Macon Blair spielt Dwight in Blue Ruin, Gabe in Green Room. Beide Filme kommen von Regisseur Jeremy Saulnier und sind durchaus sehenswert – vor allem Green Room sollte man als Horrorthriller eine Chance geben, nicht zuletzt aufgrund der Performances von Anton Yelchin und Patrick Stewart. Blair, der sich bei Saulnier einiges abgeschaut hat, gibt nun mit Fremd in der Welt (I don’t feel at home in this world anymore) sein eigenes Regie-Debüt.
Wo Saulnier ein rücksichtsloser Filmemacher ist, der seine Handlung ohne Mitleid und recht skrupellos gegenüber seinen Figuren vorantreibt, sind genau diese Spuren auch bei Blair zu finden. Allerdings weitaus weniger fokussiert zum Einsatz gebracht und weniger stark umgesetzt. Man merkt es dem Film an, dass sein Regisseur noch im Training ist und sich an das Kopieren, statt dem selbst inszenieren versucht.
Im Film spielt Melanie Lynskey (Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt, Vielleicht lieber Morgen) Ruth. Sie ist die Art von Mensch, die heimlich, still und leise die Artikel im Supermarktregal wieder in die richtige Ordnung bringt und ihre unterdrückte Verbitterung hinter übermäßiger Freundlichkeit versteckt.
Melanie Lynskey ist Ruth in FREMD IN DER WELT
Dann kommt sie aber nach einem besonders beschissenen Tag nach Hause, nur um dort zu entdecken, dass sie ausgeraubt worden ist. Kein Laptop mehr. Kein Familiensilber. Das Gefühl von Sicherheit in den heimischen vier Wänden komplett zerstört. Das unterdrückte Gefühl, dass jeder Mensch auf Erden ein Arschloch ist, explodiert. Ruth geht auf einen Rachefeldzug. Sie will die Gauner zur Strecke bringen, die bei ihr das Fass zum Überlaufen gebracht haben.
Zuerst aber zeigt sich Lynskey noch als gebrochene Frau. So traurig das sein soll, so wunderbar subtil-schwarz erscheint so mancher Moment in Fremd in der Welt. Ihre Trauer zeigt sich bei einem tränenreichen Zusammenbruch, ausgerechnet als sie gerade eine Gute Nacht-Geschichte vorliest – und krampfhaft versucht diese zu Ende zu bringen, während das arme Kind im Bett sich nur über das Verhalten der Vorleserin wunder kann.
Ruth wird auf ihrem Feldzug gegen ihre Peiniger von Tony begleitet, einem Nunchaku-schwingenden Spinner, der so schrullig wie Dwight Schrute aus The Office auftritt. Tony geht immer brav in die Kirche, ist ein Nachbar von Ruth und wäre eine Figur, wie geschaffen für die Filme von Jared Hess (Napoleon Dynamite, Don Verdean).
Tony wird von Elijah Wood gespielt, der solche quirky Rollen seit seinen Abenteuern in Mittelerde geradezu zu lieben scheint. Ob als gebeutelter Kompagnon Dirk Gentlys und dessen holistischer Detektei, als Mann, der sich in Wilfred mit seinem Nachbarshund (ein Kerl im Hundekostüm) anfreundet oder in Cooties, wo er als Aushilfslehrer einer Schulkind-Zombie-Apokalypse ausgesetzt wird.
Fremd in der Welt
" data-orig-size="1000,419" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Tony (Elijah Wood) ist tatsächlich irgendwie FREMD IN DER WELT
Das Duo gibt ein unterhaltsames Team ab. Lynskeys Ruth als Frau mit Posttraumatischen Stresssyndrom nach einem Einbruch und Wood als skurrile Erscheinung, die ganz besonders fremd in dieser Welt zu sein scheint.
Dann darf Ruth auch mal einen Opa schlagen, der ihr daraufhin den Finger bricht, nur um von Tony gänzlich ausgeknockt zu werden. Oder aber es wird ernste, theatralische Musik während einer Schießerei eingespielt, während jemand in der Ecke sitzt und diese Situation mit einem Dauerkotzen begleitet. Der Humor liegt in der Provokation.
Das sind allerdings nur Momente, die nicht durch eine mitreißende Handlung zusammengehalten werden. Am Ende sind es ab-und-zu Hingucker, die Fremd in der Welt zu bieten hat. Das liegt ganz sicher nicht an den beiden Hauptdarstellern, sondern an einem Drehbuch (ebenfalls von Macon Blair) und einer Regie, die sich einfallslos voran spielen ohne wirklich voran zu kommen.
Fremd in der Welt gibt es seit dem 24. Februar 2017 auf Netflix.