Memoirs – ich war dabei

Von Mktrout

Heute gehen mir so viele Gedanken durch den Kopf. Kennt Ihr das? Es gibt Tage, an denen der Kopf einfach ständig in eine andere Nachdenkschleife geht, um dann gleich in die nächste zu fallen. Im Radio kam vorhin ein interessanter Kommentar zum Thema Stinkefinger und Jan Böhmermann. „Das Bild verliert an Glaubwürdigkeit, weil es jederzeit gefälscht werden kann.“ Stimmt. Als Fotograf weiß ich das sehr genau. Aber dafür braucht es keine elektronische Bildbearbeitung (damit wird es nur leichter), sondern Fotomontagen oder ein gut gesetzter Schnitt leisten da schon über 100 Jahre ganze Arbeit. Es gibt ein kleines, aber äußerst interessantes Buch mit dem Titel „Fotografie als Waffe“ und darin wird auch die Fotomontage als „fotografische Waffe“ sehr anschaulich beschrieben. Eine Rezension kann man unter der URL www.archplus.net/download/artikel/2284/ lesen (erschienen bei ARCH+). Leider gibt es das besprochene Buch nur noch antiquarisch, aber es lohnt auf jeden Fall, es sich zu besorgen. Nach dem Studium des Buches, oder ganz einfach nach dem Böhmermann-Vorfall, wird man sich wahrscheinlich sagen: Glaube keinem Bild, es sei denn Du warst dabei. Der beste Beweis für die Authentizität eines Bildes ist immer, wenn man sagen kann: Memoirs – ich war dabei.

Fake oder nicht

Verliert oder gewinnt die Fotografie durch die (Erleichterung der) Bildmanipulation? Über diese Frage könnten wir jetzt eine dreitägige Konferenz abhalten und würden doch nicht zu einem gemeinsamen Schluss kommen. Jeder muss für sich alleine entscheiden, ob er einem Bild glaubt oder nicht und was eine Manipulation im Sinne der Wahrheitsverfälschung ist. Letztendlich geht es aber um die Glaubwürdigkeit … eines Menschen, eines Bildes, einer wiedergegebenen Szene. Böhmermann wollte eine Persiflage (oder etwas ähnliches) vom Stapel lassen und hat in der Realität nur die Leichgläubigkeit vieler Menschen vorgeführt. Geschafft hat er auch, daß sich Millionen Menschen in der nächsten Zeit fragen werden, ob ein Fake oder die Wahrheit als Bild um Aufmerksamkeit buhlt.

Szenenwechsel. Heute beherrscht die Bildwelt das auf Schönheit gebürstete. Fehlerlos und perfekt muß ein Bild sein, bevor es als solches bewundert wird. Liebe Freunde, auch das ist eine Fälschung! So perfekt und auf schön Getrimmtes gibt es in der Realität nicht! Und auch hier, glauben kann man nur, wenn der Fotograf sagen kann „Memoirs – ich war dabei“ und trotzdem bleiben Zweifel, weil auch das ein Fake sein kann.

Heute habe ich kein Bild für Euch

Eigentlich wollte ich heute ein Bild zeigen. Aber, wie gesagt, es schwirren mir gerade so viele Gedanken durch den Kopf, daß ich beim Schreiben über Fake oder Wahrheit des Bildes vom Hölzchen aufs Stöckchen gekommen bin. Dabei habe ich die Chance vermasselt, ein Bild zu zeigen. Wenn ich jetzt trotzdem, auf Biegen und Brechen, ein Bild zeigen würde, käme sofort die Frage, ob das Bild ein Fake ist oder nicht. Also kein Bild (es würde sowieso kein Bild zu diesen Worten passen) und ich lasse Euch mit den hier angerissenen Gedanken allein. Macht was draus! Ein Bild! Aber sagt offen und ehrlich: Memoirs – ich war dabei