Memorandum der Ungeborenen

Erstellt am 2. Februar 2011 von Schreibfreiheit

Sehr geehrte LeserInnen,

wir freuen uns, daß Sie dieses Memorandum in die Hand bekommen haben, in dem wir unsere Situation darlegen können. Wir Ungeborene fordern Chancengleichheit. Hört uns niemand? – Es ist ein Hilfeschrei von Menschen, die kei­ne Lobby haben. Helft uns, wir sind hier; dieses Memoradnum ist die einzige Möglichkeit uns zu äußern.

Zehntausende Ungeborener werden jährlich legal in Österreich abgetrieben. Deshalb möchte die CPÖ – Landesgruppe Steiermark am Tag des Lebens – dem Mittwoch, 1. Juni 2011 mit Beginn um 15 Uhr (Treffpunkt vor der Burg ) im Sinne dieses Memorandums zu einem Gedenkmarsch in Graz aufrufen.

Sie, liebe LeserInnen, können diesen Brief lesen, weil Sie in diesem für jeden Menschen unerläßlichen Stadium weiter leben durften. Wir möchten auch weiterleben.

Mit freundlichen Grüßen

Die Ungeborenen

Thesenanschlag

1. Wir nehmen nicht nur körperliche, sondern auch seelische Signale auf. Eine liebevolle Annahme ist für unser gesamtes späteres Leben prägend. Die Diskussion „Sollen wir abgetrieben werden oder nicht?“ ist für uns psychisch schädlich.

2. Wie könnt Ihr uns töten, wenn wir nach dem Zivilrecht bereits erbberechtigt sind? So gilt es für einen Menschen, der zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war („nasciturus“), als wäre er vor dem Erbfalle geboren (vgl. Paragraph 1923, BDR).

3. Der Ausdruck „Schwangerschaftsabbruch“ ist irreführend. Wir werden getötet; wir haben bereits alle Anlagen und sind Menschen wie Ihr auch. Bereits in der 11. Woche sind wir fünf Zentimenter groß und haben ein Köpfchen, Ärmchen und Beinchen. Wir können uns drehen, wenden und überschlagen, wie es uns gefällt. Ihr dürft unser Leben nicht auslöschen. Die Regelung mit dem 3. Monat ist eine reine Willkür. Willkür sollte in einem Rechtsstaat keinen Plaiitz haben.

4. Sehr geehrte Beratungsstellen, wenn ihr einen Beratungsschein ausstellt, so muß es euch klar sein, daß ihr uns damit als „vogelfrei“ erklärt, es ist ein Freibrief zum Töten.

5. Liebe Mütter, mit der Empfängnis stellt sich euer Körper um; dies geht soweit, daß Ihr uns bei der Geburt die nur schwer ersetzbare Muttermilch geben könnt. Bei einem Abbruch dieser Entwicklung müssen 20 % von euch mit einem gesundheitlichen Schaden rechnen, 50 % bekommen ein echtes psychisches Trauma.

6. Unser Heranwachsen in eurem Leib verändert eure Psyche und trägt nachhaltig zu eurer spezifischen  Selbstverwirklichung bei. Keine Technik bringt das Wunderwerk zustande, das in euch entsteht. Wir wissen nicht, wie wir in eurem Leib entstehen. Noch haben wir keinen Atem, aber das Wunderwerk der Atemwege, der Lunge, der Nase sind schon angelegt. Diese Entwicklung ist nur sinnvoll im Hinblick auf unseren großen Tag; dies gilt auch für unsere Augen, Ohren, Mund. Alle unsere Anlagen sind schon vor dem 3. Monat ausgebildet und werden mit unserer Geburt aktiv.

7. Wenn Ihr sagt: „Mein Bauch gehört mir“, so  überseht Ihr, daß zur Zeugung menschlichen Lebens zwei Menschen gehören; folglich dürft ihr nicht allein über unser Leben bestimmen. Wir sind bereits eigenständige Wesen.

8. Bei der Aussage „Mein Bauch gehört mir“ müßte man weiterfragen: Warum gilt diese „Leibeigenschaft“ nur bis zum 3. Monat und im 4. Monat nicht mehr?

Im Mittelalter gab es auch schon eine „Leibeigenschaft“ als besondere mittelalterliche Form der bäuerlichen Un­freiheit nach germanischer Rechtsanschauung. Die brutale Form der „Leibeigenschaft“ sollte auch beim Thema „Abtreibung“ überwunden werden.

