Melle oder Kubiczek? Eine Buchhandlung und die Shortlist

Eine wunderschöne und sehr gut sortierte Buchhandlung auf der belebten Schönhauser Allee im Prenzlauer Berg ist anakoluth. Man lässt den tosenden Lärm von Tram, Metro und mehrspuriger Hauptstraße hinter sich und taucht ein in diese besondere Welt der Literatur. Kaum umhüllt mich die Atmosphäre aus Stille und Bücherduft, da entdecke ich auf den Tischen bereits diverse meiner Lieblingsautoren. Ein gutes Gefühl. Hinter dem Tresen steht lächelnd Kathrin Bach und berät eine Kundin. Kathrin ist begeisterte Leserin und Buchhändlerin bei anakoluth.

In dem Gespräch mit ihr erfahre ich, dass sie sich für den Deutschen Buchpreis einen Gewinner wünscht, den sie Kunden dann gut empfehlen kann. Es ist genau das, was ich auch von anderen Buchhändlern immer wieder höre – der Wunsch nach einem interessanten und gut lesbaren Buch. Einem Buch, dass man von Herzen weiter empfiehlt. Und sollte die Entscheidung der Jury auf keinen Favoriten fallen, dann suchen wir Buchhändler uns – jenseits aller Listen – einen eigenen Favoriten. Ein schönes Beispiel dafür ist der Roman Das achte Leben von Nino Haratischwili, der es 2014 zwar nicht auf die Longlist des Deutschen Buchpreises schaffte. Der aber bis heute in vielen Buchhandlungen empfohlen und gut verkauft wird.

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© Kathrin Bach

Kathrin, Du hast mir ja erzählt, dass die Titel der Longlist des Deutschen Buchpreises für die Buchhandlung keine sehr große Bedeutung hatten. Eine schöne Episode hat sich aber doch durch eine Kundin und das Longlistleseheft ergeben, ja?

Kathrin: Ja, genau. Wir bestellen immer nur wenige Longlistleseproben und verschenken sie dann auf Nachfrage. Und dieses Jahr kam es zu der schönen Reaktion, dass eine Kundin an einem Tag die Broschüre mit nach Hause genommen und alle Auszüge gelesen hat, um dann ein paar Tage später mit dem Heft ausgestattet, ihre Favoriten zu kaufen. Als sie sich in einem Fall nicht entscheiden konnte zwischen einem eher bekannten und unbekannten Autor, rieten wir natürlich zum Unbekannten.

Kürzlich wurde nun die Shortlist des Deutschen Buchpreises bekannt gegeben. Sind denn diese sechs Titel jetzt relevant? Spürt Ihr eine verstärkte Nachfrage?

Kathrin: Bisher noch nicht. Ich schätze, das wird mehr werden, je näher die Preisvergabe rückt. Noch kaufen unsere Kundinnen und Kunden eher das, was wir ihnen empfehlen. Unabhängig davon, ob es auf einer Liste steht. 

Einige Titel auf der Longlist waren ja aus dem Frühjahr, wie die Romane von Michael Kumpfmüller oder Peter Stamm. Ganz aktuell dafür jetzt Philipp Winklers Hool. Hast du ein Buch der Nominierten gelesen und vielleicht einen Favoriten? 

Kathrin: Ich habe – lange bevor all diese Listen erschienen – zwei der nominierten Bücher zu Ende gelesen und (mit ein paar Abzügen) gemocht. Das waren Die Verteidigung des Paradieses von Thomas von Steinaecker und Weit über das Land von Peter Stamm.

Noch gerne lesen mag ich die Bücher von Anna Weidenholzer und Michelle Steinbeck. Die Romane von Kaiser-Mühlecker und Akos Doma habe ich angelesen, aber dann gegen eine andere (nicht nominierte) Lektüre getauscht. Nun lese ich zwischendurch immer wieder in Die Welt im Rücken von Thomas Melle. Das wäre mal ein Deutscher Buchpreis! Aber ich denke, André Kubiczeks Skizze eines Sommers könnte ich mehr Kundinnen und Kunden empfehlen.

Liebe Kathrin, ich danke dir ganz herzlich für deine Zeit! Bis bald bei anakoluth.



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