstaltung mit musikalischer Untermalung, dass zeitgleich live in ganz Amerikan ausgestrahlt wird. Wie in den USA bei Großveranstaltungen üblich, begann das Konzert mit der Nationalhymne – dabei überrascht es mich immer wieder aufs Neue, wie mucksmäuschenstill es dabei mit einem Mal wird. Auf jeden Fall sorgte es bei mir schon mal für die erste Gänsehaut.
Dann ging es weiter: Man ehrte die Kriegsveteranen, Angehörige, die ihren Sohn, ihre Tochter oder den Ehemann durch den Krieg verloren haben, sprachen über ihren Verlust und zwischendurch wurden Videos eingespielt von den Weltkriegen, Pearl Harbor,…etc. Durch das Programm führte Gary Sinise, den man aus CSI New York kennt und der sich schon seit Jahren für die Rechte der Kriegsveteranen einsetzt. Außerdem waren an dem Abend, u.a. auch Forest Whitaker und Colin Powell da. Letzterer, weil bei diesem Konzert ein Teil der Veranstaltung besonders dem 9/11 gewidmet wurde, der zu dem Zeitpunkt 10 Jahre her war. Durch die Veranstaltung hinweg bewegte Gesichter, viele weinten und ja, man selbst ist natürlich ebenfalls den Tränen nahe, wenn man mit realen Dramen und Geschichten von echten Menschen konfrontiert wird. Zumindest ging es mir so.
Alles sehr patriotisch auf der einen Seite (vor allem für Nicht-Amerikaner), aber auf der anderen Seite haben die Amerikaner auch ein ganz anderes Verhältnis zu ihrer Army und zu ihrem Land natürlich im Allgemeinen. Und der 11. September in Amerika war sicherlich eines der einschneidendesten Ereignisse in den vergangenen Jahren. Eine Nation in kollektiver Trauer, immer noch. Das ging mir so damals durch den Kopf… Der Tod von Osama bin Laden drei Wochen zuvor, der an dem Abend auch in den Reden vorkam, war vielleicht der Abschluss, den das Land gebraucht hat, um 9/11 ein Stück weit mehr hinter sich zu lassen und nach vorn zu blicken.
Was 9/11 für die Menschen dort wirklich bedeutet – das konnte ich zum Teil erst nach dieser Veranstaltung, durch Gespräche mit meinen amerikanischen Kollegen und Freunden und mit meinen Eindrücken von Ground Zero in NYC (das jetzt fertige Memorial veranschaulicht es einem noch intensiver) erfassen. Die Gedenkveranstaltung selbst war dann zwischen zehn und elf Uhr zu Ende. Am eigentlichen Memorial Day am nächsten Tag machten wir uns schließlich noch auf den Weg zur National Memorial Day Parade.
3. National Memorial Day Parade
Auf der Parade marschieren Marching Bands aus allen Staaten und Veteranen, zum Teil kostümiert in der jeweiligen Kriegsepoche, um ihre Gefallenen zu ehren. Da der Memorial Day ursprünglich nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg entstanden ist, sieht man sozusagen noch einmal einen “Abriss” der amerikanischen (Kriegs-)geschichte seitdem. Leider war es an dem Tag aber so brutal heiß und schwül, dass wir nach 40 Minuten ohne Schatten in das nächste Museum geflohen sind. Trotzdem sind einige Fotos entstanden, die ich euch natürlich nicht vorenthalten will:
Nach diesem Wochenende und all den Eindrücken, war ich froh, dass ich einmal diesen Feiertag miterlebt habe. Ich hatte danach schon das Gefühl, dass ich der amerikanischen Kultur und Denkweise dadurch ein ganzes Stückchen näher gekommen bin und vieles besser verstehe oder sagen wir nachvollziehen kann. Und ob man es mag oder nicht, es war auf jeden Fall Amerika pur – weshalb man sich das auf jeden Fall anschauen sollte, wenn man zu der Zeit gerade in den Staaten ist (oder zu einem anderen Feiertag).
Hast du schon einmal einen amerikanischen Feiertag live miterlebt? Wenn ja, welcher und wie war es?