Wenn die Aussage „Mein Bauch gehört mir“ ein Grund für die Fristenlösung wäre, dann könnte eine Frau im 7. Monat genauso abtreiben; Veranstaltungen, bei der diese Plakate getragen werden, sind somit sehr zweifelhaft.

9. Haeckels ‘biogenetisches Grundgesetz’ ist überholt. Wir sind zur Zeit der Abtreibung nicht nur ein Vielzeller oder ein  undefinierbarer Zellklumpen, sondern wir sind Menschen.

10. Von den Indikationen möchten wir nur eine In­dikation, die bei weitem am häufigsten (70 %) angegeben wird, herausgreifen: Die soziale Indikation. Obwohl Deutschland zu den reichsten Staaten der Welt gehört, ist es der geburtenschwächste Staat der Welt. In diesem Staat wird das Töten von Menschen im Mutterleib aus »sozialen Gründen

11. Ihr tötet uns, obwohl wir ohne jeden Zweifel als Mensch geboren würden. Um das Leben zu schützen, gibt es für trächtige Tiere eine Schonzeit. Steht uns diese „Schonzeit“ nicht zu?

12. Wir wollen kein Organ-Ersatzteillager sein. Weil wir Menschen sind, transplantiert ihr nach einer Abtreibung unser lebendes Hirngewebe in das Gehirn von Parkinsonpatienten oder ihr transplantiert unser Nervengewebe in das Rückenmark gelähmter Patienten. Unser Leben ist nach der Einbettung des befruchteten Eies in die Gebährmutterschleimhaut bis zur Geburt in den wenigsten Staat geschützt. Auch sind wir, wenn wir künstlich befruchtet wurden und nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft einer Frau übertragen wurden, absolut nicht geschützt.

13. Es ist ein Unrecht, wenn wir zum Beispiel nach einer pränatalen Diagnostik zu Übergewicht neigen werden oder nicht das gewünschte Geschlecht haben, getötet werden. Die eugenische und medizinische Indikation, die wir ablehen, wird immer weitmaschiger ausgelegt.

14. Falls Ihr tatsächlich nicht wißt, wann der Mensch Mensch wird, so müßte auch für uns der Grundsatz, der im Umweltbereich anwendet wird, gelten: wenn et­was zweifelhaft ist, dann darf man bei wichtigen Angelegenheiten nichts unternehmen, wenn man nicht ganz sicher ist, daß es unschädlich ist. Ihr behandelt uns, als ob wir Schwerverbrecher wären und verurteilt uns zum Tod.

Für uns muß auch der Rechtsgrundsatz gelten: In dubio pro reo: Im Zweifelsfall muß man sich auf die Seite des Angeklagten, also auf unsere Seite, stellen. Wir sind völlig unschuldig und wehrlos und allein auf eure Hilfe angewiesen. Ein Urteil von drei „Richtern“, die immer zu finden sind, kann unser Leben legal auslöschen. Ihr dürft doch nicht einen Menschen töten, auf den später ein anderer Mensch vergeblich wartet.

15. Obwohl in euren Staaten Gewissensfreiheit besteht, müssen viele Bürger diesen Mord noch finanziell unterstützen, da er durch die Beitragsleistungen an die Krankenkassen die Tötung ungeborenen Lebens zwangsweise mitfinanziert. Wir sind doch kein Krankheitsherd. Beim Schwangerschaftsabbruch handelt es sich nicht um eine Krankheit, sondern um einen Eingriff des Arztes, auf Grund dessen die Möglichkeit für einen Krankheitsherd gebildet wird: körperliche und seelische Schäden. Eine schwangere Frau ist doch nicht krank, sondern wenn eine Frau schwanger wird, ist es ein Zeichen dafür, daß sie gesund ist.

16. Alle Erörterungen über das werdende Leben im Mutterleib sind in den Wind gesprochen, wenn eine werdende Mutter nicht genügend finanzielle Zuwendungen (keine Almosen!!) bekommt. Auf die werdende Mutter, die im letzten doch über Leben und Tod entscheidet, muß man mit beiden Ohren hören und ihr helfen.

17. Helft bitte mutigen Frauen, die ihr Kind trotz Schwierigkeiten austragen. Ihnen muß mit Wohlwollen und klarer staatlicher Unterstützung die Geburt des Kindes ermöglicht werden, nicht daß diese Frauen auf Grund von fast unüberwindlichen Schwierigkeiten unter Umständen ebenso ein psychisches Trauma erleben wie abtreibende Frauen!

