Meisner, Woelki und die Pille danach

Bischof Rainer Maria Woelki

Bischof Rainer Maria Woelki
Foto: Botulph, Wikipedia

Wie bekannt, hat sich der Kölner Kardinal Meisner – bekannt für seine unnach­gie­bige Haltung und Verwurzelung in der Gedankenwelt des 12. Jahrhunderts – jüngst mit Fachleuten bera­ten und dabei fest­ge­stellt, dass wir im 21. Jahrhundert leben.

Nunmehr tönte es von sei­ner Kanzel: “Die ‘Pille danach’ ist in Ordnung, wenn ver­ge­wal­tigt wurde.” Allerdings scheint Herr Meisner da mal wie­der eine Rechnung ohne Wirte gemacht zu haben. Denn sofort ste­hen andere Fundamentalisten auf den Barrikaden und zetern und mor­dio­nen. So auch der Sprecher des Berliner Erzbistums, Stefan Förner, der nicht schnell genug sein konnte, um klar­zu­stel­len: “Bei uns gab es die Pille danach bis­lang nicht in katho­li­schen Krankenhäusern und es wird sie nicht geben.”

Blöd nur, dass auch er nicht zuvor sei­nen Wirt fragte. Denn der Berliner Bischof Woelki – zwar Ziehkind des oben genann­ten Kardinals Meisner und an einer Opus-Dei-nahen Universität aus­ge­bil­det, aber trotz­dem Realist genug, um die Berliner Verhältnisse zu ken­nen – pfiff sei­nen Sprecher sofort zurück. Und siehe da, der rela­ti­vierte dann auch schnell seine Aussage: “Ein expli­zi­tes Verbot der “Pille danach” gab und gibt es in den katho­li­schen Krankenhäusern Berlins nicht.”

Zu beach­ten ist aber auch die­ser Halbsatz im rbb-Artikel: “Man habe bis­her nicht kon­trol­liert, was zwi­schen Medizinern und Patientinnen bespro­chen wurde.” Klingt das nur für mich wie eine Drohung? Soll nun eine “Gewissensprüfung” ein­ge­führt wer­den? Ein “Beratungsgespräch” mit Vergewaltigungsopfern, ob sie nicht viel­leicht doch “Gottes Willen” aner­ken­nen und die mög­li­cher­weise befruch­tete Eizelle zu einem Kind her­an­wach­sen las­sen wol­len?

Die große Verunsicherung

Eines ist sicher: dass die Kirchenfürsten ver­un­si­chert sind. Der Kölner Stadt-Anzeiger, der als ers­ter über die Abweisung des ver­mut­li­chen Vergewaltigungsopfers in zwei Kölner Krankenhäusern berich­tete, hat noch andere Stimmen ein­ge­fan­gen. Neben dem bereits erwähn­ten Sprecher der Berliner Katholiken auch den des Bistums Limburg: “Ich erwarte, dass eine katho­li­sche Einrichtung sich der Tötung mensch­li­chen Lebens ent­hält.”

Das ist zwar ver­schlei­ernd, aber letzt­lich kon­se­quent. Denn wie der Feuerwächter rich­tig fest­stellte:

Es ist keine Neuigkeit, daß die katho­li­sche Kirche sowohl Verhütungsmittel, als auch Abtreibung ablehnt. Für die Beurteilung [...] spielt es daher keine Rolle, ob nun die “Pille danach” eine Abtreibungspille ist oder nicht (sie ist es nicht!), da eben bei­des von der Kirche abge­lehnt wird. Aus katho­li­scher Sicht war (ist) die Vorgehensweise der Ärzte rich­tig und war durch­aus zu erwar­ten.

Es ist das alles Spiegelfechterei. Die kath. Kirche wird ihre Abtreibungsverweigerung nicht über­den­ken und ganz sicher­lich auch nicht von jetzt an einer Verhütung die Lanze bre­chen.
Dieses ganze Gezerre und Gerenne dient ein­zig und allein dazu, die Öffent­lich­keit ein wenig ruhig zu stel­len. Jetzt, da die Emotionen hoch­ko­chen und die Medien berich­ten.

Denn obwohl Woelki sei­nen Sprecher öffent­lich zurück­pfiff; an sei­ner Haltung hat sich mit Sicherheit nichts ver­än­dert. Denn er rela­ti­viert seine Relativierung bereits. In der WELT wird er zitiert mit:

Das Erzbistum Berlin wird sich inten­siv an die­ser Debatte betei­li­gen. Unsere Krankenhäuser und Ärzte brau­chen Orientierung, wie sie in Zukunft Frauen in die­ser Situation unter­stüt­zen kön­nen – auch was den Einsatz von bestimm­ten Formen der Pille danach angeht.

Soweit das Einlenken. Doch:

…Frauen, die einem Sexualdelikt zum Opfer gefal­len sind, [bekom­men] in katho­li­schen Krankenhäusern “jede not­wen­dige medi­zi­ni­sche und pfle­ge­ri­sche Hilfe und eine umfas­sende Aufklärung”

wobei zu erwar­ten ist, dass “Aufklärung” eben das bedeu­tet, was die sog. “Lebensschützer” unter die­sem Wort ver­ste­hen. Bischof Woelki gehört zu deren Unterstützern; zumin­dest jedoch zu den Befürwortern. Oder wie ist sein Grußwort zum sog. “Marsch für das Leben” anders zu ver­ste­hen?

Schlussendlich: nein! Weder das Kreidefressen eines Kardinal Meisners noch das Herumgeeiere eines Bischofs Woelki dür­fen dar­über hin­weg­täu­schen, dass deren Arbeitgeber und geis­tige Herkunft – die kath. Kirche – eine regide, frauen- und lust­feind­li­che Sexualmoral ver­tre­ten. Die weder zeit­ge­mäß noch men­schen­freund­lich ist. Und daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

Wobei: Von Außen zuzu­se­hen, wie sich die Kirche nach und nach selbst demon­tiert, hat aber auch was Erfrischendes.

Nic

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