Gründet einen Wohltätigkeitsverein, der werdenden Müttern Wohnraum zur Verfügung stellt, sodaß unsere Mütter nach unserer Geburt ein Heim finden, falls Sie sonst nirgends unterkommen.

18. Ein Rechtsschutz für Ungeborene ist für Frauen nicht nur eine Last, sondern auch ein Schutz. Bisweilen werden Frauen vom Mann so unter psychischen Druck gesetzt, daß ihnen gar nichts anderes übrigbleibt als abtreiben zu lassen.

19. Tausende Eltern warten auf unsere Adoption. Dr. Wilfried Feichtinger (Wien) berichtete, daß heute weltweit in den Industrienationen 15 bis 20 Prozent aller neu geschlossenen Ehen ungewollt kinderlos blieben, zu Beginn der sechziger Jahr sind es noch 7 bis 8 Prozent gewesen.

20. Kehrt zurück zur grundsätzlichen Diskussion. Gebt Gründe an für Eure Lösungen und begnügt euch nicht mit Diskussionen um Lösungen ohne Gründe! Sollte Deutschland, das zwei Weltkriege entfacht hat, nicht mit gutem Beispiel vorangehen und Leben retten? Viele Gründe sprechen dafür.

21. Wenn wir das Licht der Welt erblicken, ächtet unsere Mütter nicht. Während sich die Väter bisweilen davonstehlen, müssen Mütter die ganze Last unter ständigen Verdemütigungen tragen. Ständiges Sich-Beschweren über den Lärm der Kinder sollte durch Babysitterdienste vor allem für alleinerziehende Mütter, die auch einmal ausgehen wollen, ersetzt werden.

22. Völlig  unverständlich ist uns die neu entfachte Diskussion um Abtreibung im Zusammenhang mit der deutschen Einigung. Man muß hier klar sehen: Der Grund für die Fristenlösung in der ehemaligen DDR (Die Fristenregelung wird erlaubt, weil man davon eine Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität erwartet: denn die Frauen werden auf diese Weise nicht dem Arbeitsprozeß entzogen und können weiter zum Aufbau des sozialistischen kommunistischen Staates beitragen) wird abgelehnt, der Tatbestand der Fristenlösung jedoch wird befürwortet.

23. Öffnet eure Augen und laßt euch nicht von der schönen Begrifflichkeit blenden: Straffreiheit bei Ab­treibung. Wenn Verkehrsregeln aufgestellt werden, wobei gesagt wird: das Übertreten ist rechtswidrig, jedoch straffrei, so würden sich die Verkehrsregeln von selber aufheben. Straffreiheit macht deutlich, daß die Mehrheit nicht mehr dahintersteht! Dies ist das Beschämende; diese Realität wird bei allen Diskussionen deutlich.

24. Wer Mifegyne als Bagatelle hinstellt, sagt gleichzeitig aus, daß es bisher keine Abtreibung „light“ gegeben hat. Die Probleme der Frau sind bei Einnahme von Mifegyne: Übelkeit, Erbrechen (50 % der Frauen) und Unterleibskrämpfe (80 % der Frauen); das Ganze zieht sich über drei Tage hin. Die Blutungen nach dem Ausstoßen des Embryos dauern durchschnittlich 9 Tage. Die Frau setzt die Abtreibung selber in Gang und kann sie nicht mehr rückgängig machen. Dr.Joel Brunerie, eine bekannte französische Abtreibungsärztin erklärte: „Ich glaube, daß diese Art von Abtreibung für die Frau psychisch noch schwieriger ist“. Die Frau wird unter Druck gesetzt und zur Abtreibung gedrängt. Die „sanfte Alternative“ beeinträchtigt die Freiheit der werdenden Mutter.

25. Wir Ungeborene haben keine Lobby, wir können niemand aufzählen, außer alle die Menschen, die geboren wurden und nicht abgetrieben, bzw. getötet wurden. Bisher war der Mutterschoß der sicherste Platz, jetzt macht der Mensch selbst hier keinen Halt.

26. Die Heilige Schrift spricht mit ehrfürchtigem Staunen vom Geheimnis des werdenden Lebens: »Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir, daß du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke. Es ist schön, wenn wir das Staunen, die Freude unserer Eltern miterleben dürfen, die auf Grund unserer Geburt, auf Grund unseres ersten Atemzuges aufbricht und sich in den freudigen Gesichtern bis hin zu unserer Oma widerspiegelt.